Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Kee hatte mir erklärt, dass der Frühstückskaffee von den weitgehend unbeschadeten landwirtschaftlichen Zentren im Westen hertransportiert wurde. Der Vatikan und die Ruinen der Verwaltungsgebäude hier sind mehr ein lokales Desaster: als würden Anwohner nach einem regionalen Erdbeben oder Wirbelsturm beschließen, alles wieder aufzubauen.
Kee kommt mit mehreren warmen Frühstücksbrötchen zu uns, worauf wir vier schweigend essen, ab und zu Krümel abstreifen und unseren Kaffee trinken, während die Sonne hinter uns höher steigt und uns die zahlreichen Rauchsäulen von Lagerfeuern und Küchenherden zeigt.
»Ich versuche, diese neue Sichtweise zu begreifen«, sage ich schließlich.
»Verglichen mit den Zeiten des Pax-Imperiums sind Sie hier auf Pacem isoliert, wissen aber trotzdem, was sich anderswo abspielt... auf anderen Welten.«
Pater de Soya nickt. »So, wie Sie die Leere berühren und die Sprache der Lebenden verstehen können, so können wir alle erreichen, die wir lieben und an denen uns gelegen ist. Heute Morgen zum Beispiel habe ich die Gedanken von Sergeant Gregorius auf Mare Infinitus berührt.«
Ich hatte Gregorius’ deutliche Gedanken ebenfalls gehört, als ich vor dem Freicasten der Sphärenmusik gelauscht hatte, sage aber dennoch: »Geht es ihm gut?«
»Es geht ihm gut«, sagt de Soya. »Die Wilderer und Schmuggler und Tiefseerebellen auf dieser Welt haben die loyalen Anhänger des Pax rasch isoliert, aber die Kämpfe mit den verschiedenen Außenposten des Pax haben zahlreichen zivilen Plattformen großen Schaden zugefügt. Gregorius wurde eine Art lokaler Gouverneur oder Bürgermeister der Region der Mittelströmung. Ganz im Gegensatz zu seinen Wünschen, wie ich hinzufügen möchte. Der Sergeant hat sich nie für Kommandogewalt interessiert... sonst hätte er schon vor vielen Jahren Offizier werden können.«
»Da wir gerade von Kommandogewalt sprechen«, sage ich, »wer hat eigentlich den Oberbefehl über... das alles?« Ich zeige auf die Ruinen, die ferne Straße mit den Fahrzeugen, den EMV-Transporter im Anflug über dem Ostufer.
»Das gesamte Pacem-System befindet sich vorübergehend unter der Führung eines ehemaligen Präsidenten des Pax Merkantilus namens Kenzo Isozaki«, sagt Pater de Soya. »Sein Hauptquartier liegt in den Ruinen des alten Torus Merkantilus, aber er besucht den Planeten regelmäßig.«
Ich zeige mich überrascht. »Isozaki?«, sage ich. »Als ich ihn im Zuge meiner Niederschrift das letzte Mal gesehen habe, war er beim Angriff auf die Biosphäre des Sternenbaums dabei.«
»Das stimmt«, sagt de Soya. »Aber der Angriff war noch nicht beendet, als der Gemeinsame Augenblick erfolgte. Es herrschte große Verwirrung.
Elemente der Pax-Flotte schlugen sich auf die Seite von Lourdusamy und seinen Leuten, während andere Elemente – teilweise unter Führung von Kenzo Isozaki, der den Titel Kommandant des Ordens der Ritter von Jerusalem trug – versuchten, dem Gemetzel ein Ende zu bereiten. Die Loyalen behielten den größten Teil der Erzengel-Sternenschiffe, da sie ohne Auferstehung nicht benutzt werden können. Isozaki brachte mehr als hundert alte Raumschiffe mit Hawking-Antrieb ins Pacem-System zurück und schlug die letzten Angreifer des Core in die Flucht.«
»Ist er ein Diktator?«, frage ich, obwohl es mich nicht nennenswert interessiert. Das ist nicht mein Problem.
»Keineswegs«, sagt Kee. »Isozaki hat den Oberbefehl vorübergehend und regiert mit Hilfe von gewählten Regierungsräten aus jedem Kanton von Pacem. Er versteht es ausgezeichnet, Transport- und Nachschubprobleme zu lösen... was wir brauchen. Derweil funktionieren die lokalen Verwaltungen bestens. Zum ersten Mal gibt es eine richtige Demokratie in diesem System. Sie ist schlampig, funktioniert aber. Ich glaube, Isozaki bemüht sich, eine Art Handelssystem eines Kapitalismus-mit-Gewissen für die Zeit aufzubauen, wenn wir uns wieder frei durch den Raum des alten Pax bewegen können.«
»Durch Freicasten?«, sage ich.
Alle drei Männer nicken.
Ich schüttle wieder den Kopf. Es ist schwer, sich die nahe Zukunft vorzustellen: Milliarden... Hunderte Milliarden... Menschen, die sich ohne Raumschiffe oder Farcaster von Welt zu Welt bewegen können. Hunderte Milliarden, die miteinander Kontakt herstellen können, indem sie mit ihrem Herzen und Verstand die Leere berühren. Es wird sein wie zu Zeiten des Weltennetzes der Hegemonie, ohne die vom Core aufgebaute Fassade von Farcasterportalen und
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