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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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weiß, Frau Kollegin. Aber da ich nun mal regelmäßig in der Gegend bin, war es kein Problem für mich. Ich komme gleich zum Wesentlichen. Der Hund ist, wie vermutet, einem Kumarinderivat der zweiten Generation zum Opfer gefallen. Ein relativ neuer Wirkstoff.«
    »Rattengift?«, fragt Elsa nach, obwohl sie es längst weiß.
    »Ganz genau. Ein Vitamin K-Antagonist. Führt zu Störungen der Blutgerinnung, zu Symptomen wie Blutergüssen und Blutaustritt aus Körperöffnungen. Das Übliche.«
    »Davon konnte ich mich überzeugen.« Elsa schluckt. »Der Hund hat an blutigem Durchfall und Erbrechen gelitten. Hat schrecklich ausgesehen.«
    »Die Giftstoffe zur Bekämpfung von Ratten und Mäusen werden immer aggressiver«, setzt Hörnchen seine Erklärungen fort.
    »Wie lange ist die Vorlaufzeit, um es mal so auszudrücken?«, will Elsa wissen. Sie steht vor ihrem Wagen, unfähig, die Tür zu öffnen oder einzusteigen.
    »Die für Tierhalter sichtbare Reaktion eines Hundes auf derartige Gifte erfolgt meist erst nach zwei bis drei Tagen. Dann ist es auch für eine Behandlung zu spät. Meistens jedenfalls. Das Tier leidet in den ersten ein, eineinhalb Tagen lediglich unter Müdigkeit und Depressionen. Stellen Sie sich die Symptome vieler Senioren vor. Müdigkeit, ein Gefühl von Mattigkeit. Mehr nicht.«
    »Derjenige, der den Giftmord vornimmt, muss die schrecklichen Auswirkungen nicht mit ansehen«, resümiert Elsa.
    »Zu dem Zeitpunkt noch nicht. Später allerdings schon. Dann, wenn das Erbrechen und der blutige Durchfall einsetzen und der Tod durch Organversagen sich näher und näher heranpirscht. Das Tier verblutet innerlich.«
    »Wenn der Tod erst nach zwei, drei Tagen eintritt …«, beginnt Elsa.
    »… wegen der Depotwirkung des Giftes«, unterbricht Hörnchen sie.
    »… dann hat Birgit Leiner schon vor zwei oder drei Tagen mit ihrem teuflischen Plan begonnen«, bringt sie ihre Überlegungen zu Ende.
    »Sieht ganz so aus, als habe sie auf Sie gewartet, Frau Wegener. Sicher hat Sie sich längst damit auseinandergesetzt, dass es eng für sie werden könnte.«
    »Sie haben recht. Nur so kann es gewesen sein«, bestätigt Elsa und legt schweigend auf.
    Noch immer steht sie vor ihrem Wagen, den Schlüssel einsatzbereit in der Hand. Kurz dreht sie ihren Rücken aus dem Schatten der Garage. Doch irgendetwas in ihr sträubt sich dagegen, die Augen dem grellen Tageslicht auszusetzen.

     
    Eine Viertelstunde später ist sie bei Hanne Maihauser. Die Frau des Bauunternehmers sitzt ihr im Salon gegenüber, der mit teuren Antiquitäten und moderner Kunst ausgestattet ist. Vor sich hat Elsa eine Tasse Kräutertee stehen, um die sie gebeten hatte.
    »Ich habe gestern noch mit Dino gesprochen, und natürlich mit meinem Mann. Das, was um uns herum passiert, ist ein einziges Trauerspiel«, beginnt Hanne Maihauser das Gespräch. Sie schiebt ihren Kaffee unentschlossen von sich weg.
    »Das alles muss nicht leicht für Sie sein, Frau Maihauser. Zuerst Silkes Maihausers Leiche und dann die von Hasso. Ganz abgesehen vom Tod der Aurelia Bramlitz.«
    Hanne zeigt keine Reaktion auf Elsas Eröffnung, schaut sie einfach nur an, mit undurchschaubarer Miene. Im Haus herrscht fast unnatürliche Ruhe. Keinerlei Geräusche, die die Stille um sie herum unterbrechen.
    »Kannten Sie einander gut? Frau Bramlitz und Sie?«, fragt Elsa.
    Hanne zieht die Kaffeetasse nun doch zu sich heran, gibt zwei Stücke Zucker und einen Spritzer Sahne hinein und beginnt zu rühren. Während sie mit ihrem Kaffee beschäftigt ist, scheint sie nach der passenden Antwort auf Elsas Frage zu suchen. Offenbar keine leichte Angelegenheit.
    »Ob wir einander gut kannten?« Hanne schaut endlich von ihrem Kaffee auf. »Was heißt schon gut? Wenn man in dörflicher Struktur lebt, wie mein Mann und ich, begegnet sich die sogenannte Prominenz in regelmäßigen Abständen. Zu der gehört natürlich auch die Familie Bramlitz.«
    Die Sonne, die von draußen hereinscheint, leuchtet Hannes Gesicht mit einem Mal grell aus. Fast erschrocken wendet sie sich ab, steht auf, geht zum Fenster und fährt die Markise draußen heraus, um das Tageslicht auszusperren.
    »Ich habe gestern mit Ihrem Mann gesprochen und vielleicht hat er danach sogar noch mal mit Ihnen geredet?« Elsa hält inne und sucht nach gravierenden Mängeln in Hanne Maihausers Gesicht.
    »Worüber sollte mein Mann mit mir sprechen, Frau Wegener?« Vorsichtig nimmt Hanne wieder Platz. Elsa merkt ihr an, dass sie sich

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