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Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition)

Titel: Englische Liebschaften (Nancy Mitford - Meisterwerke neu aufgelegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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traurig und oft trostlos, aber es gibt auch Rosinen im Kuchen, und hier ist eine. Draußen vor dem Fenster strahlte die Morgensonne auf den Fluss, und die Lichtreflexe von der Wasserfläche tanzten an ihrer Zimmerdecke. Die Sonntagsstille wurde von zwei Schwänen unterbrochen, die langsam stromaufwärts flogen, und dann vom Tuckern eines kleinen Flussschleppers – während sie auf jenes Geräusch wartete, das inniger als jedes andere, vom Klingeln des Telefons vielleicht abgesehen, mit einer großstädtischen Liebesaffäre verbunden ist: auf das Geräusch eines anhaltenden Taxis. Sonne, Stille und Glück. Da hörte sie es auf der Straße, langsam, noch langsamer, jetzt hielt es an, das Taxameter-Fähnchen schnellte mit einem Klingeln nach oben, die Tür wurde zugeschlagen, Stimmen, Geklimper von Münzen, Schritte. Sie stürzte nach unten.
    Stunden später machte Linda Kaffee.
    »Was für ein Glück«, sagte sie, »dass heute Sonntag ist und Mrs. Hunt nicht kommt. Was würde sie denken?«
    »Ungefähr das Gleiche wie der Nachtportier im Hôtel Montalembert, nehme ich an«, sagte Fabrice.
    »Warum sind Sie gekommen, Fabrice? Wollen Sie sich mit General de Gaulle zusammentun?«
    »Nein, das wäre nicht nötig, das habe ich bereits getan. Ich war schon in Bordeaux bei ihm. Ich arbeite in Frankreich, aber es gibt Möglichkeiten, Verbindung aufzunehmen, wenn wir wollen. Ich werde ihn natürlich aufsuchen, er erwartet mich um die Mittagszeit, aber eigentlich bin ich in einer privaten Mission gekommen.«
    Er sah sie lange an.
    »Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass ich Sie liebe«, erklärte er schließlich.
    Ein Schwindelgefühl überkam Linda. »In Paris haben Sie mir das nie gesagt.«
    »Nein.«
    »Da wirkten Sie immer so nüchtern und praktisch.«
    »Ja, vermutlich. Ich hatte es in meinem Leben schon so oft gesagt, ich war mit so vielen Frauen so romantisch gewesen, und als ich fühlte, dass es diesmal anders war, da bekam ich alle diese abgedroschenen alten Redensarten einfach nicht mehr heraus, ich brachte sie nicht über die Lippen. Ich habe nie gesagt, dass ich Sie liebe, ich habe Sie nie geduzt – absichtlich. Weil ich vom ersten Augenblick an wusste, dass es diesmal wahr ist, so wie alle anderen falsch waren, es war, wie wenn man jemanden wiedererkennt – ich kann es nicht erklären.«
    »Aber genauso ist es auch mir ergangen«, sagte Linda, »versuchen Sie nicht zu erklären, es ist nicht nötig, ich verstehe.«
    »Als Sie dann abgereist waren, hatte ich das Gefühl, ich müsste es Ihnen sagen, und dieses Gefühl hat mich seither nicht mehr losgelassen. All die furchtbaren Wochen waren für mich noch furchtbarer, weil ich daran gehindert war, es Ihnen zu sagen.«
    »Wie sind Sie denn überhaupt hierhergekommen?«
    »On circule«, sagte Fabrice ausweichend. »Morgen früh muss ich wieder los, und ich komme erst zurück, wenn der Krieg vorbei ist, aber Sie werden auf mich warten, Linda, und jetzt, da Sie es wissen, ist es nicht mehr so schwer. Es quälte mich, ich konnte mich auf nichts konzentrieren, konnte nicht mehr richtig arbeiten. In Zukunft wird es für mich nicht leicht, aber ich werde nicht mehr den Gedanken mit mir herumschleppen müssen, dass Sie sich von mir abwenden könnten, ohne zu wissen, wie sehr ich Sie liebe.«
    »Oh, Fabrice, dieses Gefühl – ich nehme an, gläubige Menschen empfinden manchmal so.«
    Linda legte den Kopf auf seine Schulter, und sie saßen lange schweigend da.

    Nachdem er seinen Besuch in Carlton Gardens bei General de Gaulle gemacht hatte, fuhren sie zum Lunch ins Ritz. Es waren viele Leute da, die Linda kannte, alle sehr schick, sehr fröhlich, und sie flachsten über das unmittelbar bevorstehende Eintreffen der Deutschen. Wären es nicht lauter junge Männer gewesen, die in Flandern tapfer gekämpft hatten und ohne Zweifel bald wieder tapfer und diesmal mit mehr Erfahrung auf anderen Schlachtfeldern kämpfen würden, dann hätte man den Ton der Gespräche als schockierend empfinden können. Fabrice zog auch ein ernstes Gesicht und meinte, ihnen sei anscheinend nicht klar …
    Da tauchten Davey und Lord Merlin auf. Sie machten große Augen, als sie Fabrice sahen.
    »Der arme Merlin hat die falsche Sorte«, sagte Davey zu Linda.
    »Die falsche Sorte wovon?«
    »Die falschen Tabletten, falls die Deutschen kommen. Er hat welche von der Sorte, die man Hunden gibt.«
    Davey zog eine juwelenverzierte Dose hervor, in der zwei Pillen lagen, eine weiße und eine

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