Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
Vom Netzwerk:
gern. Sonst ist es immer umgekehrt, was?« Dino hat sich einen Kaugummi in den Mund geschoben und grinst schräg.
    Anna funkelt ihn böse an. »Erstens: Mit dem Verschwinden eines Menschen treibt man keine Scherze. Und zweitens bietet man zuerst etwas an, bevor man sich selbst nimmt.« Anna stibitzt sich zwei von Dinos Kaugummis, schmeißt Degenwald, der ihr zuzwinkert, einen zu und steckt sich den anderen selbst zwischen die Zähne. Dino schweigt, ehrlich betroffen. Dann hebt er abwehrend die Hände. »Sorry, war nicht so gemeint.«
    Degenwald deutet auf den Audi, der vor der Garage steht. »Steigt ein! Wir müssen uns ranhalten«, meint er auffordernd. Anna und Dino öffnen synchron die hinteren Türen. Dabei schauen sie einander an und müssen versöhnlich grinsen.
    »Weiß jemand, wo die Suche beginnt?«, erkundigt sich Degenwald, während er den Wagen von der Auffahrt lenkt.
    »Schön wär’s.« Annas Augen verengen sich zu Schlitzen. »Ziel unbekannt.«

15. Kapitel
    Während der Fahrt erfragt Degenwald das Nötigste und erfährt, dass Elsa am Abend zuvor mit Ben Fürnkreis telefoniert hat. Daraufhin schweigt er eine ganze Weile. Anna starrt ausdruckslos in seinen Nacken, während er stumm die Straßen abfährt. Schließlich sucht sie seinen Blick im Rückspiegel und findet ihn.
    »Warum sagen Sie nichts? Sie denken doch irgendwas.« Anna schaut ihn scharf an.
    Degenwald hält am Straßenrand und dreht sich nach ihr um. »Also gut«, beginnt er. »Versteh mich jetzt bitte nicht falsch. Aber könnte es nicht sein, dass deine Mutter … Ich meine, kannst du dir vielleicht vorstellen, dass Ben und Elsa …« Der Satz reißt mittendrin ab. Degenwalds Lippen, die offenbar der Mut verlassen hat, sind mit einem Mal fest verschlossen.
    Anna bringt seine begonnenen Satzfetzen in ihrem Kopf zu Ende. Ihre Stirn zieht unschöne Falten dabei. »Sie meinen, meine Mutter liegt eventuell mit diesem Kerl, diesem Ben, im Bett, während ich vor Angst fast umkomme und Sie nötige, hier völlig umsonst rauf und runter zu gondeln?« Anna atmet laut auf. Noch immer starrt sie Degenwald an, misst ihren Blick mit seinem. »Schminken Sie sich das ab!« Sie hat die Stimme erhoben, ohne es zu merken. Die Erregung, die jedes Wort in ihr auslöst, steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Das ist absolut beknackt. Kapiert? Meine Mutter ist zuverlässig.«
    Degenwald nickt mechanisch. »Schon verstanden, Anna. War auch nur eine kurze Überlegung von mir. Berufskrankheit, verstehst du?«
    Anna fühlt sich wie eine Löwin. Eine, die weniger um den Ruf ihrer Mutter kämpft als um das Gefühl, sich auf jemanden absolut verlassen zu können. Doch davon bekommt sie gar nichts mit.
    »Ihre Vermutung ist absolut perfide. Eine Ausgeburt an Kopfdisziplin«, redet sie deshalb weiter. »Sex im angedeuteten Zustand? Tsss!« Sie schüttelt gnadenlos den Kopf. »Das ist die schlimmste Form von allen.«
    Degenwald schluckt laut. Betroffen darüber, dass er mit einer Andeutung so viel angerichtet hat. Er entscheidet sich dafür, Annas Wortschwall nicht weiter zu kommentieren, greift stattdessen nach dem Handy, das er in der Hosentasche hat. Während er eine Nummer aufruft, steht plötzlich ein warmes Lächeln in seinem Gesicht.
    »Du kannst beruhigt sein. Dein Einwand ist angekommen. Jedes einzelne, emotionale Wort. In Anbetracht der Lage rufe ich als Erstes Ben an. Vielleicht hat deine Mutter ihm anvertraut, was sie heute vorhatte.«
    »Weise Entscheidung, Degi. Damit kann ich leben«, attestiert Anna. Endlich ist ihre Stimme ruhig und gefasst. Sie lehnt sich einen Moment gegen die kalte Lederbespannung des Sitzes zurück und streift Dino mit einem Blick. Draußen frischt der staubige Wind auf, der vor Kurzem begonnen hat, Ort und Umgebung einzunehmen.

     
    Elsa ist eingenickt. Ihr Antlitz liegt ruhig, fast friedvoll. Doch der Sturm, den der Sprecher im Bayernradio angekündigt hat, weckt sie unsanft. Saharawind hat er ihn genannt, fällt Elsa ein. Und tatsächlich, bald spürt sie einen schmirgelnden Belag auf der Zunge. Peeling von innen! Ihre Situation erscheint ihr inzwischen derart grotesk, dass sie nur noch dagegen anlachen kann. Den letzten Rest Angst hat sie sich in den vergangenen zwei Stunden wegerzählt. Angst macht das Blickfeld klein. Danach hat sie der Philosophie, Psychologie und Physik ein Hoch ausgesprochen. »Euch habe ich die wichtigsten Erkenntnisse meines Lebens zu verdanken, und natürlich Hartmut und Anna.« Elsa brüllt

Weitere Kostenlose Bücher