Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
es dunkel wird, oder schaffen wir das Zeug aus dem Schiff?«
»Ich bin dafür, dass wir uns umsehen«, sagte Aenea. Sie sah in den dunklen Dschungel. »Aber nicht da drinnen.«
»Hm-hmm«, stimmte ich zu, zog die Hawking-Matte aus dem Rucksack und rollte sie im Sand aus. »Mal sehen, ob sie auf dieser Welt funktioniert.« Ich machte eine Pause und hielt das Komlog näher zu mir.
»Was ist das überhaupt für eine Welt? Schiff?«
Es folgte ein Augenblick des Zögerns, als wäre das Schiff voll und ganz mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. »Es tut mir Leid, aber ich kann sie in dem Zustand, in dem sich meine Gedächtnisspeicher befinden, nicht identifizieren. Mein Navigationssystem könnte es uns natürlich sagen, aber dazu müsste ich eine Sternenpeilung durchführen können. Ich kann Ihnen versichern, dass in diesem Teil des Planeten momentan keine unnatürlichen elektromagnetischen oder Mikrowellenübertragungen stattfinden. Und es befinden sich auch keine Relaissatelliten oder andere künstliche Trabanten über uns im Synchronorbit.«
»Nun gut«, sagte ich, »aber wo sind wir?« Ich sah das Mädchen an.
»Woher soll ich das wissen?«, sagte Aenea.
»Du hat uns hierher gebracht«, sagte ich. Mir wurde klar, dass ich übellaunig zu ihr war, aber im Augenblick fühlte ich mich übellaunig.
Aenea schüttelte den Kopf. »Ich habe nur den Farcaster aktiviert, Raul.
Mein großer Plan war, Pater Captain Soundso und seinen vielen Schiffen zu entkommen. Das war alles.«
»Und deinen Architekten finden«, sagte ich.
»Ja«, sagte Aenea.
Ich ließ den Blick über Dschungel und Fluss schweifen. »Sieht nicht aus, als könnte man hier einen Architekten finden. Ich schätze, du hast Recht...
wir werden einfach flussabwärts zur nächsten Welt gehen müssen.« Mein Blick fiel auf den rankenüberwuchterten Bogen des Farcasterportals, durch das wir gekommen waren. Ich sah jetzt, warum wir am Ufer gestrandet waren: Der Fluss machte etwa einen halben Kilometer von dem Portal entfernt eine Biegung nach rechts. Das Schiff war durchgekommen und einfach weiter geradeaus gerutscht, durch die Untiefen und auf das Ufer.
»Warte«, sagte ich, »könnten wir das Portal nicht einfach umprogrammieren und damit anderswo hingelangen? Warum müssen wir ein anderes finden?«
A. Bettik wich vom Schiff zurück, damit er den Farcasterbogen besser sehen konnte. »Die Portale des Tethys funktionierten nicht wie die Millionen persönlicher Farcaster«, sagte er leise. »Und sie waren auch nicht konstruiert wie die Portale des Großen Rundgangs oder die Farcaster im All.« Er griff in die Tasche und holte ein kleines Buch heraus. Ich sah den Titel – Ein Reiseführer durch das Weltennetz. »Es sieht so aus, als wäre der Tethys primär zum Wandern und Entspannen gedacht gewesen«, sagte er.
»Die Entfernungen zwischen den Portalen variierten von wenigen Kilometern bis zu vielen hundert Kilometern...«
»Viele hundert Kilometer!«, sagte ich. Ich hatte damit gerechnet, das nächste Portal gleich hinter der nächsten Flussbiegung zu finden.
»Ja«, bestätigte A. Bettik. »Soweit ich weiß, stand dahinter die Absicht, dem Reisenden ein breites Spektrum von Welten, Sehenswürdigkeiten und Erfahrungen zu bieten. Zu diesem Zweck pflegten sich nur die flussabwärts gelegenen Portale zu aktivieren, und die programmierten sich willkürlich...
das heißt, die Abschnitte des Flusses auf verschiedenen Welten wurden ständig gemischt wie Karten in einem Spiel.«
Ich schüttelte den Kopf. »In den Cantos des alten Dichters heißt es, die Flüsse wurden nach dem Fall wieder abgeschnitten... sie seien ausgetrocknet wie Wasserlöcher in der Wüste.«
Aenea machte ein Geräusch. »Onkel Martin lügt manchmal das Blaue vom Himmel herunter, Raul. Er hat nie gesehen, was nach dem Fall aus dem Tethys geworden ist... Er befand sich auf Hyperion, weißt du nicht mehr? Im Netz selbst ist er nie wieder gewesen. Er hat sich manches ausgedacht.«
So redete man nicht über das größte literarische Werk der letzten dreihundert Jahre – oder den legendären alten Dichter, der es geschrieben hatte –, aber ich fing trotzdem an zu lachen und konnte kaum noch aufhören. Als ich es endlich schaffte, sah Aenea mich merkwürdig an.
»Alles in Ordnung, Raul?«
»Jawohl«, sagte ich. »Bin nur glücklich.« Ich drehte mich um und machte eine Geste, die den Dschungel, den Fluss und das Farcasterportal einschloss – sogar unseren gestrandeten Wal von einem
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