Engel der Finsternis (German Edition)
erzürnen. Aber Konrad hatte nichts davon wissen wollen. Nun stand Katharina vor ihm.
Sie wirkte nicht wie ein Geist. Ihr Körper war nicht der ätherische Leib eines Geistwesens, sondern der eines lebenden Menschen. Das, was da vor ihm stand, konnte unmöglich die Seele seiner toten Frau sein.
„Wie ist das möglich?“, stammelte er mit schwerer Zunge und wich weiter zurück. „Du bist tot! Ich habe dich in der Kapelle liegen gesehen. Hieronymus ist bei dir. Du kannst nicht hier sein.“ Konrad stieß gegen die Kante des Bettes, verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Auf dem Rücken liegend schob er sich Stück für Stück mit Armen und Beinen nach hinten zur Wand, verfolgt von Katharina, die voller Hass auf ihn hinabsah.
„Was hast du mit dem Kaplan gemacht?“ Ihm trat der Schweiß auf der Stirn. Katharinas Schweigen machte ihn immer nervöser. Er glaubte tatsächlich, dass sie von den Toten auferstandenen war. „Ich konnte doch nicht ahnen, dass du sterben würdest. Sonst hätte ich doch nicht … Aber nun lebst du ja wieder. Gott sei Dank!“
Er machte Anstalten, sich vom Boden zu erheben. Aber Katharina trat ihm mit dem Fuß heftig gegen die Brust.
„Bleib liegen, du elender Wurm!“, fauchte sie ihn wütend an, presste den Fuß gegen seinen Hals und beugte sich zu ihm herunter. „Du bist nichts als ein widerwärtiger, lüsterner Bock! Ich bin nicht von den Toten auferstanden, du besoffenes Schwein! Bis in alle Ewigkeit bin ich verdammt. Und du bist schuld daran. Das wirst du mir büßen! Ich werde dich verfolgen bis an dein Lebensende und darüber hinaus. Immer werde ich in deiner Nähe sein und du wirst nie wissen, wann und wo ich bin. Ich werde dich in deinen Träumen heimsuchen und dir den Schlaf rauben, so lange, bis du dich wie ein kleines Kind davor fürchtest einzuschlafen. Ich werde dir am helllichten Tag auflauern. Du wirst nirgendwo sicher sein. Nichts und niemand wird dich beschützen können. Auch nicht dieser lächerliche Pfaffe, der da drüben in der Kapelle hockt und glaubt, meine Seele bewachen zu müssen.“
Katharinas Fuß nahm dem Grafen die Luft. Sein Kopf verfärbte sich rot und die Adern an seiner Stirn und seinen Schläfen traten deutlich hervor. Seine tränenden Augen wirkten, als würden sie ihm jeden Moment aus den Augenhöhlen fallen. Er hielt ihren Knöchel mit beiden Händen, wagte aber nicht, sie von sich zu stoßen. Konrad röchelte, hustete und begann, mit den Füssen zu scharren. „Katharina!“
Sie blickte an ihm herab und verzog beim Anblick des immer größer werdenden Fleckes auf seinen Beinkleidern angeekelt das Gesicht. Uringeruch verbreitete sich im Raum.
„Sieh ihn dir an, diesen erbärmlichen Wichtigtuer!“, fauchte sie und drehte den Kopf in Franzis Richtung. „Hier liegt er, dein Herr, und pisst sich in die Hosen aus Angst vor einer Frau!“
Franzi dachte einen Augenblick, sie habe vor, den Grafen zu töten. Aber dann nahm Katharina plötzlich den Fuß von Konrads Hals und trat zurück.
„Du wirst nie wieder ruhig schlafen können. Nie wieder wirst du bei einer Frau liegen können, ohne an mich zu denken. Du wirst nie wieder ohne Furcht leben.“ Sie versetzte ihm einen heftigen Tritt in die Rippen und wandte sich von dem wimmernden Grafen ab. Während Konrad sich wie ein Wurm auf dem Boden krümmte, schritt Katharina auf Franziska zu.
„Du dreckige Hure!“
„Bitte!“, flehte Franzi und sank auf die Knie. „Herrin, bitte, ich habe das nicht gewollt. Glaubt mir!“ Sie bekreuzigte sich eilig, war sie doch in dem Glauben, die Gräfin würde sie im nächsten Augenblick töten. „Oh mein Gott, steh mir bei in der Stunde der …“
„Halt dein ungewaschenes Maul!“, kreischte die Gräfin aufgebracht. „Du wirst nie wieder zu ihm kommen. Ich werde dir …“ Weiter kam sie nicht. Als Katharina eine Bewegung hinter den Teppichen wahrnahm, war es bereits zu spät.
Meresin hatte bereits seine Hand um ihren Hals gelegt und sah ihr fest in die Augen. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Er wirkte weder angestrengt noch hasserfüllt. Nur ein leichtes Zittern in seinem ausgestreckten Arm verriet die Kraft, mit der er Katharina würgte.
Die Gräfin schnappte nicht nach Luft wie ihr am Boden liegender Mann. Sie war tot und spürte nicht den Druck seiner Hand, so wie es ein Lebender gefühlt hätte. Aber sie empfand die unerträgliche Hitze, die von seiner Haut ausging. Der Raum füllte sich mit dem Gestank verbrannten
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