Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
mir gesagt. Daraufhin ist mir eingefallen, dass mehrere Personen mir gegenüber angedeutet haben, dass Frau Tensfeld mindestens einmal mit Ricklef Degner intim war. Sie hätte sich bei ihm infiziert haben können. Aber bisher sind das alles nur Vermutungen …«
»Nur zu, erzählen Sie. Ich liebe Vermutungen …«, sagte Kürschner ergeben. Pia warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Die Beerdigung begann erst in einer guten Stunde.
21. KAPITEL
F ranziska Dom hatte ihr bestes Kostüm angezogen. Es war zwar nicht schwarz, sondern anthrazitgrau, aber es hatte Klasse. Dazu trug sie neue, hohe Pumps aus schwarzem Wildleder und eine Handtasche, die optimal zu ihren Schuhen passte.
Ihre Erscheinung würde in der Friedhofskapelle sicher Aufsehen erregen, dachte sie mit ängstlicher Vorfreude. Ein fast filmreifer Auftritt spulte sich vor ihrem inneren Auge ab. Es fehlte ihr eigentlich nur noch ein Hut mit schwarzem Schleier, den Franziska Dom jedoch nicht besaß.
Sie drehte sich auf ihren hohen Schuhen ein paar Mal vor dem Schlafzimmerspiegel, streckte ihre etwas zu kurz geratenen Beine und lächelte ihrem Spiegelbild zu. Und wenn die Beine der Manstein hundertmal schöner gewesen waren. Sie würde heute auf ihren eigenen Beinen den Weg zum Grab gehen, die Manstein nicht.
Leider regnete es. Der Weg zum Friedhof mit dem Linienbus und das letzte Stück zu Fuß dämpften ihre Vorfreude ein wenig. Ihre Strumpfhose klebte nass auf ihrer kalten Haut, und die Ledersohlen der italienischen Pumps weichten langsam durch. Ob es ein großes Ereignis werden würde? Neben der Euphorie beschlich Franziska Dom auch Lampenfieber. Die gesamte Firma würde da sein, viele Kunden, die sie ebenfalls kannte, Kollegen aus den anderen Filialen vielleicht und Freunde von Birgit? Hatte ein Mensch wie Birgit Manstein wohl Freunde gehabt? Hatte sie Familie?
Als Franziska Dom auf die Kapelle zustakste, wurde ihr durch die Menschenansammlung erst bewusst, wie viele Menschen ihre Chefin gekannt haben musste.
Es machte sie wütend. Wenn sie durchzählte, wie viele Menschen an ihrem Grab trauern würden, dann kam sie allerhöchstens auf drei.
Glücklicherweise war die Trauerrede schlecht. Die Musik hörte sich an wie aus einem Leierkasten und der Redner, offensichtlich kein Mann der Kirche, versuchte den Anschein zu erwecken, er habe Birgit Manstein zu Lebzeiten gekannt, was aber ganz offensichtlich nicht der Fall war. Wie kam er nur darauf, die Worte warmherzig und liebevoll in Verbindung mit Birgit Manstein in den Mund zu nehmen?
Wie von oberster Stelle beordert, brach in dem Moment, als sie dem Sarg aus der Kapelle hinaus folgten, die Sonne durch die Wolkendecke. Das Sonnenlicht spiegelte sich in den vielen Pfützen und ließ die feuchten Blätter und Gräser am Wegesrand glitzern.
Franziska Dom folgte dem Sarg fast als eine der Ersten. Sie sah sich aufmerksam um und erkannte zwischen den Anwesenden die Polizistin wieder, die sie in der Agentur befragt hatte. Die Frau nickte ihr mit unbewegtem Gesicht zu, als sich ihre Augen trafen. Sie passte gut hierher, da sie allem Anschein nach sowieso fast nur schwarze Sachen trug. Ihr helles Haar bildete einen lebhaften Kontrast zu all den gedeckten Farben, den schwarz gekleideten Trauergästen und dem dunklen Grün der Nadelgewächse.
Die Sargträger erreichten das frisch ausgehobene Grab. Franziska Dom sah hinunter in den mit giftgrünem Kunstrasen ausgeschlagenen Schacht. Wieder unsinniges Gelaber … Anschließend ließen die Träger den Sarg mit dem Blumenbukett hinab.
Jetzt endlich stellte es sich ein, dieses ersehnte warme Gefühl. Es ähnelte der Wärme, die ein hastig getrunkener Schnaps in Kehle und Magen verbreitete, nur dass dieses Gefühltiefer ging. Franziska Dom atmete tief durch, versuchte, ihre Mimik zu kontrollieren.
»Nun wirst du mich nie wieder quälen, Birgit Manstein. Man sieht sich immer zweimal im Leben, nur dass dieses Mal ich von oben auf dich herabschaue«, flüsterte sie unhörbar. Sie stellte sich brav in die Schlange der Leute, die am offenen Grab vorbeiflanieren wollten. Dann war sie an der Reihe, blickte staunend in das tiefe Loch, warf die weiße Rose hinab, die sie in der Hand gehalten hatte, und sah zu, wie diese wie in Zeitlupentempo nach unten segelte. Erst als die folgenden Trauergäste sie weiterschoben, konnte sie sich von dem Anblick lösen.
Als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Umgebung richtete, sah Franziska Dom, dass die Polizistin sie beobachtete. Der
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