Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
ich Papst Urban XVI.
und lese die Auferstehungsmesse für John Domenico Kardinal Mustafa in der Basilika des Petersdoms, wo sich mehr als fünfhundert der bedeutendsten Würdenträger des Vatikans versammelt haben.
Ich stehe am Altar, habe die Arme ausgebreitet und lese aus dem Gebet der Gläubigen –
»Lasst uns zuversichtlich Gott unseren Allmächtigen Vater anrufen Der seinen Sohn Christus von den Toten auferstehen ließ Um uns alle zu erlösen.«
Kardinal Lourdusamy, der während dieser Messe als mein Dekan fungiert, stimmt an –
»Dass er in die ewige Gegenwart der Gläubigen zurückkehren möge,
dieser verstorbene Kardinal John Domenico Mustafa,
der die Saat des ewigen Lebens durch die Taufe erhielt,
dafür beten wir zum Herrn.
Dass er, der sein hohes Amt in der Kirche bekleidet hat
und zu Lebzeiten im Heiligen Offizium,
in seinem neuen Leben wieder Gott dienen möge,
dafür beten wir zum Herrn.
Dass Er den Seelen unserer Brüder, Schwestern, Verwandten
und Wohltäter
den Lohn für ihre Arbeit zuteil werden lassen möge,
dafür beten wir zum Herrn.
Dass Er im Lichte seines Antlitzes willkommen heißen möge
Alle, die in der Hoffnung auf Auferstehung schlafen,
damit sie Ihm noch bessere Diener sein können,
dafür beten wir zum Herrn.
Dass Er unseren Brüdern und Schwestern beistehen
und sie huldvoll trösten möge, die unter dem
Ansturm der Gottlosen und dem
Spott der Abtrünnigen leiden,
dafür beten wir zum Herrn.
Dass Er eines Tages alle in sein Königreich rufen möge,
die hier in Glauben und Demut versammelt sind,
und uns eben diesen Segen zeitlicher Auferstehung
im Namen Jesu Christi gewähren,
dafür beten wir zum Herrn.
Als der Chor den Wechselgesang des Offertoriums singt und die Versammelten im hallenden Schweigen in Erwartung der Eucharistie niederknien, wende ich mich vom Altar ab und sage:
»Empfange, Herr, diese Gaben, die wir Dir im Namen Deines Dieners Kardinal John Domenico Mustafa überreichen; Du hast in dieser Welt den Lohn der hohen Priesterschaft geschaffen; möge er kurz mit Deinen Heiligen in Deinem Himmlischen Königreich vereint sein und dann durch Dein Sakrament der Auferstehung zu uns zurückkehren. Durch Jesus Christus, unseren Herrn.«
Die Versammelten antworten wie aus einem Mund: »Amen.« Ich gehe zu Kardinal Mustafas Sarg und Auferstehungskrippe beim Kommunionsaltar, spritze Weihwasser auf ihn und sage dazu:
»Allmächtiger Vater und ewiger Gott,
wir sind gut beraten, Dir stets und überall zu danken,
durch Jesus Christus, unseren Herrn.
In Ihm, der von den Toten auferstanden ist,
dämmerte unsere Hoffnung auf Auferstehung.
Die Traurigkeit des Todes weicht
dem strahlenden Versprechen der Unsterblichkeit.
Herr, für Deine Gläubigen ist das Leben geändert und erneuert,
nicht beendigt.
Wenn der Körper unsres Erdendaseins im Tode liegt,
vertrauen wir auf Deine Gnade und Dein Wunder, ihn zu
erneuern.
Und so singen wir mit all den Chören der Engel im Himmel
und verkünden Deinen Ruhm
und stimmen in ihren ewigen Lobgesang ein.«
Die große Orgel in der Basilika ertönt mit Donnerhall, während der Chor sofort mit dem Sanctus beginnt:
»Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten,
erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe.
Gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe. «
Nach der Kommunion, als die Messe zu Ende ist und die Versammlung sich auflöst, gehe ich langsam zur Sakristei. Ich bin traurig, und mein Herz tut mir weh – im wahrsten Sinn des Wortes. Die Herzkrankheit ist weiter fortgeschritten, verstopft meine Arterien und macht jeden Schritt und jedes Wort schmerzhaft. Ich denke: Ich darf es Lourdusamy nicht sagen.
Jener Kardinal erscheint, als mir die Priesteranwärter und Messdiener gerade aus dem Gewand helfen.
»Eine Gideon-Kurierdrohne ist eingetroffen, Euer Heiligkeit.«
»Von welcher Front?«, frage ich.
»Nicht von der Flotte, Heiliger Vater«, sagt der Kardinal und betrachtet stirnrunzelnd den Ausdruck, den er in seinen feisten Händen hält.
»Von wo dann?«, sage ich und strecke ungeduldig die Hand aus. Die Nachricht ist auf dünnem Pergament geschrieben.
Ich komme nach Pacem, in den Vatikan.
Aenea.
Ich sehe den Kardinal-Staatssekretär an. »Können Sie die Flotte aufhalten, Simon Augustino?«
Seine Kinnbacken scheinen zu beben. »Nein, Euer Heiligkeit. Sie haben den Sprung vor mehr als vierundzwanzig
Weitere Kostenlose Bücher