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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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tatsächlich mit neidischem Blick?
    Kardinal Renzo Lavagnino war ein eher klein gewachsener Mann von asketischem Äußeren, der in dem großen Büro ein wenig verloren wirkte. In seinen schwarzledernen Schreibtischstuhl zurückgelehnt, die Hände wie zum Gebet gefaltet und das Kinn darauf gestützt, hörte er sich Luus Bericht über die beiden Morde und die Verbindung der Toten zur Glaubenskongregation an. Luu schloss: »Seine Heiligkeit wünscht, dass Sie Commissario Donati und Signor Rosin jedwede Unterstützung bei ihren Ermittlungen gewähren, Eminenz.«
    Die Miene des Kardinals hatte sich zusehends verfinstert.
    »Meine Unterstützung ist den beiden Herren gewiss, Don Luu. Nicht nur, weil es im Interesse der Kirche liegt. Ich kannte die beiden Toten, und diese schreckliche Tat darf nicht ungesühnt bleiben.«

    »Sie kannten die Toten, Eminenz?«, hakte Donati nach. »Wie gut?«
    »Nicht sonderlich gut, aber gut genug, um ihr Dahinscheiden auch persönlich zu betrauern. Unsere Bekanntschaft stammt aus der Zeit, als Carlini und Dottesio in der Registratur des Archivs gearbeitet haben. Ich war damals der Archivar der Heiligen Römischen Kirche.«
    »Also der Vorgesetzte der beiden?«
    Lavagnino lächelte schwach, wie es ein nachsichtiger Lehrer bei einem schlecht vorbereiteten Schüler tut. »In gewisser Hinsicht, ja. Die Leitung der Verwaltungsarbeit obliegt allerdings dem Präfekten des Archivs. Der Archivar der Heiligen Römischen Kirche hat eher auf den religiösen Überbau zu achten.«
    Er warf Don Luu einen um Verständnis heischenden Blick zu. »Wenn ich das einmal so kirchenuntechnisch bezeichnen darf.«
    Auch Donati lächelte, und es wirkte verbindlich. »Ich danke Ihnen für Ihre kirchenuntechnische Ausdrucksweise, Eminenz.
    Sie sollten mich als interessierten Laien betrachten. Deshalb noch eine Frage: Mit dem Archiv ist das berühmte Geheimarchiv des Vatikans gemeint, nicht wahr?«
    Jetzt hatte der Kardinal Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
    »Das hört sich an, als lauere James Bond schon um die Ecke, um den hier verborgenen Geheimnissen nachzuspionieren. Das Wort Geheimarchiv weckt bei den Uneingeweihten Assoziationen, die, um es gelinde auszudrücken, schief sind.
    Der Name wurde nur aus Traditionsgründen beibehalten wie fast alle Bezeichnungen im Vatikan. Böse Zungen behaupten, hinter den Mauern des Vatikans könne man leichter einen neuen Papst wählen als einen neuen Namen. Hinter dem so genannten Geheimarchiv verbirgt sich die große Bibliothek des Vatikans, in der allerdings viele wertvolle historische Dokumente aus vergangenen Jahrhunderten lagern. Geheim heißt hier aber nur so viel wie nicht öffentlich. Sonst würden Hunderte neugieriger Touristen tagtäglich unsere Bibliothek überfluten, und an eine ernsthafte wissenschaftliche Arbeit wäre nicht mehr zu denken.
    Aber auf Antrag können Forscher aus aller Welt Zutritt zu unserer Bibliothek erlangen, und nicht nur katholische.«
    »Dann gibt es keine unter Verschluss gehaltenen Dokumente im Geheimarchiv?«, fragte Donati und klang fast enttäuscht.
    Lavagmno wiegte den Kopf hin und her. »Ein paar natürlich schon. Auch die römische Polizei wird nicht jede Akte an die Öffentlichkeit geben, oder? Na, sehen Sie. Akten, die jünger als hundert Jahre sind, bleiben für die Forscher gesperrt. Ich glaube, heutzutage ist so etwas schon allein aus Datenschutzgründen geboten, nicht wahr? Natürlich gibt es auch ein paar Schriften, die aus bestimmten Gründen unter Verschluss gehalten werden.
    Was wäre der Vatikan im Blick der Öffentlichkeit ohne seine kleinen Geheimnisse?«
    »Zu diesen Schriften hat niemand Zugang?«
    »Sie lagern in einem abgeschotteten Raum, zu dem es nur einen Schlüssel gibt.«
    »Wer besitzt diesen Schlüssel, Eminenz?«
    »Ich in meiner Eigenschaft als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. Möchten Sie ihn sehen?« Der Kardinal griff in den Halsausschnitt seines schwarzen Gewands und zog eine silberne Kette mit einem Schlüssel hervor, der nichts Altehrwürdiges an sich hatte, sondern zu einem modernen Sicherheitsschloss gehörte. Nach fünf Sekunden ließ Lavagnino ihn wieder in der Versenkung verschwinden.
    »Kommen wir noch einmal zu Dottesio und Carlini zurück«, fuhr der Commissario fort. »Wann haben Sie die beiden zuletzt gesehen, Eminenz?«

    »Als sie aus ihren Ämtern ausschieden. Vor fünf Jahren war das, glaube ich.«
    »Warum sind sie aus dem Vatikan ausgeschieden?«
    Lavagnino zuckte mit

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