Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
…«
»Von wem hast du das denn? Das ist doch alles nur Gerede. Zurzeit läuft bei mir nichts Ernsthaftes.«
Sie glaubte ihm nicht, aber es war ihr auch gleichgültig. Nachdem sie drei Tage lang quasi durchgearbeitet hatte, sehnte sie sich nach etwas Abwechslung. Roberts Nähe weckte ein paar sehr angenehme Erinnerungen bei ihr. So,wie die Dinge momentan lagen, konnte sie ihrem Bedürfnis nach Sex nachgeben oder es sein lassen. Pia legte die Arme um seinen Hals und bemerkte, dass er an das Gleiche dachte wie sie.
Sie war viel allein gewesen in der letzen Zeit. Die Geschichte in Grevendorf schien schon Ewigkeiten her zu sein.
»Aber es ändert nichts, Robert. Auf Dauer geht das niemals gut mit uns«, beharrte sie sicherheitshalber.
»Wer spricht denn von Dauer? So lange wird es nicht dauern …«
Sie küssten sich. Pia durchschaute, dass das Unbedachte und Irrationale der Situation zu ihrem Gelingen beitrug. Gefühle waren nur eine Manifestation des Chaos …
»Du hast dich zu viel geärgert in letzter Zeit, du bist ganz verspannt«, sagte Robert, als er ihr unter das T-Shirt fuhr und ihren Rücken streichelte.
»Komm mit ins Schlafzimmer, den Küchenfußboden finde ich auch nicht gerade entspannend.« Pia zog ihn mit sich fort.
Später sah sie ihm zu, wie er sich seine Kartons unter den einen und den Bürostuhl unter den anderen Arm klemmte. Es war schön gewesen. Doch nun war sie auch froh, dass er ging. Irgendwie tröstete es Pia, dass sie nach fast drei gemeinsamen Jahren doch noch eine friedliche Trennung zustande gebracht hatten. Robert wandte sich in Richtung Tür. Der Abschiedskuss fühlte sich für sie nun doch mehr wie eine Formsache an.
Robert blieb im Türrahmen stehen. »Übrigens Pia: Wir haben doch vorhin darüber gesprochen, was bei der Polizei soalles geredet wird. Du solltest in Zukunft besser darauf achten, mit wem du dich einlässt.«
»Wie kommst du jetzt darauf?«
»Ich sage das nur, weil ich dich mag. Es gibt jemanden bei euch im Kommissariat, der dir ernsthaft schaden könnte. Gerade als Frau musst du vorsichtig sein.«
»Was soll denn der Mist jetzt? Gerade als Frau … Ich dachte, wir wären alle so fortschrittlich?«
»Tu nicht so unwissend. Du weißt genau, wen und was ich meine. Ich habe schließlich Augen im Kopf!«
Er spielte auf die unschöne Szene im Hotel in Grevendorf an. Er war in ihr Zimmer geplatzt, nachdem Pia kurz zuvor erschöpft und unterkühlt dem Grevendorfer See entstiegen war. Dabei hatte er ihren Kollegen Marten Unruh in ihrem Hotelzimmer angetroffen. Die Situation an sich war harmlos gewesen. Robert hatte andererseits aber auch nur eins und eins zusammenzählen müssen, um auf die richtige Deutung zu kommen. Dies war also seine späte Rache, und ziemlich lächerlich dazu.
»Das ist jetzt unter deinem Niveau, Robert!«
»Ich mach mir nur Sorgen um dich, Pia … Du bist manchmal etwas zu sorglos, was deinen Umgang angeht …«
Er wandte sich ab und stieg die Treppe hinab.
»Das geht dich zum Glück überhaupt nichts mehr an!« So viel also zur friedlichen Trennung.
Es war fast nichts zerbrochen. Keine Vase, die es sowieso nicht gab, kein Porzellan, nicht einmal das Glas des Wechselrahmens, in dem immer noch ein Bild von ihr und Robert klemmte. Nur eine CD lag in zwei Teilen auf dem Fußboden im Wohnzimmer. Dieses eine Lied darauf würde sie sich nun nie wieder anhören müssen …
7. KAPITEL
D er Gedanke an diese Frau ließ ihm keine Ruhe. Wenn sie es nun tatsächlich getan hatte oder dem Mörder auch nur geholfen hatte, dann war all das hier, sein Blick glitt über Blumenrabatten und kleine Rasenvierecke, Grabsteine und Koniferen, ihre Schuld.
Markus Kessel legte die dunkelrote Rose, die er zuvor in einer Aufwallung ihm sonst unbekannter Sentimentalität gekauft hatte, auf das noch frische Grab. Unvorstellbar, dass Wolfgang, der warmherzige, enthusiastische Wolfgang, da unter ihm in der Erde liegen sollte.
Stocksteif stand er da und überlegte, was die anderen Friedhofsbesucher wohl hier taten. Gedachten sie wirklich der Verstorbenen, wenn sie hier harkten, irgendwelche Bodendecker und Blumen pflanzten und anschließend Wasser darauf gossen – und auf die Überreste ihrer Lieben?
Markus Kessel fand, dass es keinen ungeeigneteren Ort zum Trauern gab als einen Friedhof. Seine Gedanken kreisten hier nur um die Begleiterscheinungen des Todes: den Sargschmuck, das Totenhemd und die Rechnung für die Grabpflege. Auch dass er Wolfgang seinen
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