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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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gutes Essen, was das Leben eben angenehm macht. Es wäre dumm, daraus keinen Nutzen zu ziehen. Freundschaft ist etwas, das sorgfältig aufgebaut werden muss, von Leuten, die Muße haben, es ist eine Kunst, mit Natur hat das nichts zu tun. Man sollte das gesellschaftliche Leben nie verachten – das de la haute société, meine ich, es kann sehr befriedigend sein, vollkommen artifiziell natürlich, aber sehr fesselnd. Wenn man einmal vom geistigen Leben und vom beschaulichen Leben der Religion, das zu genießen nur wenige Menschen geeignet sind, absieht – was könnte den Menschen denn sonst noch vom Tier unterscheiden, wenn nicht sein gesellschaftliches Leben? Und wer versteht sich so gut darauf, wer kann es so beschwingt und amüsant gestalten wie les gens du monde? Aber man kann es nicht gleichzeitig mit einer Liebesaffäre haben, man muss mit ganzem Herzen dabei sein, wenn man es genießen will, deshalb habe ich alle meine Verabredungen abgesagt.«
    »Wie schade«, sagte Linda, »denn morgen früh werde ich nach London zurückkehren.«
    »Ach ja, das hatte ich vergessen. Wie schade.«

    »Allô – allô.«
    »Hallo.«
    »Haben Sie geschlafen?«
    »Ja, natürlich. Wie spät ist es?«
    »Ungefähr zwei. Soll ich vorbeikommen, zu einem kleinen Besuch?«
    »Meinen Sie, jetzt?«
    »Ja.«
    »Ich muss sagen, das wäre sehr nett – nur, was würde der Nachtportier denken?«
    »Ma chère, wie englisch Sie sind. Eh bien, je vais vous le dire – il ne sefera aucune illusion.«
    »Nein, wohl kaum.«
    »Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er sich überhaupt irgendwelche Illusionen macht. Schließlich komme ich jeden Tag drei Mal zu Ihnen – sonst haben Sie niemanden getroffen, und Franzosen haben einen Blick für solche Dinge, wissen Sie.«
    »Ja – ich verstehe …«
    »Alors c’est entendu – à tout à l’heure.«

    Am nächsten Tag brachte Fabrice sie in einer Wohnung unter, er sagte, es sei plus commode : »Als ich jung war, liebte ich das Abenteuer sehr und scheute keine Gefahr. Ich versteckte mich im Kleiderschrank, ließ mich in einem Schrankkoffer ins Haus tragen, verkleidete mich als Lakai oder stieg zum Fenster herein. Was waren das für Touren! Ich erinnere mich noch, einmal, auf halber Höhe in einer Kletterpflanze, war da plötzlich ein Wespennest – oh, diese Schmerzen –, noch eine Woche nachher trug ich einen soutien-gorge von Kestos. Aber heute ziehe ich eine gewisse Bequemlichkeit vor, eine gewisse Routine ist mir ganz lieb und der eigene Schlüssel.«
    Wirklich, weniger romantisch und noch praktischer veranlagt als Fabrice konnte man gar nicht sein, dachte Linda, ein völlig sachlicher Typ. Ein bisschen Sinn für Unsinn, dachte sie, wäre ganz nett gewesen.
    Die Wohnung war schön, groß und sonnig und auf die kostspieligste Art modern eingerichtet. Die Fenster gingen nach Süden und Westen auf den Bois de Boulogne hinaus, und die Wohnung befand sich auf einer Höhe mit den Baumwipfeln. Die Aussicht bestand aus diesen Baumwipfeln und dem Himmel. Die riesigen Fenster funktionierten wie Autofenster, die Glasscheiben ließen sich in der Wand vollständig versenken. Für Linda war das eine große Freude, sie war gern an der frischen Luft und liebte es, stundenlang ohne Kleider in der Sonne zu baden, bis sie ganz erhitzt und braun und schläfrig und glücklich war. Zu der Wohnung, die offensichtlich Eigentum von Fabrice war, gehörte auch eine bezaubernde ältere femme de ménage namens Germaine. Ihr gingen verschiedene andere ältere Frauen zur Hand, die in einem verwirrenden Rhythmus kamen und gingen. Sie war offenbar sehr tüchtig, hatte Lindas Sachen im Nu ausgepackt, gebügelt, zusammengelegt und verstaut und ging dann in die Küche, wo sie Anstalten zu einem Abendessen machte. Linda fragte sich unwillkürlich, wie viele Frauen Fabrice schon in dieser Wohnung untergebracht hatte; aber da sie es höchstwahrscheinlich doch nicht herausfinden würde und eigentlich auch gar nicht wissen wollte, schob sie diesen Gedanken beiseite. Nirgendwo war die Spur einer früheren Bewohnerin zu sehen, nicht mal ein Zettel mit einer hingekritzelten Telefonnummer oder der Fleck eines Lippenstifts; die Wohnung sah aus, als sei sie erst gestern eingerichtet worden.
    Während sie ein Bad nahm, vor dem Abendessen, dachte Linda ziemlich wehmütig an Tante Sadie. Sie, Linda, war jetzt eine Mätresse und eine Ehebrecherin, und sie wusste, Tante Sadie würde das gar nicht gefallen. Es hatte ihr auch nicht gefallen, als

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