Engel der Finsternis (German Edition)
fühlte, wie eine ihrer Hände über seinen Bauch nach unten glitt. Stöhnend stemmte er ihren Oberkörper in die Höhe, bis sie aufrecht auf ihm saß. Sie war schön, so wunderschön. Aber dann lachte sie und hörte gar nicht mehr auf. Dieses Lachen kannte er nicht von seiner Frau. Es wurde immer schriller und lauter, bis es sich in ein misstönendes Krächzen verwandelte.
Grimbert versuchte die Gestalt von sich abzuwerfen, bäumte sich auf wie ein bockiges Pferd, aber die Gräfin presste ihre Schenkel fest gegen seine Hüften und hielt sich auf ihm.
„Da bin ich wieder! Hast du nicht gesagt, du willst kämpfen?“
Grimbert spuckte ihr ins Gesicht. Eine kräftige Ohrfeige warf seinen Kopf zur Seite. Dann legte sie ihm beide Hände an die Kehle und drückte zu. „Hör auf, dich zu wehren! Ich bin hier, um mit dir über deine Tochter Franziska zu reden.“
Grimberts Arme sanken kraftlos herab. „Franzi!“, flüsterte er heiser. „Was hast du ihr angetan?“
„Nichts! Sie ist eine von uns. Und schau mich nicht so entsetzt an. Du hast es doch schon immer gewusst. Du bist so dumm! Es war so einfach für sie, euch alle zu täuschen mit ihrer unschuldigen Naivität. Alle seid ihr auf sie hereingefallen. Du ganz besonders. Und jetzt will sie euren Tod.“
„Wieso erzählst du mir das alles? Wenn sie eine von euch ist, warum ist sie dann nicht hier?“
„Weil sie noch am Leben ist!“, fauchte Katharina. „Der Dämon hat sie nicht getötet. Er hat sie geholt, weil sie es so wollte. Erst wenn sie tot ist, wird sie mit uns ziehen. Bis dahin ist sie ein Mensch wie du. Wenn du sie jedoch erlösen willst, musst du sie finden und dem Grafen übergeben. Er muss ihren Körper verbrennen. Dann kann ihre Seele erlöst werden und ins Paradies eingehen.“
„Wieso erzählst du mir das alles?“
„Weil ich will, dass du dem Grafen sagst, er soll auch meinen Körper verbrennen. Damit auch ich erlöst werde. Meine Seele verlangt nach Frieden. Ich will nicht bis in alle Ewigkeit mit dem Wilden Heer mitziehen müssen. Geh! Zögere nicht! Wenn du Franzis Seele retten willst, dann suche sie und übergebe ihren Körper den Flammen. Aber ich warne dich, Grimbert! Sie wird dich zu täuschen und zu betrügen versuchen. Wenn du sie gefunden hast, höre nicht auf ihre Worte und lasse dich nicht von ihrer Unschuld täuschen.“
„Du lügst!“
„Wenn du mir nicht glaubst, ist die Seele deiner Tochter auf ewig verloren.“ Die letzten Worte hallten nur noch wie aus weiter Ferne an Grimberts Ohren. Katharinas Körper hatte sich bereits in wogende Nebelschwaden verwandelt, die sich ganz langsam zum Giebel des Kirchendaches erhoben und dort in der Finsternis verschwanden.
Verwirrt blinzelte Grimbert und spähte angestrengt in die Dunkelheit. Hatte er geträumt oder war ihm gerade wirklich die tote Gräfin in Gestalt seiner ersten Frau erschienen und hatte ihm erzählt, Franzis Seele sei in Gefahr? Er war nur ein einfacher Bauer und hatte keine Ahnung davon, was das alles bedeuten konnte. Aber er spürte tief in seinem Inneren, dass es bedeutungsvoll und wichtig war, was ihm die tote Gräfin eben gesagt hatte. Also erhob er sich von seinem einfachen Lager und ging hinüber zu Jakobus und Mechthild und weckte den Pfarrer.
Jakobus war mit einem Satz auf den Beinen, als er Grimberts Gesicht erkannte. „Sind sie hier?“
Grimbert zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht.“
„Was soll das heißen? Du weißt es nicht?“
„Ich weiß nicht, ob ich geträumt habe oder ob sie wirklich bei mir war.“
„Wer?“
„Die Gräfin.“
Grimbert erzählte dem Pfarrer alles bis ins kleinste Detail, was ihm soeben widerfahren war. Jakobus hörte aufmerksam zu und schwieg, bis Grimbert nichts mehr zu sagen hatte. „Was hat das zu bedeuten?“
„Ich fürchte nichts Gutes“, antwortete der Pfarrer besorgt. „Aber ich möchte mir nicht anmaßen, ein Urteil zu fällen. Ich habe mich noch nie so ausführlich mit dem Wilden Heer beschäftigt wie der Kaplan. Hieronymus dagegen wird dir sicher sagen können, was geschehen ist. Wir werden bei Sonnenaufgang zu ihm gehen und ihn um Rat bitten.“
„Was denkst du?“
„Nun, ich glaube, die Gräfin hat dir die Wahrheit gesagt. Es tut mir leid, Grimbert. Aber ich befürchte, Franzi ist zu einer Gefahr für uns alle geworden. Man wird sie töten müssen, so schnell wie möglich.“
Grimbert sah Jakobus einen Moment lang schweigend an, dann stieß er den Pfarrer beiseite und stürmte durch
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