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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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einen Nachtklub gegangen war.
    Auf einmal wurde die Kapelle wieder munter und intonierte John Peel als Vorspiel zu God Save the King, und plötzlich, wie aus dem Nichts aufgetaucht, trabte Linda in einer blassgrauen Wolke aus Tüll mit Tony kreuz und quer durch den Raum; ein Blick genügte, und man wusste Bescheid. Wir stiegen hinter Tante Sadie in ein Taxi (nie hätte sie ihren Chauffeur nachts warten lassen), wir fuhren durch die nassen Straßen, zwischen den dicken Schläuchen hindurch, mit denen sie gereinigt wurden, wir stiegen die Treppe zu unseren Zimmern hinauf, ohne dass jemand auch nur ein Wort gesagt hätte. Spärliches Sonnenlicht fiel schräg auf die Schornsteine, als ich mein Fenster öffnete. Ich war zu müde zum Nachdenken, ich sank ins Bett.

    Nach solchen Tanzereien durften wir lange schlafen, während Tante Sadie immer um neun Uhr schon wieder auf den Beinen war und ihre Anordnungen für den Haushalt traf.
    Als Linda am nächsten Morgen verschlafen die Treppe herunterkam, schrie ihr Onkel Matthew aus der Halle wütend entgegen: »Kroesig, der verdammte Hunne, hat eben angerufen, wollte mit dir sprechen! Ich habe ihm gesagt, er soll sich zum Teufel scheren! Ich will nicht, dass du dich mit irgendwelchen Deutschen einlässt, hast du verstanden?«
    »Ich habe mich aber schon eingelassen«, erwiderte Linda in scheinbar beiläufigem Ton, »zufällig bin ich nämlich mit ihm verlobt.«
    In diesem Augenblick stürzte Tante Sadie aus ihrem kleinen Morgenzimmer im Erdgeschoss hervor, nahm Onkel Matthew beim Arm und zerrte ihn hinaus. Linda schloss sich in ihrem Zimmer ein und weinte eine Stunde lang, während Jassy, Matt, Robin und ich im Kinderzimmer Mutmaßungen über den Fortgang der Dinge anstellten.
    Es gab beträchtlichen Widerstand gegen die Verlobung, nicht nur von Onkel Matthew, der vor lauter Enttäuschung und Empörung über Lindas Wahl ganz außer sich war, sondern ebenso sehr von Sir Leicester Kroesig. Er wollte überhaupt nicht, dass Tony heiratete, bevor seine Karriere in der City gesichert war, und außerdem hatte er auf eine Verbindung mit einer der anderen großen Bankiersfamilien gehofft. Den Landadel verachtete er, hielt ihn für verweichlicht, gescheitert, nicht mehr in die moderne Welt passend, und er wusste auch, dass die gewaltigen, beneidenswerten Kapitalien, die diese Familien zweifellos immer noch besaßen und mit denen sie törichterweise so wenig anzufangen wussten, stets an den ältesten Sohn übergingen und dass den Töchtern als Mitgift, wenn überhaupt, nur ein sehr kleiner Betrag zugestanden wurde. Sir Leicester und Onkel Matthew trafen sich und fassten auf Anhieb eine tiefe Abneigung gegeneinander, einig waren sie sich allerdings in dem Entschluss, diese Heirat zu vereiteln. Tony wurde nach Amerika geschickt, wo er in einem New Yorker Bankhaus arbeiten sollte, und die arme Linda kehrte, da die Saison nun zu Ende war, nach Alconleigh zurück, wo sie sich in Sehnsucht verzehrte.
    »Oh, Jassy, liebste Jassy, leih mir dein Weglaufgeld, damit ich nach New York kann.«
    »Nein, Linda. Fünf Jahre habe ich gespart, seit ich sieben war, und alles zusammengekratzt, ich kann einfach nicht noch mal von vorn anfangen. Außerdem brauche ich es, wenn ich selbst weglaufe.«
    »Aber, Liebling, ich gebe es dir zurück, Tony gibt es dir, wenn wir verheiratet sind.«
    »Ich kenne die Männer«, meinte Jassy mit finsterer Miene. Sie blieb unnachgiebig.
    »Wenn nur Lord Merlin da wäre«, jammerte Linda, »er würde mir helfen.« Aber Lord Merlin war noch in Rom.
    Sie besaß auf dieser Erde fünfzehn Shilling und sechs Pence und musste sich damit zufriedengeben, jeden Tag ellenlange Episteln an Tony zu schicken. Dafür trug sie ein paar kurze, langweilige, in einer kindlichen Handschrift verfasste und in New York abgestempelte Briefe mit sich herum.
    Nach einigen Monaten kam Tony zurück und erklärte seinem Vater, er könne sich dem Geschäftsleben oder dem Bankgewerbe nicht widmen oder über seine künftige Karriere nachdenken, solange nicht das Datum seiner Hochzeit festgesetzt sei. Genauso musste man mit Sir Leicester reden. Alles, was dem Geldverdienen hinderlich werden konnte, musste sofort aus dem Weg geschafft werden. Wenn Tony, der ein vernünftiger Bursche war und seinem Vater nie im Leben Kummer gemacht hatte, erklärte, er könne sich erst nach der Heirat mit dem Bankgewerbe befassen, dann musste eben geheiratet werden, je früher, desto besser. Sir Leicester legte ihm noch einmal

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