Engpass
präsentiert ham?«
Elsa schluckt, starrt Birgit unverwandt an, während sie fährt. »Was wollen Sie damit sagen, Frau Leiner?« Hinter Elsa betätigt eine Audi-Limousine mehrmals die Lichthupe. Sie hat das Tempo unmerklich gedrosselt. Schleicht mit 80 Stundenkilometern auf der linken Spur dahin.
Jetzt lächelt Birgit sanft zu ihr hinüber. Verklärt. Wie eine Madonna.
»Des sog i Eana glei. Nimmer lang, dann rollt sich’s auf. Wie a Film. Des ganze Drama.«
»Sie haben recht, Birgit. Beim Krimi im Fernsehen kommt das Beste auch immer zum Schluss«, entgegnet Elsa. Ihr Fuß drückt das Gaspedal durch und lässt die rote Nadel auf der Armatur vor sich nach oben schnellen.
Es ist elf Minuten nach fünf. Elsa befindet sich beim Verhör. Zwei leere Tassen Kaffee auf dem Tisch vor sich. Birgit Leiner sitzt stumm und starr da. Eine Zeit lang hat sie schmollend mitgespielt. Dann ausweichend. Argument um Argument entwickelte sie eine verwegene Story nach der anderen. Ohne Sinn und Ziel. Dazwischen wirkte sie panisch. Griff sich an die Stirn. Jammerte herum. Verlangte nach einer Unterbrechung. Wollte einen Arzt, der sich um sie kümmere. Eine Nackenmassage. Sie halte ihre Migräne nicht länger aus.
Mit sorgfältig ausgewählten Worten versucht Elsa, ihr zu Leibe zu rücken. Doch alles nützt nichts. Birgit spielt mit ihr. Trotzig wie ein kleines Kind verlangt sie mal dies, mal das. So etwas hat Elsa selten erlebt. Birgit zelebriert ihr einstudiertes Divengehabe, dass es schon ans Absurde grenzt. In Elsas Gehirn wechseln sich verschiedene Verhörvarianten, die sie noch ausprobieren könnte, pfeilschnell ab. Misstrauisch blickt die Haushälterin sie an. Elsa reicht ihr ein Glas Wasser und eine weitere Kopfschmerztablette.
»Wollen Sie nicht endlich mit mir reden, Frau Leiner? Vernünftig reden. Sich erleichtern? In der Hütte Ihrer Eltern habe ich alles gefunden, was ich brauche. Sie haben Fred Maihauser vergöttert. Silke, seine Frau, dagegen als Angriff auf seine Person und Ihre Moralvorstellungen empfunden. Das ging so lange, bis Sie es nicht mehr gepackt haben. Als der Zeitpunkt gekommen war, haben Sie Silke erdrosselt und hinterher, warum auch immer, Richtung Moor abtransportiert und dort versenkt.«
Birgit seufzt leise, spielt eine Weile stumm mit der Tablette herum. Schließlich legt sie sie auf die Zunge, spült mit Wasser nach und schluckt. Sie lehnt den Kopf nach hinten, schließt die Augen.
»Des Ganze, des bringt mi um.«
Elsa setzt sich, nachdem sie zuvor aufgestanden war und sich über den Tisch zu Birgit hinübergebeugt hatte. Sie bleibt am Rand des Stuhls kleben, um jederzeit reagieren zu können, auch körperlich. Ihre in zahlreichen Fällen erprobten Methoden versagen diesmal. Sie muss sich etwas anderes einfallen lassen. Improvisieren. Birgit Leiner scheint an diesem Nachmittag das Diffuse zu bevorzugen. Eine seltsam verlorene Aura umfängt sie.
Elsa verlässt wortlos das Zimmer. Im Nebenraum trifft sie auf Degenwald.
»Schwierige Angelegenheit«, meint der.
Elsa nickt. Sie wirkt wie eingesponnen in ihre eigenen Belange. Dann fährt sie sich wütend durchs Gesicht. »Verdammt.« Sie ärgert sich über ihren Misserfolg, will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Eine Weile verliert ihr Blick sich irgendwo in der Ferne, dann spricht sie weiter. »Anfangs hat es gut begonnen. Sie war zugänglich, geradezu gesprächig. Ich dachte, das werde ich im Handumdrehen erledigen.«
Degenwald schüttelt besänftigend den Kopf, sagt aber nichts mehr. Hält ihr stattdessen eine dritte Tasse Kaffee hin. Elsa nimmt den Espresso, nippt daran, verzieht die Lippen.
»Glauben Sie ihr den zweiten Mord an Aurelia Bramlitz? Den hat sie mir im Wagen, auf dem Weg hierher angedeutet.«
»Haben Sie’s auch eine Nummer kleiner?« Degenwalds Stimme klingt geschmeidig. »Vermutlich glaube ich ihr nicht. Oder doch? Keine Ahnung, um ehrlich zu sein.«
Elsa lässt sich erschöpft auf den Stuhl fallen, der vor ihr steht. Sie fährt sich, zum wiederholten Mal, mit den Händen durchs Haar.
»Soll ich weitermachen? Vielleicht bevorzugt sie einen Mann? So eine Art Werben um die Wahrheit«, schlägt Degenwald vor.
Elsa ist aufgesprungen, hat wieder Leben im Gesicht. Sie kippt den Rest Espresso hinunter und schiebt Degenwald dabei aus dem Zimmer.
»Genau! So machen wir’s. Wenn wir heute nicht mit einem positiven Ergebnis abschließen, drehe ich durch. Versuchen Sie Ihr Glück. Geben Sie’s ihr. Tun Sie, was immer
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