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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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stirnrunzelnd erst den Bodyguard und dann Enrico an. »Der Mann sieht mir gar nicht gefährlich aus. Wer sagt Ihnen, dass er ein Attentäter ist?«
    Der Leibwächter sah den Gegenpapst perplex an. »Warum hätte er sich sonst hier verstecken sollen?«
    Enrico selbst gab die Antwort: »Weil ich mit dem Mann sprechen will, der sich Papst Lucius nennt.«
    »Mit mir?«, fragte der Weißgewandete. »Warum? Wer sind Sie?«
    Enrico sah ihm fest in die Augen, holte tief Luft und sagte:
    »Ich bin Mariella Baldanellos Sohn!«
    Draußen dämmerte es schon, und noch immer sprach Enrico mit seinem Vater. Sie saßen im Haupthaus des Anwesens, in einer geräumigen Bibliothek, stellten einander Fragen, erzählten wechselseitig aus ihrem Leben und waren beide bemüht, den anderen nicht zu verletzen. Enrico erfuhr, dass sein Vater nach Mariellas Verschwinden aus Borgo San Pietro mehrmals versucht hatte, Kontakt zu ihr aufzunehmen.
    »Nicht, um unsere Liebe neu zu entfachen«, sagte Tomás Salvati. »Ich liebte deine Mutter zwar, aber ich hatte meinen Fehltritt eingesehen. Mein Leben sollte Gott geweiht sein. Doch ich wollte mich der Verantwortung nicht entziehen, sondern war bereit, für Maria und für mein Kind zu sorgen. Aber Marias Angehörige schwiegen eisern. Weder wusste ich, wohin man sie geschickt hatte, noch erfuhr ich, ob sie einem Sohn oder einer Tochter das Leben geschenkt hat. Bis zum heutigen Tag habe ich nichts von deiner Existenz gewusst, Enrico.«
    »Und jetzt komme ich vorbeispaziert und durchkreuze deine schönen Pläne.«
    Sein Vater legte den Kopf schief und musterte Enrico neugierig. »Wie meinst du das?«
    »Na, nach dem Tod von Custos stehst du dicht davor, auch von der Amtskirche als Papst anerkannt zu werden. Ein Bastardsohn macht sich da nicht so gut. Aber keine Angst, Vater, ich bin nicht hergekommen, um dich zu bloßzustellen.
    Von mir erfährt niemand etwas, und auch Vanessa wird schweigen.«
    Vanessa war hinzugekommen, als die Bodyguards Enrico überwältigt hatten. Nach einem kurzen klärenden Gespräch war sie nach Aversa zurückgefahren, um im Hotel auf Enrico zu warten.
    »Ich schäme mich deiner nicht, Enrico. Ich werde zu dir stehen, wenn du es möchtest.«

    Enrico schüttelte den Kopf. »Nicht nötig, deshalb bin ich nicht hier. Ich wollte dich nur sehen, mit dir sprechen. Es gibt so vieles, das ich mir nicht erklären kann.«
    »Was?«
    »Diese heilenden Kräfte und der Traum, von dem ich dir erzählt habe.«
    »Der alte Einsiedler, Angelo, hat schon eine Menge erklärt, auch wenn es dir seltsam oder zum Teil unglaublich erscheinen mag. Wir sind wirklich Engelssöhne, Enrico. Er, ich und auch du.«
    »Papst Custos hat mir von den gefallenen Engeln erzählt, die sich mit den Menschenfrauen eingelassen haben. Entstammen wir dieser unheiligen Verbindung?«
    »Das glaube ich nicht. Könnte eine heilende Kraft wie die unsere, die Gutes bewirkt, etwas Bösem entsprungen sein? Es gibt die gute und die böse Macht, und beide liegen dicht beieinander. Wie der Geflügelte in deinem Traum, der dir einmal als Engel und dann wieder als Teufel erscheint. Vieles von dem, was ich dir sage, Enrico, ist beileibe kein gesichertes Wissen. Es sind Vermutungen, die Ergebnisse jahrzehntelanger Forschungen und Überlegungen, die ich angestellt habe. Ich habe viele Quellen studiert, Zeugnisse miteinander verglichen, das Unwahrscheinlichere zugunsten des Wahrscheinlicheren verworfen, und doch kann ich nichts von alldem beweisen.«
    »Von was?«, fragte Enrico gespannt.
    Tomás Salvati griff zu der Wasserkaraffe, die vor ihnen auf einem niedrigen Tisch stand, füllte sein fast leeres Glas und tat einen tiefen Schluck. Er stellte das Glas wieder ab, lehnte sich in seinem Sessel zurück und sagte: »Gott war nicht grundsätzlich gegen eine Verbindung der Engel mit den Menschen. Gute Kräfte, die den Engeln innewohnten, sollten auf die Menschen übergehen. Aber dazu bedurfte es eines sorgsamen Vorgehens, das Gottes Plan folgte. Nicht alle Engel erschienen dem Herrn geeignet. Unter denen, die nicht von ihm auserwählt wurden, entstand Unmut. Sie revoltierten unter Luzifers Führung und nahmen sich, was der Herr ihnen verwehrte. Darauf gründet sich die Legende von den gefallenen Engeln und ihrer Verbindung mit den Menschentöchtern. Wir Engelssöhne aber sind nach Gottes Plan entstanden, als die Engel sich mit einem auserwählten Volk verbanden.«
    »Mit den Etruskern?«
    »Mit den Vorfahren jenes Volkes, das wir heute als

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