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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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unverbrüchliche Freundschaft, für eine Allianz, die Könige und Zeitalter überdauern konnte. Doch dann starb Lorenz in einem Hinterhalt. Ein Schwerthieb trennte ihm den Kopf vom Rumpf, eine Wunde, die selbst das Blut nicht heilen konnte. Ein paar Monate später folgten Gabriel und Stephan dem Ruf des Grafen von Mansfeld und gerieten bei Sablat in die Zange der Kaiserlichen. Wallensteins Kürassiere kamen über das böhmische Söldnerheer wie die Dämonen der Hölle.
    Fast spürte er wieder den frostigen Nebel auf seiner Haut, die Ahnung des nahenden Todes. Kaum hundert Mann waren von ihrer Einheit übrig geblieben. Sie schlugen sich durch sumpfige Wiesen und novembergraue Felder und kampierten in den Wäldern oder den rauchgeschwärzten Überresten kleiner Weiler, die andere vor ihnen niedergebrannt hatten. Bei ihnen war der schwer verwundete Johann Savoyen, einer von Mansfelds Generälen. Savoyen war ein guter Mann und mehr als das. Ein Freund. Die Vorstellung, ihn sterben zu lassen, war Gabriel unerträglich.
    „Ich habe Savoyen mein Blut gegeben. Seine Wunden heilten binnen weniger Tage. Doch danach war er nicht mehr der Gleiche. Wir dachten zuerst, es sei dem Trauma zuzuschreiben. Savoyen war nie ein grausamer Mann gewesen. Das änderte sich nun.“
    Flammen, die sich ein Strohdach hinauffraßen. Qualm mischte sich mit dem Gestank der Jauchegruben. Die vielstimmigen Schreie aus dem Inneren des Infernos verschmolzen mit dem Brüllen des Feuers. Dann stürzten die Balken hinab und erstickten die Schreie. Funkenregen stob auf und ließen die Pferde scheuen.
    Sie hatten die Bewohner des Dorfes zusammengetrieben und in die Scheune gesperrt. Gabriel hatte nicht glauben können, dass Savoyen den Befehl gab, das Gebäude in Brand zu stecken. Die Männer, verroht und kaum mehr als hohläugige Bestien nach wochenlangen Gewaltmärschen, jubelten ihrem Befehlshaber zu, der wie durch ein Wunder Gottes von seinen Schwertwunden genesen war. Savoyen war dafür berüchtigt gewesen, Vergewaltiger und Plünderer aus den eigenen Reihen am nächsten Baum aufzuknüpfen. Der gleiche Mann befahl nun kalten Herzens den Tod von fünfzig Frauen und Kindern.
    Am nächsten Morgen fanden sie die verstümmelte Magd in einem Wäldchen unweit des Lagers und Gabriel beschlich dumpfes Entsetzen. Es dauerte weitere fünf Tage, bis er begriff, was er getan hatte. Stephan war es, der Savoyen über der Leiche eines Pferdeburschen überraschte, Kinn und Hände besudelt mit dem Blut des Jungen. Stephan überwältigte den General und holte Gabriel hinzu. Gemeinsam starrten sie auf ein Übel hinab, das sie bislang für ein Ammenmärchen gehalten hatten, für eine Legende.
    „In einer Überlieferung heißt es, dass Gott die Anführer der gefallenen Engel, die den Menschen die Geheimnisse des Himmels offenbart hatten, mit einer besonderen Strafe belegte. Nicht nur sollten sie gejagt werden und bis zum Jüngsten Gericht in Ketten liegen. Nein, ihre Nachkommen, die Nephilim, würden verflucht sein. Ihre Berührung würde Tod sähen und noch mehr Tod, bis die Menschen sie ächteten wie eine ansteckende Plage und sie vom Angesicht der Erde tilgten, wo sie Gottes Zorn entkommen waren.“
    Violet schüttelte den Kopf. „Klingt wie eine dieser flammenden Fernsehpredigten, bei denen ich immer wegschalte. Du glaubst das nicht wirklich, oder?“
    „In dieser Nacht war es die einzige Erklärung, die wir hatten.“ Er schüttelte einen Anflug von Benommenheit ab. Nach seiner Rückkehr vom Feldzug in Böhmen hatte er sich in der Bibliothek seines Vaters verschanzt und diese Passage gelesen, wieder und wieder. „Ich habe nie jemandem davon erzählt, außer meinem Vater. Und Stephan natürlich.“
    Zoe hatte es nie erfahren. Sie war das zweite Opfer gewesen. Die schrecklichen Veränderungen an ihr lieferten den endgültigen Beweis, dass ein Fluch auf seiner Blutlinie lag. Johann Savoyen war kein Zufall gewesen, sondern ganz allein Gabriels Schuld.
    „Und jetzt erzählst du es mir.“ Violet setzte sich auf einen Stapel Betonschwellen, gerade außerhalb des Lichtkegels einer Straßenlaterne und zog ihn neben sich. „Wolltest du mir deshalb dein Blut nicht geben?“
    Er nickte.
    „Der Arzt hat gesagt, dass die Veränderungen auftreten, wenn die Probanden an dieser Blutkrankheit leiden.“ Sie umfasste ihre Knie mit beiden Händen und sah ihn herausfordernd an. „Es hat nichts mit dir zu tun. Du hast Keith dein Blut gegeben und er hat sich nicht in ein Monster

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