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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Parolini sich mit ihrer Mutter beriet. Dann hörte sie das erlösende metallische Geräusch eines sich im Schloss drehenden Schlüssels, und die Wohnungstür wurde ein kleines Stück geöffnet. Eine Kette sicherte die Tür. Durch den Spalt sah Elena das rundliche Gesicht einer Frau in den Vierzigern, an den falschen Stellen zu stark und an den richtigen zu wenig geschminkt.
    »Signora Parolini?«, fragte Elena.
    »Ja, ganz recht. Ich wohne hier. Und wenn Sie nicht gleich verschwinden, rufe ich die Polizei!«
    »Das gibt aber einiges Aufsehen. Wollen Sie das wirklich?
    Dadurch könnten meine Kollegen Wind von der Sache kriegen.
    Sie haben ja vielleicht gesehen, wie viele Reporterteams das Haus in Trastevere belagern, in dem Ihre Mutter wohnt. Es war wirklich klug von Ihnen, Ihre Mutter zu sich zu holen.« Elena war tatsächlich in Trastevere gewesen, in dem alten Haus an der Piazza Mastai, in dem Sandrina Ciglio wohnte. Allerdings hatte ihr kein Nachbar verraten, wo die Frau sich aufhielt, die den toten Pfarrer Dottesio entdeckt hatte. Das war ein Bluff gewesen. Mit ein wenig journalistischem Spürsinn und der dazugehörigen Kombinationsgabe war Elena selbst darauf gekommen, Sandrina Ciglio bei ihrer Tochter zu suchen, die mit ihrem Mann und ihren Kindern in dieser tristen Vorortsiedlung nahe dem Autobahnzubringer zum Flughafen Leonardo da Vinci wohnte.
    Zum ersten Mal wirkte Arietta Parolini ein wenig unsicher.
    »Die Ärzte haben gesagt, dass meine Mutter sich schonen soll.«
    »Ich will nur kurz mit ihr sprechen. Falls sie sich in irgendeiner Weise aufregt, breche ich das Gespräch sofort ab.«
    Elena streckte der Frau ihre Hand entgegen. »Mein Wort darauf.«
    Zögernd ergriff Arietta Parolini die Hand und ließ Elena eintreten. Sandrina Ciglio lag im Wohnzimmer auf der Couch und hatte eine Decke über den Knien, obwohl es nicht kalt war.
    Durch die großen Fenster schien warm die Spätsommersonne herein. Wärme und Helligkeit waren wohl die einzigen Vorteile dieser Wohnung im neunten Stock, überlegte Elena. Der Blick auf eine Welt aus sich gleichenden Hochhäusern und auf graue Straßenbänder, über die sich endlose Blechlawinen wälzten, deprimierte sie.
    »Soll ich mit der Frau sprechen, Arietta?«, fragte die Frau auf der Couch, wobei sie mit einer Mischung aus Neugier und Unbehagen auf Elena blickte.

    »Du sollst gar nichts, mammina. Diese Journalistin möchte dir ein paar Fragen stellen. Aber du musst ihr nicht antworten.
    Und wenn es dich anstrengt, geht sie auch gleich wieder weg.«
    Hoffnung schwang bei diesem Satz in Arietta Parolinis Stimme mit.
    Sandrina Ciglio setzte sich auf und zog die Decke wieder sorgsam über ihre Knie. »Ich werde mit ihr sprechen. Vielleicht tut es mir gut. Und die anderen Zeitungsleute lassen uns dann hoffentlich in Frieden.«
    »Ich werde in meinem Artikel nicht erwähnen, wo ich Sie gefunden habe«, versprach Elena und nahm in dem blauen Sessel Platz, auf den Arietta Parolini mehr pflichtschuldig als höflich wies. »Am besten erzählen Sie mir in Ihren eigenen Worten, was Sie gestern Abend in Santo Stefano in Trastevere erlebt haben, Signora Ciglio.«
    »Eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen«, begann die alte Frau vorsichtig und berichtete dann, wie sie in die Kirche gegangen war, eine Opferkerze für ihren verstorbenen Mann angezündet und sich anschließend zum Gebet vor dem großen Kruzifix niedergelassen hatte. »Da war diese Feuchtigkeit, die ich plötzlich auf meiner Wange spürte. Ich … ich glaubte schon an ein Zeichen des Herrn, als ich merkte, dass es Blut war. Aber dann blickte ich auf … und sah ihn!«
    »Wen?«, fragte Elena in der Hoffnung, einen Hinweis auf die Mörder zu erhalten.
    »Pfarrer Dottesio. Er hing am Kreuz wie der Heiland und blickte zu mir herab. Es war grässlich! An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich glaube, ich bin dann aus der Kirche gelaufen.«
    Das war mehr als mager, absolut nichts Neues, aber Elena versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

    »Und Sie haben niemanden sonst in der Kirche bemerkt? Oder haben Sie draußen etwas Verdächtiges wahrgenommen, bevor Sie die Kirche betraten? Menschen? Oder ein Auto, das Ihnen aufgefallen ist?«
    »Nein, gar nichts. Die Straßen waren ja auch sehr leer.«
    »Diese Fragen wurden meiner Mutter schon von der Polizei gestellt«, murrte Arietta Parolini.
    »Ich hatte gehofft, dass sich Ihre Mutter zwischenzeitlich an etwas erinnert hat. Manchmal dauert es seine

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