Engelspakt: Thriller (German Edition)
Wahrscheinlich würde er die Hände Seiner Eminenz am liebsten noch während der Operation auf Schmauchspuren untersuchen!«
»Beruhigen Sie sich, Schwester. Ganzoli ist kein Dummkopf. Was auch immer hier geschehen ist, er steht auf unserer Seite.«
»Das sehe ich.«
Sie deutete auf den Inspektor, der gerade den restlichen Tatort in Augenschein nahm und dabei den Eindruck erweckte, als wüsste er längst, was sich hier abgespielt hatte.
Coelho, der ihrem Blick gefolgt war, erklärte: »Vielleicht sollten Sie wenigstens versuchen, den Fall einmal aus den Augen der italienischen Polizei zu betrachten.«
»Weshalb? Ist es nicht sonnenklar, wer hier das Opfer ist, Herr Kommandant?«
»Aus der Sicht von Inspektor Ganzoli hat sich Kardinal Ciban schwer verletzt zu Ihrem Appartement geschleppt. Warum sollte er also nicht auch noch die Kraft gehabt haben, im Zweikampf auf den Toten hier zu schießen?«
»Ich … ich weiß, dass es nicht so war!«
»Dann haben Sie also hieb- und stichfestes Beweismaterial?«
»Nicht direkt.« Catherine unterdrückte ein Räuspern. »Aber wir beide wissen ganz genau, dass es genügend Leute gibt, die Seine Eminenz liebend gerne tot sehen würden.«
»Schwester, wenn es bei der Aufklärung von Mordfällen darum ginge, was viele Menschen gerne sehen würden, wäre vermutlich halb Rom inhaftiert. Wenn Sie mir also irgendetwas mitteilen wollen, wenn Sie irgendetwas wissen, das entscheidend für die weiteren Ermittlungen ist, dann raus damit.«
»Ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt lediglich sagen, dass ich mich bei Ihnen melden werde, sobald ich mehr weiß.« Mit diesen Worten wollte Catherine sich Richtung Ausgang drehen, um nach Hause zu gehen, doch Coelho ging sofort auf Versöhnungskurs.
»Warten Sie einen Augenblick, bitte. Ich möchte nicht, dass Sie allein durch die Nacht laufen.«
»Was sollte mir auf dieser kurzen Strecke schon geschehen?«
Coelho deutete in Richtung Altar. »Sie haben uns immerhin zum Tatort geführt. Der Mörder könnte in Ihnen eine unliebsame Zeugin sehen. Außerdem würde unser gemeinsamer Chef es mir nie verzeihen, wenn Ihnen etwas zustieße. Also warten Sie bitte noch einen Moment.«
Coelho spürte Catherines Blick im Rücken, als er auf seine Truppe zuging und Viktor zu sich heranwinkte, der gerade eine weitere Blutspur vor dem Eingang zu einer der Kapellen entdeckt hatte. Der Fall wurde immer verzwickter. Ein Toter, ein Schwerverletzter, der ausgerechnet ein bekannter Kardinal war und nun auch noch unter Tatverdacht stand, und eine medial begabte Nonne, die sich außerdem anschickte, die Ermittlungsarbeit für ihn zu einem Spießrutenlauf zu machen.
»Generalinspektor?« Viktor blickte ihn in Erwartung eines Spezialauftrages hoffnungsvoll an.
Coelho deutete mit den Augen auf Catherine. »Sorgen Sie dafür, dass Schwester Catherine wohlbehalten in ihre Wohnung zurückkehrt. Nehmen Sie sich außerdem einen Ihrer Männer und behalten Sie die Dame von nun an im Auge. Diskret, versteht sich.«
»Jawohl, Herr Generalinspektor.«
Viktor schien hin- und hergerissen zwischen Wohlgefallen und Ernüchterung. So hatte er sich seinen Spezialauftrag nicht vorgestellt.
»Noch etwas, Viktor …«
Der junge Vatikanpolizist drehte sich mit einer unheilvollen Vorahnung noch einmal zu Coelho um. »Herr Generalinspektor?«
»Behalten Sie Ihre Gesichtszüge zukünftig besser unter Kontrolle.«
Viktor runzelte die Stirn.
»Ich musste Ihr Gesicht nicht sehen, als wir vorhin in dem Appartement waren und Sie mir den Taser gezeigt haben. Es genügte mir voll und ganz, in Schwester Catherines Augen zu blicken.«
»Es …« Viktor schluckte. »So etwas wird nicht wieder vorkommen.«
»Das will ich hoffen. Es liegt nicht an uns, zu richten. Unsere Aufgabe ist es, die Kirche und ihre Menschen zu beschützen, vor allem die guten. Und das, falls nötig, mit unserem Leben.«
Viktor schluckte erneut. »Verstanden.«
»Gut, dann kommen Sie. Ich werde Sie Schwester Catherine etwas genauer vorstellen.«
SCHMERZ
28.
Monsignore Rinaldo hatte fast die ganze Nacht in seinem Büro gearbeitet und schließlich auf der unbequemen Notpritsche im Palast der Inquisition übernachtet. Der Vatikan war der einzige Staat der Welt, der seine Tore um Mitternacht schloss und niemanden mehr hinein- oder herausließ. Für den Fall der Fälle hatte Rinaldo ein paar frische Kleider in seinem Schrank deponiert, ebenso einen elektrischen Rasierapparat und Waschzeug. Dadurch wurden seine
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