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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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sie. „Sind die ...“
    „Zweikarätige Diamanten.“ Adams Stimme klang verhalten, doch darunter vibrierte eine atemlose Aufregung, wie bei einem Kind, das am Weihnachtsmorgen darauf wartet, die Geschenke stürmen zu dürfen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn du sie zum Abendessen tragen könntest. Darf ich?“
    Er hob die Diamanttropfen hoch und befestigte sie an ihren Ohrläppchen. Seine Finger bewegten sich schnell und sicher. War er Juwelier? Oder kam es häufiger vor, dass er Frauen, die einen Kopf größer waren als er, Diamantschmuck anlegte? Sie überlegte, ob er wohl auf den Zehenspitzen stand, wagte aber nicht, ihm auf die Füße zu schauen. Sie wollte ihn nicht kränken. Und diese Diamanten, was sollte das heißen? Waren sie nur eine Leihgabe für die Dauer des Abendessens? Oder stellte so was bei Millionären das gängige Mitbringsel dar? Wieso zur Hölle konnte er kein widerwärtiger Macho sein? Das hätte es leichter gemacht.
    „Und jetzt das Kleid“, bat er.
    Violet griff danach, zögerte, schüttelte es aus. Knisternd entfaltete sich die Seide. Federbesatz kitzelte ihren Handrücken.
    Oh. Mein. Gott. „Wundervoll“, hauchte sie. „Jetzt muss ich wirklich ins Schlafzimmer, es anprobieren.“
    „Ja.“ Er strahlte über das ganze Gesicht. „Bitte probier es an.“
    Adams glückliches Lächeln war das Letzte, das sie sah, bevor sie die Flügeltüren zuschob. Shit. Das war nicht nett. Er würde enttäuscht sein. Musste sein sorgfältig zubereitetes Dinner allein verzehren. Ob er das Essen selbst gekocht hatte? Nein, schalt sie sich, Cateringservice, was sonst? Leute wie Adam kochten nicht selbst. Leute, die Diamantohrringe im Wert von über hunderttausend Dollar an eine Edelhure verschenkten, die sie nicht einmal kannten.
    Sie schleuderte die High Heels von den Füßen, warf die Browning aufs Bett, zerrte ihre Turnschuhe aus der Handtasche und band die Schnürbänder mit fliegenden Fingem. Zuletzt ließ sie die Waffe zurück in die Tasche fallen und hängte sie um den Hals. Als sie das Fenster öffnete, strich Wind über ihr Gesicht. Herrje, war das hoch.
    Die Ohrringe. Sie fummelte am Verschluss herum, bekam ihn aber nicht auf.
    „Honey?“ Das war Adams Stimme. „Brauchst du Hilfe?“
    „Nein“, stieß sie hervor. „Nicht hereinkommen bitte! Sonst ist die Überraschung kaputt!“
    Sie glaubte, Glas gegen Glas klingeln zu hören und zerrte noch hektischer an den Ohrringen. Sie saßen fest. Irgendeine blöde Sicherung. Wer wollte schon riskieren, die Aussteuerdiamanten auf einer Party zu verlieren? Ihre Wut schwoll an. Auf Marshall, auf Adam, auf sich und ihren idiotischen Plan, der bislang viel besser funktionierte, als sie zu träumen gewagt hatte. Nur, dass sie sich wie ein Schwein fühlen würde, hatte sie nicht einkalkuliert. Und jetzt kam auch noch Diebstahl dazu.
    Sie zog den Dolce & Gabbana Fummel bis zu den Hüften und schlang sich den restlichen Stoff um die Taille, damit er sie nicht beim Klettern behinderte. Dann stieg sie aufs Fensterbrett, hielt sich am Mittelkreuz fest und trat hinaus. Das Sims wirkte solide, doch es änderte nichts daran, dass der Wind sich plötzlich viel stärker anfühlte. In den Straßenschluchten zu ihren Füßen heulte eine Polizeisirene. Rote und blaue Lichtreflexe fingen sich in der Fassade des Union Bank Tower auf der anderen Seite. Einen Moment stand sie, die Wange an die Ziegelmauer gepresst und lauschte ihrem Herzschlag. Bedächtig grub sie die Finger in eine Fuge über ihrem Kopf, mehr Führung als wirklicher Halt. Konzentration. Sie musste sich konzentrieren. Es war nicht das erste Mal, dass sie ohne Sicherung kletterte, doch an einer Hochhausfassade hatte sie das noch nie probiert. Die Wand der Kapelle in Matavilya Crest war schwieriger zu erklimmen gewesen, doch bei Weitem nicht so hoch. Ein Fehltritt, und sie war tot. So einfach war das.
    Noch einmal holte sie tief Atem, dann begann sie, einen Fuß neben den anderen zu setzen. Seitlich schob sie sich bis zum Wasserspeier, der die Hausecke überkrönte. Unter ihren Füßen knirschte es, Sand rieselte ihr ins Gesicht, als sie nach oben griff. Reflexartig drehte sie den Kopf weg. Ihre Finger stießen gegen etwas Dünnes, Metallisches. Taubendraht. Sie packte eine Handvoll der Stäbe und riss sie beiseite, dann umfasste sie die Schulter des Wasserspeiers und zog sich hinauf.
    Mit klopfendem Herzen hielt sie inne. Nach einer weiteren Minute tastete sie sich die Wand empor und stieg auf den

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