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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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dessen mit der Firma verbunden, die das Pulteney mit Brettern vernagelt hatte. Die Leute dort konnten mir auch nicht sagen, wo die Sachen aus meinem Büro hingekommen waren. Sie konnten mir lediglich sagen, daß das Gebäude am Ende des gestrigen Arbeitstages geräumt worden war. Und heute morgen hatten sie um zehn die Türen vernagelt.
    »Sind Sie sicher, daß niemand mehr in dem Gebäude ist?«
    »Hören Sie, Lady, wir machen das seit dreißig Jahren. Glauben Sie mir, wir haben noch niemals ei nen Sarg vorzeitig zugenagelt. Wenn Sie irgendwelche Probleme haben, sollten Sie sich mit den Eigentümern direkt in Verbindung setzen.« Dann knallte er den Hörer au f die Gabel. Mit anderen Wor ten: Sie hatten das Gebäude also nicht sorgfältig durchsucht. Ob Terry Finchley wohl wußte, daß das Pulteney mit Brettern vernagelt war? Schließlich war es immer noch der Tatort eines Verbrechens.
    Eigentlich wollte ich nicht noch mal im Revier anrufen, nachdem ich den Beamten gerade die Tatwaffe geliefert hatte, die sie als Beweis gegen Emily verwenden konnten, aber ich mußte wissen, ob das Haus wirklich sorgfältig durchsucht worden war. Finchley war nicht da, vermutlich war er zu Fabian Messenger gefahren, also wurde ich mit Mary Louise Neely verbunden.
    Sie hatte keine Ahnung, daß die Culpeppers das Pulteney hatten vernageln lassen, versicherte mir aber, am Vorabend habe eine Polizeimannschaft es sich noch einmal gründlich angesehen. Nachdem Finchley in meiner Wohnung fertig gewesen war, hatte er ein Team - ein gutes Team, betonte sie - abkommandiert, um alle Stockwerke nach Tamar Hawkings und Emily abzusuchen. Dieses Team hatte das Büro gefunden, in dem Tamar nach Ansicht Deirdres untergekrochen war, aber dort keinerlei Hinweise entdeckt, daß Tamar oder ihre Kinder sich im Verlauf der letzten Tage dort aufgehalten hatten. Und es gab auch keine Spur von Emily.
    »Was ist mit meinem Büro, jetzt, wo das Gebäude nicht mehr zugänglich ist?« erkundigte ich mich.
    »Das müssen Sie mit den Eigentümern des Gebäudes klären«, antwortete sie, steif wie immer.
    »Ist mein Computer vielleicht da drin? Terry hat mir gesagt, daß ihr ihn rüberbringt. Ich brauche ihn dringend.«
    »Oh!« Zum erstenmal erlebte ich sie bestürzt. »Tut mir leid, hier war so ein Durcheinander, da hab' ich das ganz vergessen - der Computer ist immer noch bei uns.« Ich seufzte. »Würden Sie dann bitte den Papierkram erledigen, damit ich ihn selber abholen kann?«
    Sie entschuldigte sich noch einmal und sagte, ich könne ihn am nächsten Tag holen. Ich wollte schon auflegen, aber Neely schien noch etwas auf dem Herzen zu haben. Also wartete ich schweigend und wurde schließlich auch belohnt.
    »Ich wollte noch was zu den Messenger-Kindern sagen. Natürlich haben wir die ganze Gegend abgesucht. Eine Kellnerin in dem Coffee-Shop bei Ihnen an der Ecke meint, daß sie die Kinder vielleicht gesehen hat. Aber hundertprozentig kann sie es nicht sagen. Ihr Büro ist zwar am äußersten Ende des Loop, aber da sind immer noch ziemlich viele Fußgänger unterwegs.«
    »Sind Sie sicher, daß sie nicht in dem Gebäude sind?« Wenn man sie hier in dem Coffee-Shop, von dem aus ich anrief, gesehen hatte, konnten sie doch eigentlich nur im Pulteney stecken.
    »Hoffentlich nicht. Aber vielleicht haben wir sie ja übersehen ... Ich weiß es nicht. Ich werde Terry - Detective Finchley - überreden, mich das Gebäude noch mal durchsuchen zu lassen.« Mary Louise Neely legte doch tatsächlich einmal ihre steife Maske ab; sie klang besorgt, sogar ein bißchen verängstigt.
    Nachdem sie aufgelegt hatte, ging ich zum Tresen hinüber, um mit der Frau zu sprechen, die glaubte, Emily gesehen zu haben. Die Kellnerinnen in dem Coffee-Shop kennen mich alle seit Jahren vom Sehen, aber wir haben es nie geschafft, uns mit Namen vorzustellen. Als ich erklärte, was ich wollte, und ihnen den Schnappschuß von Emily mit ihren Brüdern zeigte, behandelten sie mich freundlich und kameradschaftlich. Es war nicht viel los; endlich hatten sie etwas, worüber sie sich unterhalten konnten. Nachdem sie ein paar Minuten flüsternd beratschlagt hatten, kam eine kräftig gebaute Frau um die Fünfzig zu mir herüber. Das Plastikschild an ihrem üppigen Busen teilte mir mit, daß sie Melba hieß.
    »Genau, das ist das Mädchen, das hab' ich der Frau von der Polizei auch gesagt.« Sie sprach langsam und betonte das Wort »Polizei« auf der ersten Silbe, so daß es viel bedrohlicher klang als

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