Engelsfeuer
abscheuliche Verbrechen eines anderen herhalten?
»Stewart glaubt, dass die Reporterin Beck dazu benutzt, den wahren Mörder aufzuscheuchen«, stellte Simon fest.
»Wenn das der Fall ist, dann wird der Mörder ihn verfolgen, nicht sie. Und möglicherweise ist genau das gerade passiert.« Riley faltete die Zeitung zusammen und dachte nach. »Ich muss kurz mal telefonieren«, sagte sie und schob sich aus der Bank.
»Was möchtest du essen?«, fragte Sam laut.
»Egal. Bestellt irgendetwas mit Pommes.« Sie brauchte jetzt etwas Fettiges, Salziges, Knuspriges.
Riley trat aus dem Diner in die kühle Abendluft. In der Stadt war es ruhig geworden, nur wenige Autos waren noch unterwegs. Ein Stückchen die Straße hinunter befand sich das hell erleuchtete Sheriffbüro, drei Wagen parkten vor dem Gebäude. Donovan arbeitete immer noch an dem Fall.
Riley scrollte durch die Liste mit den eingegangenen Anrufen in ihrem Handy und fand schließlich die Nummer, nach der sie gesucht hatte. Als das Freizeichen ertönte, ballte sie die freie Hand zur Faust. Ich hasse dich, du verlogene Schlampe. Du hast den Mann verletzt, den ich liebe, aber wenn du mir helfen kannst, ihn zu finden, werde ich … werde ich …
»Justine Armando«, meldete sich die melodiöse Stimme.
»Hier ist Riley Blackthorne. Ich bin in Sadlersville. Sie müssen mir helfen, Beck zu finden.«
»Ich verstehe nicht …«
»Er ist verschwunden, und die Cops glauben, dass er erst einen Einheimischen und dann sich selbst erschossen hat«, sagte Riley.
»Das ist Unsinn«, erwiderte Justine scharf. »Erzähl mir, was passiert ist.«
Riley erzählte ihr alles, auch von dem angeblichen Selbstmord am Telefon. »Sie haben Beck als Köder benutzt, um den wahren Killer zu finden.« Das war keine Frage.
»Nicht ganz, aber mein Artikel könnte als Katalysator gewirkt haben. Ich bin in Florida, um für eine damit zusammenhängende Story zu recherchieren. Sobald ich hier fertig bin, komme ich nach Sadlersville.« Eine längere Pause. »Doch im Gegenzug will ich wissen, was wirklich auf dem Oakland-Friedhof passiert ist.«
Sie gibt nie Ruhe . »Ich kann Ihnen von der Schlacht mit den Dämonen erzählen, mehr nicht.«
»Ich muss alles wissen.«
»Vergessen Sie’s. Ich stehe unter dem Befehl des Vatikans.« Das war zwar nicht ganz die Wahrheit, aber näher dran, als Riley bereit war, sich einzugestehen. »Ich schlage Ihnen Folgendes vor: Sie haben mit Ihren Artikeln diese Scheiße erst aufgewühlt, also werden Sie mir helfen, Beck zurückzubekommen. Wenn Sie versuchen, uns zu verarschen, werden Sie einen Feind fürs Leben haben.«
Justine schnaubte wütend. »Du stellst ja wohl kaum eine Bedrohung dar, Kind.«
Riley dachte an den Gefallen, den Luzifer ihr noch schuldete.
»In diesem Punkt irren Sie sich«, sagte sie und legte auf.
Rileys Schinkensandwich und Pommes warteten auf sie, doch ihr Magen rumorte so heftig, dass sie nur mit Mühe etwas herunterbekam. Es gefiel ihr nicht, Menschen drohen zu müssen, nicht einmal dieser Schlampe.
Simon legte seinen Hamburger auf den Teller und warf ihr einen besorgten Blick zu. »Alles in Ordnung?«
»Ich habe nur gerade einen Pakt mit dem Teufel geschlossen«, sagte Riley. Als er Erstaunen zeigte, schüttelte sie den Kopf. »Nicht mit dem. Mit der Reportertussi. Justine wird uns helfen. Sie kennt diesen Fall genauso gut wie die Cops, aber sie kann erst in ein paar Stunden hier sein.«
»Und was tun wir, während wir warten?«, fragte Simon.
»Gott, ich weiß es nicht.« Riley ließ den Kopf hängen. »Ich komme mir so nutzlos vor. Wenn er irgendwo gefangen gehalten wird, zählt er darauf, dass ich ihn finde.« Und ihn rette .
Sam streckte die gebräunte Hand aus und berührte sie sanft. »Hey, du bist nicht allein.«
Das wusste Riley. Aber Beck war vermutlich allein. Oder tot . Sie musste sich auf diesen Moment vorbereiten, wenn der letzte Lichtblick aus ihrem Leben verschwand. Wenn es keinen Dorftrottel mehr gäbe, den sie schikanieren konnte. Kein freches Lächeln mehr, keine Küsse. In seinem Testament hatte er festgelegt, dass sie alles bekommen würde: sein Haus, sein Kaninchen, sein Geld – aber ohne Beck, mit dem sie all das teilen könnte, war ihr das egal.
Die restliche Mahlzeit verbrachten sie schweigend, selbst Sam spürte, dass jetzt nicht die richtige Zeit zum Quatschen war. Als sie zum Motel zurückkehrten, parkte Becks Truck vor ihren Zimmern. An der Tür hing ein Zettel, dass sie die Schlüssel
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