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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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stattgefunden hatte?
    Vielleicht war es aber etwas ganz anderes? Etwas, das so kommen musste und das niemand hatte verhindern können. Weil Menschen nun mal keine programmierbaren Roboter waren.
    Für Millas Verurteilung waren ihre Motive wichtig. Da zählte es, ob sie aus niederen Beweggründen gehandelt hatte oder ob Schuld mindernde Umstände vorlagen.
    Dies zu beurteilen, konnte nicht Francas Aufgabe sein. Das mochten andere entscheiden.
    Sie hätte Milla gerne gefragt, wie man mit einer solchen drückenden Schuld leben konnte, einen oder vielleicht sogar mehrere Menschen auf dem Gewissen zu haben. Doch wahrscheinlich war dies ein sinnloses Unterfangen. Konnte man jemandem wie Milla solche Fragen überhaupt stellen? Sie lebte in ihrer eigenen konstruierten Welt. Mit selbst aufgestellten Regeln und Rechtfertigungen.
    Franca hingegen bewegte sich in dieser anderen Welt, in der sie sich so weit wie möglich an die geltenden Gesetze halten musste. Täte sie dies nicht, könnte sie ihren Beruf an den Nagel hängen.
    Sie versuchte, sich alles ins Gedächtnis zu rufen, was sie jemals über Vernehmungssituationen gelernt hatte. Als Kriminalistin musste sie sich davor hüten, das Geschehene zu billigen oder zu verabscheuen. Nur derjenige erzielte ein gutes Vernehmungsergebnis, der versuchte, die Sache aus der Sicht des Beteiligten zu verstehen. Obwohl sie wusste, dass nur so die wahren Motive für die Tat und für die Art der Tatausführung herausgefunden werden konnten, fiel ihr eine neutrale Haltung Ludmilla gegenüber unendlich schwer.
    Schon oft war sie mit den Abgründen der menschlichen Psyche konfrontiert worden und nicht selten wurde ihre Geduld belohnt, wenn lange und quälende Dialoge schließlich zu einem Geständnis des Täters führten. Doch dieser Fall lag vollkommen anders.
    Letztendlich musste sie sich eingestehen, dass sie Hinterhubers Bitte, Milla zu befragen, aus ureigensten persönlichen Motiven nachgegeben hatte. Im Grunde war das Vernehmungsergebnis sekundär, wahrscheinlich war es sowieso nicht verwertbar. Sie befand sich hier in diesem Raum, weil sie wenigstens ansatzweise nachvollziehen wollte, wie eine Frau, die sie als Mädchen gekannt und mit ihr die Schulbank gedrückt hatte, zu Delikten fähig war, die offenbar penibel geplant und ausgeführt worden waren.
    Franca war klar geworden, dass Milla höchstwahrscheinlich nicht nur für den Mord an Jürgen Klaussner verantwortlich war, sondern auch für die vergifteten Blumenbeete. Ein Racheakt, weil ihr vorgeschlagenes Zaubergarten-Projekt abgelehnt wurde.
    »Möchtest du mit mir reden?«, fragte sie freundlich und versuchte, sich ihre Anspannung nicht anmerken zu lassen. Es gab keine Notwendigkeit, das Mikrofon einzuschalten.
    Keine Reaktion. Nur ein hochmütiges Heben der Augenbraue.
    »Kann ich dir etwas zu trinken anbieten? Ein Wasser oder Kaffee?«
    »Ach, sind wir hier im Hilton?« Beißender Spott, der seine Wirkung nicht verfehlte.
    Franca legte die Arme auf die Tischplatte. Beugte sich ein wenig zu Milla vor. Sah ihr forschend ins Gesicht. »Du hast mir einmal gesagt, jede Pflanze in deinem Garten habe ihre Berechtigung. Ich dachte, das sei deine Lebensphilosophie, die auch für Menschen gilt.«
    Milla grinste verächtlich. Als ob Franca etwas Dummes gesagt hätte.
    »Warum hast du Pflanzen vergiftet, wenn du davon überzeugt bist, dass jede ihre Daseinsberechtigung hat?«, versuchte Franca weiter, in sie einzudringen. »Ich möchte es verstehen. Bitte erkläre mir, was passiert ist. Damals und heute«, fügte sie leise hinzu.
    Plötzlich kam Leben in Ludmilla. Ruckartig löste sie die vor der Brust verschränkten Arme und starrte Franca hasserfüllt an. »Du? Du verstehst doch sowieso nichts. Hast nie was verstanden«, stieß sie bitter hervor. Ihre Gesichtshaut hatte sich verfärbt. »Franca Mazzari, die von allen gemochte und geliebte will verstehen, wie es im Außenseitermädchen Ludmilla aussieht. Merkst du nicht, wie lächerlich du dich machst?« Heftig zupfte sie an den Ärmeln ihres Shirts.
    Franca schluckte und zwang sich zur Ruhe. Sie dachte an die vielen Gespräche, die sie in den letzten Wochen mit Milla geführt und bei denen sie sich manchmal regelrecht ausgefragt gefühlt hatte. Intimste Dinge, die Franca normalerweise mit niemandem besprach, hatte ihr Milla entlockt. Auch unangenehme Fragen waren von Franca wahrheitsgemäß beantwortet worden, stets aus diesem diffusen Gefühl heraus, Milla damals unrecht getan zu haben und

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