Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Wasser!« Isabel sprang auf und lief imSchatten der dunklen Büsche in Richtung Swimmingpool. Die anderen folgten ihr, bis sie alle am Rand des nierenförmigen Beckens standen. Das Wasser lag spiegelglatt in der Dunkelheit.
Isabel zog sich das T-Shirt über den Kopf und schlüpfte aus ihrer Jeans. Kläre beobachtet Albrecht und Joe, die sich ebenfalls ihrer Kleidung entledigten. Sie registrierte besorgt die sehnsüchtigen Blicke, mit denen Joe ihre Freundin verfolgte. Wie lange wollte er Isabel noch aus der Ferne anhimmeln? Gegen Albrecht käme er niemals an, dachte Kläre und streifte ihre Sandalen ab. Die Fliesen waren noch aufgeheizt vom Tag, wärmer als die Luft.
Isabel nahm Anlauf und sprang. Albrechts Ausruf »Nicht so laut, Isabel!« vernahm sie nicht mehr. Sie landete mit einem Platschen im Wasser, das in Kläres Ohren verheerend laut klang. Auf dem Weg hierher hatte sie gesehen, dass in den Nachbarhäusern noch Licht brannte.
Joe hechtete mit einem mehr oder minder eleganten Kopfsprung hinter Isabel her.
»Kommst du auch, Kläre?« Albrecht stand nackt und völlig unbefangen vor ihr im Mondlicht.
»Ja, ja, ich komme gleich«, sagte sie und hoffte, er würde endlich den anderen folgen. Seine Aufmerksamkeit war ihr unangenehm. Sie hatte sich von Isabel überreden lassen, an dieser nächtlichen Aktion teilzunehmen. Einem Ritual, das schon so alt war wie die Freundschaft der drei selbst. Sie zog sich langsam aus.
»Du machst dir Sorgen wegen Joe?«, fragte er ruhig.
»Wie kommst du darauf?«
»Glaubst du, wir wissen nicht, was mit ihm los ist? Er ist völlig verrückt nach Isabel, aber er würde es nie zugeben. Sobald er das täte, müsste er nämlich mit mir konkurrieren,und das traut er sich nicht. Deshalb himmelt er sie lieber heimlich an. Isabel und mich stört es nicht.«
»Ihr wart schon immer rücksichtslos.«
»Ab und zu fallen ein paar Krümel ab für ihn vom reich gedeckten Tisch. Das genügt ihm.«
»Meinst du!«
Kläre dachte an sich selbst. An das, was für Menschen wie sie und Joe »abfiel«, wenn sie sich in den Falschen verliebten.
»Vertrau uns einfach. Wir sind deine Freunde.«
»Isabel ist meine Freundin«, antwortete Kläre.
»Mach es dir doch selbst nicht so schwer …«, hörte sie ihn noch sagen. Dann war auch er im Wasser. Kläre setzte sich an den Beckenrand und ließ die Füße ins Wasser baumeln. Merkten die anderen gar nicht, dass das Wasser eiskalt war. Der Sommer war vorbei.
Sie beobachtete die drei, wie sie begierig den Augenblick genossen. Sie nahmen sich einfach, was immer sie wollten. Beneidete sie sie eigentlich um ihre Unbekümmertheit? Vielleicht hatten Isabel, Joe und Albrecht Recht und sie machte sich selbst nur das Leben schwer?
Kläre ließ sich in das kalte Wasser gleiten. Im ersten Moment verschlug es ihr den Atem. Die Kälte schien bis tief in ihre Eingeweide zu dringen und alles zu betäuben. Es war schrecklich und schön zugleich. Das Wasser ließ sie wie schwerelos schweben und streichelte sie.
Kläre legte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Ihr Kopf lag so tief im Wasser, dass es ihre Ohren verschloss. Sie sah hinauf in die Sterne und genoss den Augenblick der Stille und der Schwerelosigkeit.
So kam es, dass sie erst ziemlich spät bemerkte, was vor sich ging. Isabel spielte mit Joe, neckte ihn. Sie hielt ihn fest, versuchte, ihn unter Wasser zu ziehen und entwandsich dann wieder lachend seinem Zugriff. Joe sah so aus, als wüsste er nicht so recht, wie ihm geschah. Albrecht zog unterdessen ein paar Bahnen in dem kleinen Pool und lächelte Isabel dabei ab und zu verschwörerisch zu.
Nervös beobachtete Kläre, wie Isabel und Joe kurz darauf aus dem Pool stiegen und in dem kleinen Gartenhaus verschwanden, das unweit des Beckens stand.
Damit war der Spaß für sie vorbei. Kläre kletterte ebenfalls aus dem Wasser und trocknete sich mit ihrem Sweatshirt ab so gut es ging. Sie zitterte vor Kälte und hätte viel für ein großes, wärmendes Badetuch gegeben. Eine fest gefügte Regel bei diesen »Splish-Splash-Poolüberfällen« lautete jedoch, dass es spießig sei, Handtücher mitzunehmen. Als sie sich und auch ihr Haar notdürftig trockengerubbelt hatte und es mit Schwung zurückwarf, stand Albrecht unversehens vor ihr.
Diesmal war er so nah an sie herangetreten, dass sie die Wassertropfen sehen konnte, die in seinen langen Wimpern hingen. Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Albrecht sah sie durchdringend an, eine Aufforderung in seinem
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