Engel Der Nacht
Rätselhafte und Unheimliche überwog. Von jetzt an würde ich Patch aus meinem Leben verbannen - und diesmal war es mir ernst damit. Es würde wie eine Entgiftungs-Diät sein. Das Problem war nur, dass die einzige Diät, die ich jemals gemacht hatte, den gegenteiligen Effekt gehabt hatte. Ich hatte mal versucht, einen ganzen Monat lang ohne Schokolade auszukommen. Nicht ein Stück. Am Ende der zweiten Woche war ich zusammengebrochen und hatte mehr Schokolade verschlungen als sonst in drei Monaten.
Ich hoffte, dass meine Anti-Schoko-Diät kein düsterer Hinweis darauf war, was geschehen würde, wenn ich versuchte, Patch aus dem Weg zu gehen.
»Was machst du denn da?«, fragte ich, denn Vee hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
»Wonach sieht es denn aus? Ich nehme die Preisschilder von den reduzierten BHs und klebe sie auf die nicht herabgesetzten. Auf diese Weise kriege ich sexy BHs für den Preis von trashigen.«
»Das funktioniert nicht. Sie überprüft den Barcode, wenn du bezahlst. Sie weiß, was du vorhast.«
»Barcode? Die scannen doch keine Barcodes.« Doch sie klang nicht sehr überzeugt.
»Aber sicher tun sie das. Ich schwöre es. Ehrenwort!« Es war mit Sicherheit besser zu lügen, als mit anzusehen, wie Vee im Gefängnis landete.
»Na ja, es kam mir vor wie eine gute Idee …«
»Den hier musst du kaufen«, sagte ich zu Vee, in der Hoffnung, sie abzulenken, und warf ihr ein Stück Seide zu. Sie hielt den Slip hoch. Winzige rote Krebse waren auf den Stoff gestickt.
»Das ist das Ekligste, was ich je gesehen habe. Aber mir gefällt der schwarze BH, den du in der Hand hältst. Den solltest du kaufen. Geh bezahlen, und ich suche weiter.«
Ich bezahlte. Dann, mit dem Gedanken, dass ich Patch leichter vergessen würde, wenn ich etwas Harmloseres ansähe, ging ich hinüber zu der Wand mit Parfüms. Ich roch gerade an einer Flasche Parfüm mit Namen Traum-Engel, als ich eine bekannte Präsenz in meiner Nähe spürte. Es war, als hätte jemand eine Kugel Eiscreme hinten in meine Bluse gesteckt. Derselbe Schauder, den ich spürte, wenn Patch in der Nähe war.
Vee und ich waren immer noch die einzigen Kundinnen im Laden, aber auf der anderen Seite des Schaufensters sah ich eine vermummte Gestalt, die sich in den Schatten einer Markise gegenüber zurückzog. Aufgeschreckt stand ich minutenlang da, bevor ich mich zusammenriss und Vee suchen ging.
»Zeit zu gehen«, sagte ich zu ihr.
Sie war gerade dabei, eine Reihe Nachthemden durchzugehen. »Wow. Guck dir das an - Flanellpyjamas, zum halben Preis. Ich brauche einen.«
Ohne das Fenster aus den Augen zu lassen, sagte ich: »Ich glaube, ich werde verfolgt.«
Vee hob mit einem Ruck den Kopf. »Patch?«
»Nein. Guck über die Straße.«
Vee blinzelte. »Ich sehe niemanden.«
Ich sah auch niemanden mehr. Ein Auto war vorbeigefahren und hatte mein Blickfeld unterbrochen. »Ich glaube, sie sind in das Geschäft gegangen.«
»Woher weißt du, dass sie dir folgen?«
»Eine böse Ahnung.«
»Sahen sie aus wie irgendjemand, den wir kennen? Wie zum Beispiel … eine Kreuzung aus Pippi Langstrumpf und der bösen Hexe des Westens würde klarerweise Marcie Millar ergeben.«
»Es war nicht Marcie«, sagte ich, den Blick noch immer auf die andere Straßenseite gerichtet. »Als ich gestern Nacht die Spielhalle verlassen habe, um Zuckerwatte zu kaufen, habe ich gemerkt, dass mich jemand beobachtete. Ich glaube, dass dieselbe Person jetzt hier ist.«
»Tatsächlich? Warum sagst du mir das erst jetzt? Wer ist es?«
Ich wusste es nicht. Und das ängstigte mich am meisten.
Versuchsweise fragte ich die Verkäuferin: »Gibt es eine Hintertür zum Laden?«
Sie sah vom Ausräumen einer Schublade auf. »Nur für Angestellte.«
»Ist diese Person männlich oder weiblich?«, wollte Vee wissen.
»Ich weiß nicht.«
»Okay, warum meinst du, dass sie dir folgt? Was will sie?«
»Mir Angst machen.« Das klang vernünftig genug.
»Warum sollte sie das tun wollen?«
Wieder hatte ich keine Ahnung.
»Wir müssen sie ablenken«, sagte ich zu Vee.
»Genau mein Gedanke«, erwiderte sie. »Und wie wir wissen, kann ich das besonders gut. Gib mir deine Jeansjacke.«
Ich starrte sie an. »Auf gar keinen Fall. Wir wissen nichts über diese Person. Ich lasse dich nicht da rausgehen, angezogen wie ich. Was, wenn sie bewaffnet ist?«
»Manchmal ist deine Fantasie geradezu beängstigend«, sagte Vee.
Ich musste zugeben, der Gedanke, dass der- oder diejenige bewaffnet
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