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Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Titel: Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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an Wolfgangs ehemaligem Restaurant vorbeikam, wo ein paar Handwerker die Schilder demontierten und das Mobiliar abtransportierten, steigerte sich seine verbissene Wut nur noch. Er würde diese Frau finden. Sie oder ihr beschissenes Auto, an dem er kleben würde, bis er sie in den Fingern hatte. Und dann würde er – ja was eigentlich?
    Weiter ging sein Plan nicht. Er wusste nicht, was er tun sollte, wenn er sie gefunden hatte. In seinen Tagträumen stellte er sie zur Rede, zwang sie, ihre Schuld einzugestehen, den Namen des Mörders preiszugeben. In seinen Fantasien war es nie die Frau selbst gewesen, die Wolfgang ermordet hatte. Wolfgang war von einem Mann ermordet worden, dessen Namen diese Frau wusste …
    Während seiner langen Touren durch die Stadt bekam er ein völlig neues Gefühl für Lübeck, für die alten und neuen Gebäude, den Wandel, den die Zeit ihnen aufgezwungen hatte. Er betrachtete andächtig die alten Häuser, die in neue Strukturen gepresst wurden. Einige wurden regelrecht verschandelt, damit ihre Besitzer größtmöglichen Profit aus den alten Gemäuern herausschlagen konnten. Er sah Werbung, Plakate, Leuchtreklame.
    Plötzlich begann er, die Autos zu hassen, die alles verstellten und verstopften. Viele Autos, deren Kennzeichen in seinemGehirn auf ihre Brauchbarkeit hin abgesucht wurden. Und nie war ihres darunter.
    Er trank Unmengen von Kaffee, um wach und nüchtern zu bleiben. Das Koffein kreiste in seinen Adern, trieb ihn an und ließ sein Herz schneller schlagen. Jeder seiner Knochen schmerzte vom ungewohnten Pflastertreten.
    Als es Abend wurde, stand er kurz vor der Kapitulation. Seine Füße waren voller Blasen, er hatte eine schlimme Erkältung und sein Magen zog sich bei dem Gedanken an Kaffee protestierend zusammen. Er war fast am Ende.
    Die Polizei hatte sich in den letzten Tagen nicht mehr bei ihm gemeldet. Das hatte er auch nicht anders erwartet. Er hatte extra seinen alten Anrufbeantworter wieder an sein Telefon angeschlossen, damit ihm kein Anruf entging. Das Band war abends immer leer gewesen. Auch seine Bekannten hatten es inzwischen aufgegeben, sich nach seinem Befinden zu erkundigen.
    Er war allein mit seiner Aufgabe. So allein, wie es der mythische Held im Kampf gegen das Böse seit Urzeiten war. Der edle Ritter, der einsame Cowboy, der moderne Held! Das musste das Fieber sein. Ihm war heiß und zugleich schüttelte es ihn.
    Dann sah er sie. Ihr Anblick war so unerwartet, dass er im ersten Moment glaubte, er habe tatsächlich Fieberfantasien.
    Aber er täuschte sich nicht, sie war es wirklich. Die Frau überquerte die Straße und betrat ein kleines Geschäft auf der anderen Seite. Das gab ihm einen kurzen Moment Zeit, zu überlegen. Er durfte sie nicht aus den Augen verlieren. Er musste herausfinden, wie sie hieß, wo sie wohnte.
    Sie trug eine recht große, schwarze Umhängetasche. Sollte er sie ihr entreißen? Darin befand sich bestimmt irgendetwas, was sie identifizierte, auch wenn sie ihr Portemonnaievielleicht am Körper trug. Aber taugte er zum Handtaschenräuber? Wie als Antwort auf seine Fragen meldete sich bellend sein Husten. Es tat so verflucht weh auf den Bronchien. Das mit der Handtasche konnte er sich abschminken. Sollte er sie auf einen Kaffee einladen, sie in ein Gespräch verwickeln?
    Er kam sich nach diesen Tagen auf der Straße schon wie ein Penner vor … sie würde ihn sicher abblitzen lassen wie einen Idioten …
    Nun verließ sie das Geschäft wieder. Sie trug ihre kleine, spitze Nase sehr hoch, würdigte ihre unmittelbare Umgebung keines Blickes. An den Füßen trug sie hochhackige Stiefeletten. Vielleicht war das seine Chance. Er konnte sie verfolgen, bis sie irgendwann nach Hause gehen musste.
    Markus Kessel war sich sicher, dass sie sich nicht an die Polizei wenden würde, wenn sie sich verfolgt fühlte. Aber was konnte er tun, wenn sie mit ihrem Auto fortfuhr, das bestimmt irgendwo stand? In Gedanken ging er die Parkplätze und Seitenstraßen durch, die er heute schon kontrolliert hatte. Es gab immer noch genug Möglichkeiten, dass ihr Wagen irgendwo parkte. Und dann? In einem Film käme dann ein Taxi, mit dem er sie weiter verfolgen konnte.
    Aber dies war kein Film, machte er sich trotz seines Koffeinrausches und der fiebrigen Gesamtverfassung klar. Jetzt oder nie, diese Chance bekam er vielleicht nie wieder. Nun überquerte sie die Straße und kam direkt auf ihn zu. Ihr Blick streifte ihn, aber sie gab kein Zeichen des Erkennens von sich. Die

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