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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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scheint Fred Maihauser mit stoischer Ruhe zu erdulden. Während sie auf ihn einredet, sucht sein Blick nach Fehlern beim Putz.
    »Herr Maihauser«, holt Elsa ihn in die traurige Wirklichkeit zurück. »Hören Sie mir überhaupt zu?«
    Fred dreht den Kopf zu ihr. Obwohl es warm ist, scheint er gegen eine seltsame Kälte anzukämpfen. Er streift kurz ihren Blick, um sich dann wieder abzuwenden, hinein in eine Parallelrealität.
    »Also gut. Ich habe noch eine Frage. Wo waren Sie und Ihre Frau zum Zeitpunkt, als Aurelia Bramlitz ermordet wurde?«
    Maihausers Aufmerksamkeit erwacht augenblicklich. Um seinen Mund spielt ein spöttischer Zug.
    »Zu Hause. Vorm Fernseher«, antwortet er.
    »Sie haben gar nicht nach der genauen Zeit gefragt und geben mir bereits die Antwort?«
    »Wir waren den ganzen Abend und die ganze Nacht daheim. Da spielt die Uhrzeit keine Rolle.« Maihauser setzt ein sprödes Lächeln auf.
    Er fühlt sich sicher, weiß Elsa. Doch dagegen hat sie etwas in der Hand.
    »Eine wichtige Frage noch, Herr Maihauser. Überlegen Sie bitte gut, bevor Sie antworten. Wie erklären Sie sich, dass in Ihrer Küche ein Messer der Marke und Größe fehlt, mit dem Aurelia Bramlitz verletzt wurde?«
    Maihausers Blick wechselt sekundenschnell ins Geringschätzige. Er setzt eine bewusst gewählte Pose der Ignoranz auf.
    Elsa arbeitet daran herauszufinden, was oder wen er ignoriert. Sich selbst und seine Schuld? Die belastende Tatsache, nach der sie ihn fragt? Oder etwa die Person, die darin involviert ist und die er kennt?
    »Mein Kollege ist in diesen Minuten auf dem Weg zu Ihrem Haus, um die Tatwaffe in Ihren Messerblock zu stecken. Wenn ihm das gelingt, und es wird ihm gelingen, haben Sie ein Problem.«
    »Was sollte ich mit Aurelia Bramlitz zu schaffen haben?«, reagiert Maihauser unerwartet empört. Plötzlich ist sein Blick paralysiert vor Angst.
    Er kapituliert, stellt Elsa zufrieden fest. Eine Kapitulation vor sich selbst, direkt vor ihren Augen aufgeführt. All das nimmt sie mit Genugtuung zur Kenntnis.
    »Was Sie mit Frau Bramlitz zu tun hatten? Keine Ahnung. Sagen Sie’s mir. Ich habe Zeit. Und spätestens morgen früh einen Durchsuchungsbefehl für Ihr Haus und die Firma.«
    Elsa hat die Arme vor der Brust verschränkt. Ein Signal, dass sie nicht nachgeben wird. Sie wird sich alle Zeit nehmen, derer es bedarf, den Mord an Anong Bramlitz aufzuklären.
    »Also gut.« Maihauser schlingt die Hände ineinander. Seltsam verkrampft. Seine Miene gibt nach. Wird plötzlich schwermütig. Draußen schiebt sich der Mond ein Stück weit über die Hausdächer und Berggipfel.
    »Ich hatte eine Affäre mit Anong.«
    Elsa verschlägt es die Sprache. »Was sagen Sie da?« Sie starrt Maihauser mit weit aufgerissenen, fragenden Augen an.
    Der nickt phlegmatisch. Sein Gesicht eine einzige Farce. Die Haltung angespannt.
    »Sie hat mich seit jeher an Silke erinnert«, gesteht er. »Seit sie zum ersten Mal ihren Fuß in dieses Tal, unser Dorf gesetzt hat. Dieselbe Größe, derselbe kindlich naive Typ. Da ist es doch naheliegend, dass ein Mann reagiert.«
    Elsas Zeitachse beginnt sich zu verschieben. Ihre Hoffnung auf ein paar Stunden Schlaf sind in diesem Moment zunichte gemacht. Das Gespräch mit Maihauser wird in einem Verhör enden. So viel steht fest.

     
    Anna hockt im Kinosaal der Maihauser-Villa, während Dino den Beamer bedient.
    »Na, steigt die Spannung?« Er zwinkert ihr aufmunternd zu. »Gleich kriegst du die köstlichste Komödie seit Langem serviert. Schön schräg. 118 Minuten Abwechslung. Nicht nur Lars von Trier macht super Filme, sag ich dir.«
    Den Namen Lars zu hören versetzt Anna einen Stich. Sie versucht, darüber hinwegzugehen. Irgendwie gelingt es. Nicht ganz. Notdürftig. Aber immerhin.
    Oben hört man Schritte. »Was ist heute nur los?«, spricht Anna in Dinos Richtung. Es ist weniger eine Frage als eine Feststellung.
    »Glaubst du, dass eure Haushälterin was mit dem Mord an Silke zu tun hatte?« Anna gehen alle möglichen Dinge durch den Kopf. Kein Wunder nach dem Besuch und den Erklärungen ihrer Mutter.
    Dino zuckt mit der Schulter. »Die ist eigentlich immer nett, vielleicht ’ne Spur übertrieben fürsorglich. Vor allem, wenn’s um Fred geht. Aber nett. Völlig unspektakulär. Ein gewöhnlicher Mensch.«
    »Kommst du klar mit ihm? Mit Fred, deinem Stiefvater?«
    »Logisch! Geht schon. Er ist ohnehin selten da.«
    »Und deine Mutter? Keine Probleme? Ist doch üblich heutzutage.

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