Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
Vom Netzwerk:
sich um die Jausenplatte kümmern. Wenn sie Käse anstatt Fleisch haben konnte, würde sie Degenwald begleiten. Eine Stunde fernab jedes Mordhintergrundes würde vielleicht gute Dienste leisten.
    Elsa betritt die Küche von der Terrasse aus. Zielstrebig steuert sie das Waschbecken an, um sich dort die Hände zu waschen. Als das erledigt ist, will sie das Haus wieder verlassen. Bereits an der Tür, dreht sie sich noch mal um. Neben dem Waschbecken steht ein Messerblock aus Holz. In dem steckt fein säuberlich ein Messer neben dem anderen. Messer derselben Marke, mit dem Aurelia Bramlitz verletzt wurde. Ein Schlitz jedoch ist frei. Alarmiert steuert Elsa den Messerblock an. Sie tastet mit den Händen über den leeren Schlitz. Geübt zieht sie sämtliche Schubladen auf und durchsucht Läden und Geschirrspüler nach dem fehlenden Messer. Als sie sich schon freut, weil sie es nirgendwo findet, entdeckt sie es doch noch neben einer Brotdose in einem Rollschrank. Sie nimmt das Messer prüfend an sich, wischt Brotkrümel und Fettspuren in ein Handtuch und will es in den Schlitz des Messerblocks stecken. Überrascht bemerkt sie, dass es nicht ganz hineinpasst. Die Marke ist zwar dieselbe, aber die Größe passt nicht. Wie ein Fremdling ragt die Grifffläche des Messers in die Höhe. Elsas Gedanken geraten gehörig in Unordnung.

     
    Auf dem Weg zur Baustelle ruft Hartmut an. Erst jetzt fällt Elsa auf, wie lange sie nichts mehr von ihm gehört hat. Im Wust sich ständig erweiternder Recherchen, Überlegungen und ihrem Ausflug ins Gebirge hatte nichts Platz gehabt. Selbst ihr persönliches Schicksal nicht. Wie sehr hatte sie das genossen.
    Mit einem Schlag ist alles wieder da. Hartmuts Stimme katapultiert sie in ein Stück scheinbar endlos zurückliegender Vergangenheit, die sich uneingeladen in die Gegenwart stiehlt.
    »Ich will nur mitteilen, dass ich morgen zum Anwalt gehe. Die Scheidung einreichen. Du hattest recht. Mit allem, was du gesagt hast«, berichtet Hartmut.
    Unsere Zukunft ist an der Gegenwart gescheitert, durchpulst es Elsa. Das, was sie aus dem Mund ihres Mannes erfährt, ist die Konsequenz von allem, was in letzter Zeit passiert ist.
    Sie schluckt, darum bemüht, unbeirrt weiterzufahren. Solange sie fährt, ohne zu denken, kann ihr nichts geschehen.
    »Es gibt keinen Weg mehr für uns«, fügt Hartmut bitter an.
    »So schrecklich es auch sein mag und noch sein wird«, stellt Elsa ernüchtert fest, mitten in seine Stimme hinein.
    »Ja, vermutlich«, meint auch Hartmut. Er macht eine Pause. Der Ton seiner Sprache ist stumpf geworden. Elsa kennt das gut. Er steht kurz davor, ihr noch etwas anderes mitzuteilen. Er weiß nur noch nicht, wie er es anstellen soll.
    »Spuck’s aus«, versucht sie ihm behilflich zu sein. Dinge endlos hinauszuzögern, machte alles nur komplizierter.
    Elsa fährt weiter mechanisch geradeaus. Vermutlich hätte sie an der letzten Kreuzung rechts abbiegen müssen. Doch darum kann sie sich jetzt nicht kümmern. Sie schweigt in ihr Mobiltelefon. Genauso wie Hartmut. »Bist du noch dran?«, will sie nach einer Weile wissen.
    »Ich muss noch was loswerden«, ringt Hartmut sich endlich durch.
    Jetzt kommt’s. Jetzt ist er so weit, ahnt Elsa.
    »Ich will noch mal ganz von vorn beginnen, Elsa. Einen Neubeginn, eine zweite Chance.«
    »Und das heißt?«
    »Sie wird bei mir einziehen.«
    »Sie?« Elsa lacht kurz auf. »Du meinst, deine Tischgenossin.«
    »Hör auf, sie so zu nennen.«
    »Natürlich. Sag mir ihren Namen und ich werde ihn benutzen.« Elsa schafft es gerade noch, ein lautes, unwirsches Schnauben zu unterdrücken. »Ich wünsche dir viel Glück. Dir und deiner Geliebten.«
    »Das Leben ist noch nicht vorbei, Elsa. Das muss ich mir beweisen.« Hartmuts Stimme klingt krampfhaft bemüht. Alles Leichte, Selbstverständliche ist daraus verschwunden.
    »Ist das, was du mit dieser Frau erlebst, derart wenig wert, dass es einen solchen Beweis nötig hat?« Elsa zögert, ringt sich dann zu einem einzigen weiteren Satz durch. »Meinen Segen habt ihr, falls es das ist, worauf du scharf bist.«
    »Ich hab noch eine Bitte, Elsa. Ich weiß, es ist viel verlangt …, aber könntest du es Anna sagen?«
    Jetzt zieht sich alles in ihr zusammen. Du bist ein feiger Schuft!, denkt sie sich insgeheim. Feige, wie ich es dir nie zugetraut hätte. Doch das behält sie für sich.
    Stattdessen sagt sie: »Vergiss es, Hartmut. Du beginnst neu? Gut! Mach, was immer du willst! Aber sei dir darüber im Klaren,

Weitere Kostenlose Bücher