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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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kommt es wieder, und alles fängt von vorne an. Man kann versuchen, es mit Alkohol zu betäuben, oder irgendwo anders hingehen. Im Hotel übernachten, wenn es unerträglich wird.«
    »Marian«, bat Erlendur, »lass mich in Ruhe.«
    »Wer Platten mit Guðlaugur Egilsson besitzt«, erklärte Marian Briem und kam endlich zur Sache, »der hat ausgesorgt.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Die sind heutzutage ein Vermögen wert. Es existieren nur sehr wenige, und diejenigen, die schon welche besitzen oder aus irgendwelchen Gründen von ihnen gehört haben, sind bereit, Unsummen dafür zu bezahlen. Guðlaugurs Platten sind eine absolute Rarität in Sammlerkreisen.«
    »Was für Unsummen? Zigtausende?«
    »Sogar Hunderttausende«, sagte Marian Briem. »Für jedes einzelne Exemplar.«
    »Hunderttausende? Das kann nicht dein Ernst sein.« Erlendur richtete sich auf. Er dachte an Henry Wapshott, wusste, weswegen er nach Island gekommen war und Guðlaugur aufgesucht hatte. Er war auf der Jagd nach seinen Platten. Es war keineswegs nur seine Begeisterung für Chorknaben gewesen, was sein Interesse geweckt hatte, wie Wapshott ihm weismachen wollte. Erlendur begriff, warum er Guðlaugur aufs Geratewohl eine halbe Million in die Hand gedrückt hatte.
    »Soweit ich feststellen kann, wurden insgesamt nur zwei Platten mit dem Jungen herausgegeben«, sagte Marian Briem. »Und das, was sie so wertvoll macht, jetzt mal abgesehen von dem außergewöhnlichen Gesangstalent des Jungen, ist, dass die Auflage klein war und kaum verkauft wurde. Es gibt heutzutage nicht viele, die diese Platten besitzen.«
    »Spielt der Gesang selber gar keine Rolle?«
    »Doch, ich glaube schon, aber trotzdem ist es in der Regel so, dass die Qualität der Musik und die Qualität der Einspielung die untergeordnete Rolle spielen. Es geht mehr um die Einmaligkeit der Einspielung. Die Musik kann scheußlich sein, aber wenn es der richtige Solist zur richtigen Zeit mit dem richtigen Lied beim richtigen Plattenproduzenten ist, dann kann der Wert unbegrenzt steigen. Es wird nicht in erster Linie nach dem künstlerischen Gehalt gefragt.«
    »Was wurde aus der Auflage? Konntest du da etwas in Erfahrung bringen?«
    »Es lassen sich keine alten Bestände finden. Die sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten oder vielleicht sogar einfach weggeworfen worden. Groß waren sie nicht, vielleicht ein paar hundert Platten. Die Platten sind in erster Linie deswegen so teuer, weil es nur ein paar Exemplare auf der ganzen Welt zu geben scheint. Hinzu kommt, dass die Karriere des Jungen extrem kurz war; außer diesen beiden Platten, die im gleichen Jahr aufgenommen wurden, gibt es nichts. Wenn ich richtig verstanden habe, ist er in den Stimmbruch gekommen und hat nie wieder gesungen.«
    »Das passierte dem Ärmsten ausgerechnet auf einem Konzert«, sagte Erlendur. »Die Stimme ist gekippt.«
    »Und Jahrzehnte später wird er ermordet aufgefunden.«
    »Falls der Wert dieser Platten Hunderttausende beträgt …« »Ja?«
    »… ist das nicht Grund genug, ihn umzubringen? Von den Platten haben wir jeweils ein Exemplar in seinem Kabuff gefunden. Sonst befand sich eigentlich überhaupt nichts in dem Zimmer.«
    »Dann hat derjenige, der ihn erstochen hat, wohl kaum gewusst, wie wertvoll sie sind«, sagte Marian Briem.
    »Du meinst, sonst hätte er die Platten mitgehen lassen?« »Wie sahen die aus?«
    »Wie neu«, erwiderte Erlendur. »Die Plattenhülle völlig sauber und nicht zerknittert. Die Platten sind völlig unbeschädigt. Soweit ich sehen kann, sind sie nie zuvor gespielt worden …«
    Er schaute Marian Briem an.
    »Könnte es sein, dass Guðlaugur irgendwie in den Besitz der restlichen Auflage gekommen ist?«
    »Warum nicht?«, sagte Marian Briem.
    »Wir haben Schlüssel bei ihm gefunden, von denen wir nicht wissen, wozu sie gehören. Wo könnte er das Zeug wohl aufbewahrt haben?«
    »Es muss ja nicht die gesamte Auflage sein, vielleicht nur ein Teil davon. Wer sonst außer dem Chorknaben selbst sollte das Zeug besitzen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Erlendur. »Wir haben einen Sammler in Gewahrsam, der extra aus England angereist ist, um Guðlaugur zu treffen. Ein dubioser Zeitgenosse, der versucht hat, uns zu entwischen und nach eigenen Aussagen den Chorknaben von einst verehrt. Er ist meines Wissens der Einzige, der darüber Bescheid weiß, was die Platten von Guðlaugur wert sind. Er sammelt Platten mit Chorknaben.« »Tickt der noch richtig?«
    »Sigurður Óli findet

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