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Engel des Vergessens - Roman

Engel des Vergessens - Roman

Titel: Engel des Vergessens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallstein Verlag
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eine Eingebung, poltert er. Die Angst, dass man der Gestapo in die Hände fallen könnte, sei doch nichts Übersinnliches gewesen. Nachdem er Kori zu den Partisanen gebracht habe, habe es nicht lange gedauert und die Polizei sei auf dem Breck-Hof gestanden. Irgendjemand dürfte davon Wind bekommen haben und schon habe es für ihn geheißen, ab nach Mauthausen!
    Vater fragt, ob die Jäger noch wissen, wer damals der beste Schütze in Lepena gewesen sei, na, sagt er, na, fällt euch nichts ein, die alte Mozgan-Bäuerin ist es gewesen, sagt er nach einer kurzen Pause, als ob er die Königinkarte ausgespielt hätte. Sie habe eine legendäre Wildererhand gehabt und manch starkes Reh erlegt. Was sagt ihr dazu, will Vater wissen, was sagt ihr jetzt, ihr mit euren kümmerlichen Hasen, die ihr erlegt habt, ihr könnt nur davon träumen, so gut zu zielen wie die Mozgan-Bäuerin. Sie habe auf dem Ansitz gestrickt, und wenn ein Tier begonnen habe zu äsen, habe sie ohne mit der Wimper zu zucken, die Büchse gehoben und Peng und aus! Aber Ravensbrück hat sie nicht überlebt, wirft Sveršina den Joker in die Runde, da sei sie zugrunde gegangen, ja, da sei sie zugrunde gegangen.
    Es dunkelt, als die Jäger aufbrechen, und ich bemerke, dass Vater zu viel getrunken hat. Er steht auf wackeligen Beinen und klagt, wie weit der Weg nach Hause sei, den er noch vor sich habe. Ich bekomme eine Taschenlampe in die Hand gedrückt und man verabschiedet mich mit den Worten, du wirst auf Vater schon aufpassen.
    Ich gehe voran und versuche den Weg für Vater und mich auszuleuchten. Er erzählt, wie oft er diesen Weg schon alleine gegangen sei und wie gut er ihn kenne.
    Der Wald beginnt die Dunkelheit an sich zu ziehen. Von allen Seiten überfällt uns eine hellhörige Stille, die auf unsere Schritte zu lauern scheint. Ich überlege, wie ich Vater am Reden halten könnte, damit die Geräuschlosigkeit nicht überhandnimmt. Als wir aus dem Wald treten und auf der Wiese hinter dem Auprich-Hof stehen bleiben, frage ich, wie der Hof heiße, den man höher droben, unter der Kuppe des bewaldeten Hügels in Umrissen erkennen könne. Das sei der Hojnik-Hof, sagt Vater, da habe die Nazipolizei auch gewütet. Die Familie sollte abgeführt werden, aber der alte Hojnik habe sich geweigert, den Hof zu verlassen. Daraufhin sei er an Ort und Stelle erschlagen worden. Sein Sohn und seine Schwiegertochter sind erschossen worden, die Toten habe man in die Hojnik-Keusche geworfen und angezündet. Vater bricht plötzlich die Stimme. Er spricht in einem dünnen Ton. Ich finde das ärgerlich.
    Ein leichter Wind kommt auf. Die Bäume beginnen zu ächzen, sobald wir wieder den Wald betreten haben. Das Rascheln des Laubs ist kaum hörbar durchmischt mit Stimmen und Schreien. Ich bitte Vater, mir die Hand zu reichen. Er lacht und macht einen großen Schritt nach vorn, um mich bei der Hand zu fassen. In diesem Moment verliert er das Gleichgewicht und rutscht der Länge nach einen steilen Abhang hinunter, bis er hinter einem Gebüsch zum Liegen kommt. Die Taschenlampe, die er beim Griff nach meiner Hand mitgerissen hat, hört auf zu leuchten. Im Dunkeln kann ich ihn kaum sehen und höre ihn tief unten fluchen. Teufel, Teufel, wie soll ich da wieder hinaufkommen, jammert er. Ich glaube, dass ihm etwas zugestoßen ist, und mache Anstalten, zu ihm in die Tiefe zu rutschen. Bleib oben, schreit er, bleib oben, ich komme schon allein zurecht. Er beginnt auf allen vieren den Hang heraufzukriechen. Das Licht ist hin, wie soll man bei dieser Dunkelheit etwas erkennen, schimpft Vater und tritt mit den Bergschuhen in den Boden, um Halt zu finden. Inzwischen ist er in meine Nähe gekommen und sagt, du kannst mich jetzt hochziehen, und ich ziehe mit aller Kraft. Vater steht wieder neben mir. Ich will mich kurz ausruhen, sagt er, dann gehen wir weiter. Er setzt sich auf den Waldboden und schläft, wie mir scheint, in der nächsten Sekunde ein. Ich kauere mich neben ihn und spüre meine Tränen aufkommen. Der Wald und die Dunkelheit lassen alle Gespenster auf mich los, die wie verrückt an mir reißen. Ich hebe meinen Kopf und versuche den Mond auszumachen, der sich in dieser Nacht bedeckt hält. Eine dunkle Kugel scheint sich aus dem Himmel auf mich herabzusenken. Ich fürchte, sie mit meinem Weinen heruntergeholt zu haben und schließe die Augen. Die Dunkelheit erfasst mich und strömt berauschend in meiner Brust.
    Vater liegt wie betäubt neben mir. Nach einer Ewigkeit öffnet er die

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