Entbrannt
gespannt.
»I ndem wir an Orten nachschauten, wo Engel, die einst auf Erden waren, sie vielleicht zurückgelassen hatten. Wir durchsuchten ägyptische Gräber, die aus der Zeit vor der Flut stammten, bis wir 1922 schließlich eine kleine Phiole in einem neu entdeckten Grab fanden.«
Steph schnappte nach Luft. »T utanchamun.«
Evelyn nickte.
»W arum Ägypten?«, wollte Lincoln wissen.
»M anche Pharaonen glaubten, dass dieser Trank sie nach ihrem Tod zu Engeln machen und böse Geister fernhalten würde. Sie nannten ihn den Ersten Atemzug des Jenseits.«
Mir lief ein Schauder über den Rücken.
»W enn dieser Trank sie nur außer Gefecht setzt, würden dann nicht auch Violets Kräfte reichen?«, fragte Griffin.
Ich verdrehte die Augen. Griffin und Evelyn hatten offenbar über mich geredet. Ich hatte ihr nie erklärt, wie weit meine Kräfte gingen, und ich hatte Dad darum gebeten, nicht mit ihr darüber zu sprechen. Aber ihrer Miene nach zu urteilen, überraschte es sie nicht, dass ich Verbannte bewegungsunfähig machen konnte, und zwar ohne den Körperkontakt, den andere Grigori dafür benötigten.
»D as könnte gehen…«, sagte Evelyn zu Griffin. »A ber ich zweifle sehr daran, dass sie schon stark genug ist.«
Wie nett.
Verteidigend knirschte ich mit den Zähnen. »U nd ich zweifle sehr daran, dass du irgendeine Ahnung hast, wie stark ich bin!«
Evelyn ignorierte mich und sprach weiter. »U nd wenn wir uns auf Violet verlassen, gehen wir ein großes Risiko ein. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr frage ich mich, ob das genug sein wird. Ich würde es vorziehen, wenn nicht alles in ihrer Hand läge.«
»J a, Gott bewahre«, höhnte ich. »W ir wissen beide, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich umgebracht werde, bevor ich von echtem Nutzen sein kann, größer als alles andere ist.«
Evelyn starrte mich direkt und ohne zu blinzeln an. »G enau.«
»W as?«, zischte Dad und sah Evelyn an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Unwillkürlich war ich froh, dass er endlich anfing, ihr wahres Ich zu erkennen.
Evelyn wandte sich zu ihm um. »W ir könnten bei dem Versuch, sie aufzuhalten, alle umkommen, James. Ich habe unzählige Menschen und viel zu viele Grigori durch ihre Hand sterben sehen. Wir müssen Verantwortung übernehmen und Pläne für jedes mögliche Resultat machen.«
»E rzähl uns mehr von diesem Gift«, hakte Griffin nach. »W ie finden wir es?«
Sie schüttelte den Kopf. »D as ist es ja. Wir haben ein halbes Jahrhundert gebraucht, um die Phiole zu finden, und wir haben sie aufgebraucht. Ihr werdet niemals mehr davon finden.«
»W ie heißt es?«, fragte Steph. Eifrig hatte sie jedes Detail, das Evelyn ihnen geliefert hatte, mitgeschrieben.
»E s hat mehrere Namen. Qorot ist einer davon, aber am verbreitetsten ist Qeres.«
»D as Parfüm?«, fragte Steph. »D arüber habe ich gelesen– es wurde im Mumifizierungsprozess verwendet.«
Evelyn wirkte beeindruckt. »J a, aber das, was man als Qeres bezeichnet, ist einfach nur das, was es ist– ein Parfüm. Das ursprüngliche Gebräu war etwas ganz anderes: zum einen eine Waffe der Engel, zum anderen ein Mittel, um die heiligen Tabernakel anzuheben, damit sie machtvoller wurden als alles andere auf der menschlichen Welt.«
Ich dachte an die Bundeslade, die wir in Moses’ Grab in Jordanien geöffnet hatten. Die hatte bestimmt nicht gewirkt, als wäre sie von dieser Welt.
»K ennst du irgendwelche Bücher, die uns helfen könnten?«, fragte Steph.
»N ein«, erwiderte Evelyn. »E s gibt Gerüchte über uralte Texte, die seine Geschichte dokumentieren sollen, aber sie wurden vor langer Zeit zerstört. Die meisten Zutaten kenne ich– Weihrauch, Myrrhe und Lotus zunächst einmal– einfache, erdgebundene Bestandteile. Aber wir kannten immer nur zehn der Zutaten mit Sicherheit, die beiden Übrigen können wir nur erraten. Dieses Problem und der nicht identifizierte dreizehnte Bestandteil sind die Gründe, weshalb wir den Trank in fertigem Zustand finden müssen.«
Steph stand auf und starrte ins Leere.
»W as denkst du?«, fragte Griffin. Er hatte Stephs streberhafte Tendenzen respektieren und schätzen gelernt.
»W ir sollten mit Dapper reden. Ich glaube, wenn jemand weiß, wo man Hinweise zu diesem Zeug finden kann, dann er«, sagte Steph.
»D apper?«, fragte Dad.
Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als ich Dad und Evelyn ansah. Lincoln schien ebenfalls belustigt. Meine Eltern würden nicht nur Dapper
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