Entdecke die Kraft der Meditation
kratzen, dann das Eintauchen des Geschirrs, bürsten, nachspülen, abtrocknen. Tun Sie all das ohne Eile, nehmen Sie die Einzelheiten deutlich wahr. Können Sie beim Säubern eines Geschirrteils völlig präsent bleiben? Kommen Sie darin zur Ruhe? Finden Sie es langweilig? Achten Sie auf Gefühlsregungen, wie sie kommen und gehen – Ungeduld, Müdigkeit, Abneigung, Gelassenheit. Versuchen Sie alle Gedanken und Gefühle einfach als das zur Kenntnis zu nehmen, was sie sind: Das geschieht eben jetzt, und es ist völlig in Ordnung.
Vielleicht fallen Ihnen auch lauter urteilende Gedanken auf: Das war der falsche Tee. Ich trinke zu viel Tee. Ich lasse mir nie richtig Zeit zum Teegenuss. Ich sollte was Nützliches tun und nicht am Tee riechen. Ist überhaupt noch genug Tee da? Vermerken Sie die Gedanken, um sie dann gleich wieder loszulassen und zu dem zurückzukehren, was sich eben jetzt an tatsächlicher Erfahrung bietet. Nur dies. Nur Teetrinken.
Betrachtungen zur zweiten Woche
Manche Leute, die zum ersten Mal die Meditation im Gehen machen, spüren ihre Füße so wenig, dass sie nach unten blicken müssen. Die Übung führt uns näher an die im Körper erlebbaren Empfindungen heran, damit wir nicht werden wie der gänzlich von sich selbst abgeschnittene Mr. Duffy in der Erzählung »Ein betrüblicher Fall« aus James Joyces Dubliner . Bei diesem langsamen kontemplativen Gehen bekommen wir einen frischen, direkten Eindruck von unserem Körper – und der besteht, was unsere Füße angeht, nicht aus Hörensagen oder Erinnerungen, sondern ist das, was unsere Füße tatsächlich gerade fühlen. Mit dieser Übung bringen wir achtsame Bewegung in unseren Alltag.
Bei der Körperempfindungs-Meditation stoßen wir auf den Unterschied zwischen der tatsächlichen Körpererfahrung und all den Zusätzen, die wir gewohnheitsmäßig und automatisch der Erfahrung noch anfügen. Mithilfe dieser Meditation können wir lernen, Empfindungen ihren natürlichen Lauf nehmen zu lassen, ohne diesen Lauf durch Festhalten, Verurteilung oder das Kappen der Verbindung zu behindern. Solche bedingten Reflexe rauben uns einiges an echten Glückschancen. Wie oft haben wir uns schon köstliche Augenblicke durch Gram über ihr baldiges Ende verdorben? Ich denke an die junge Mutter, die mir erzählte, dass sie jetzt schon mit Wehmut daran dachte, wie ihre Tochter größer werden und ihrer Obhut entwachsen würde – sie war kaum noch in der Lage, das entzückende Baby in ihren Armen zu sehen. Oft bringen wir uns mit dem Bemühen, Schmerzen zu vermeiden, um den süßen Anteil alles Bittersüßen – etwa die Gelegenheit, an einer Herausforderung zu wachsen, oder anderen zu helfen beziehungsweise Hilfe von ihnen anzunehmen. Und wie viele kleine Freuden entgehen uns, weil wir etwas Großes und Dramatisches zu brauchen glauben, um uns lebendig zu fühlen. Achtsamkeit erlaubt uns, diesen Augenblick – »die aufblühende Gegenwart«, wie Thoreau sagte – ganz zu erleben und sozusagen im Leerlauf zu rollen, um die kleinen, aber gehaltvollen Augenblicke nicht zu verpassen, die zusammen ein Leben ausmachen.
Sehr wertvoll ist die Körperempfindungs-Meditation auch für einen achtsamen Umgang mit Schmerzen. Sie lehrt uns, ganz bei der gerade gegebenen Schmerzerfahrung zu bleiben, anstatt noch vorgestellte Nöte und Schwierigkeiten hinzuzufügen. Wenn wir den Schmerz genau betrachten, werden sich Veränderungen zeigen, und das gilt für Kopfschmerzen ebenso wie für Herzeleid. Das Ungemach nimmt zu und ab, und zwischen den unangenehmen Phasen gibt es Ruhepausen. Haben wir erst einmal erlebt, dass Schmerz nicht konstant, sondern etwas Lebendiges und Schwankungen Unterworfenes ist, wird er uns nicht mehr gar so fest gefügt und unüberwindlich erscheinen.
Schmerz lässt sich nicht vermeiden, aber unsere Reaktionen können wir ändern. Eine meiner Schülerinnen nutzte die Körperempfindungs-Meditation, um hartnäckige chronische Schmerzen in den Griff zu bekommen, die Folgen einer Borreliose, wie sich später herausstellte. Immer und immer wieder holte sie ihr Bewusstsein zu dem zurück, was sie gerade erlebte, in diesem einen Augenblick, der sich ihr eben bot. Sie beobachtete die Gezeiten des Schmerzes, seinen Ort, die Bahnen, die er nahm, seine Gestalt, seine Beschaffenheit – mal pulsierend, mal ausstrahlend, manchmal blitzartig zuckend. Sie wollte einfach sehr genau sein, um alle Veränderungen mitzubekommen. So stieß sie auf Augenblicke der
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