Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Blick, die unmissverständlich war. Das Begreifen kam langsam und war demütigend.
»Vergiss es, Albrecht. Vergiss es einfach, egal was Isabel dir gesagt hat …«
»Ich habe keine Angst … ich hab ein Gummi dabei.«
Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Im ersten Moment war ihr Gehirn wie leer. Waren sie heute alle völlig übergeschnappt? Nach einem tiefen Atemzug sagte sie ruhig: »Schön für dich. Ich mag dich aber einfach nicht, Albrecht. Überhaupt nicht«.
»Wie du meinst, Claire …«
Er sprach ihren Namen aus, wie Thomas es immer getan hatte. Kläre hätte vor Wut und Schmerz aufschreien mögen,aber sie biss sich nur auf die Lippe und wendete sich von ihm ab.
Später, als sie sich wieder gefasst hatte, stellte sie Isabel zur Rede: »Du hast mit Joe geschlafen. In diesem Gartenhaus. Weißt du eigentlich, wie blöd ich mich gefühlt habe?«
»Wieso hast du dich blöd gefühlt?«
»Weil Albrecht … ich hatte den Eindruck, er wollte was von mir. Aber nicht wirklich. Gib es zu: Du hast ihn überredet, mich anzumachen!«
»Klärchen. Ich wollte, dass du dich besser fühlst. Du hast weiß Gott genug durchgemacht in letzter Zeit. Und Albrecht hätte es gern getan …«
»Für dich!«
»Und wenn schon. Du hast dich schließlich auch beschwert, ich ließe Joe am langen Arm verhungern. Also habe ich mich ein bisschen um ihn gekümmert.«
Kläre starrte ihrer Freundin ins Gesicht. Das Weiß ihrer Augen strahlte unnatürlich hell, und die Innenränder ihrer Nasenlöcher waren gerötet. Das erklärte einiges. Wütend packte Kläre ihre Freundin am Arm.
»Du hast was genommen, bevor wir herkamen, Isabel. Du hast gesagt, du lässt in Zukunft die Finger davon!«
»Habe ich das? Ich verstehe nur nicht, weshalb es dich aufregt, wenn ich ausnahmsweise einmal mit Joe bumse. Er ist doch ganz in Ordnung. Und zwischen mir und Albrecht ändert es nichts …«
»Ich rege mich auf, weil du mit einem Typen schläfst, den du gerade einmal ganz in Ordnung findest.«
Isabel lachte. Sie lachte Kläre ins Gesicht und strich ihr sacht mit dem Zeigefinger über die Wange.
»Besser, als mit einem zu schlafen, der nicht ganz in Ordnung ist.«Am nächsten Morgen befragten Pia Korittki und Oswald Heidmüller nochmals einige Angestellte der Agentur Magenta, allerdings ohne neue Erkenntnisse zu erhalten. Am Nachmittag erschien dann Anne Barnheim, die Frau, die Franziska Doms Angaben zufolge von Birgit Manstein entlassen worden war, bei Pia im Büro. Sie war ohne Probleme ausfindig gemacht worden und der Einladung ins Kommissariat 1 gern gefolgt. Aufgeregt sprudelte aus Anne Barnheim alles heraus, was ihrer Meinung nach zwischen ihr und Birgit Manstein abgelaufen war. Pia hatte den Eindruck, dass sie diese Geschichte schon so oft erzählt hatte, dass inzwischen fast ein Einpersonenstück daraus geworden war.
Frau Barnheim berichtete, dass sie von Frau Manstein bei Magenta fortwährend schikaniert worden sei. Die Kündigung war mehr oder weniger eine Erlösung für sie gewesen. Angeblich war es der Manstein innerhalb kurzer Zeit gelungen, Anne Barnheims Selbstbewusstsein dermaßen zu demontieren, dass sie im Anschluss an ihren Rausschmiss zwei Wochen lang weder ihr Bett, geschweige denn ihre Wohnung, hatte verlassen können.
»Ich hatte einen totalen Zusammenbruch«, sagte sie mit einem Kopfschütteln, »ich habe nur noch geschlafen. Mein Hausarzt meinte, das war eine Art Kreislaufzusammenbruch. Ach, ich bin nur froh, dass das vorbei ist. Nun arbeite ich in einer anderen Firma, wo das Betriebsklima stimmt. Es geht mir wieder gut. Aber wenn ich an die Manstein denke oder an Magenta, dann kommt mir immer noch die Galle hoch.«
»Hat sie andere Mitarbeiter ähnlich schlecht behandelt?«
Anne Barnheim nickte nachdenklich: »Ja, im Grunde hat sie es bei jedem versucht. Es hätte mir ein Trost sein können, dass ich nicht die Einzige war, aber es hat nichts geholfen. Es war wirklich eine schreckliche Zeit …«Als Anne Barnheim das Kommissariat verließ, war es kurz nach fünf Uhr. Pia notierte sich die Gesprächsergebnisse. Ossie, der heute den ganzen Tag vor seinem Rechner gehockt hatte, streckte sich und schien sich langsam auf seinen Feierabend vorzubereiten. Plötzlich ging die Tür auf und Marten Unruh stand in ihrem Büro.
»Pia, kannst du mal eben mit rüberkommen, um bei einer Vernehmung dabei zu sein?«
»Wen hast du denn da?«
»Eine Kläre Tensfeld.«
Pia sagte der Name nichts.
»Sie ist vermutlich die Frau, die
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