Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
gerade so, dass er seine Wachsamkeit vergaß.
Ohne etwas wahrzunehmen, starrte sie durch das Fenster der Kutsche auf die kleiner werdende Menschenmenge am Piccadilly und erinnerte sich daran, dass es bei der Sache nicht um sie ging, sondern um größere Dinge. Es ging um eine ernste Angelegenheit, nicht um irgendeine leidenschaftliche Affäre. Und doch, heute Nachmittag neben ihm zu sitzen – ihn fast intim zu berühren und sich danach zu sehnen, dass er die Berührung erwiderte –, machte es Xanthia schwer zu akzeptieren, dass de Vendenheims Behauptungen der Wahrheit entsprachen.
War sie wirklich eine solche Närrin? Nash war berechnender und kontrollierter als jeder Mann, dem sie bis jetzt begegnet war. Im Grunde genommen verstand sie sehr gut, dass sie ihm nicht gewachsen war. Er war kein betrogener und stolzer Mann wie Gareth Lloyd, den sie beherrschen konnte. Nash war unbeherrschbar in jeder Hinsicht, das wusste sie. Und trotzdem war sie nicht zurückgeschreckt. Oh ja. Närrin war in der Tat das richtige Wort.
Sie spürte den Ruck, als die Kutsche am Berkeley Square anhielt, und hörte, wie Sharpes Diener die Kutschenstufen hinunterklappte. Xanthia zwang ihre Gedanken zurück in die Gegenwart, küsste Louisa auf die Wange und dankte Sharpe für den angenehmen Nachmittag. Als sie zur Haustür hinaufschritt, sehnte sie sich nur noch nach einem heißen Bad, einem Glas Sherry und der Stille ihres Schlafzimmers, wurde aber stattdessen darüber informiert, dass ein Besucher seit einer Stunde – oder auch schon länger – auf ihre Rückkehr wartete.
Augenscheinlich sah man ihr die Verärgerung an.
»Es ist wieder dieser geckenhafte Gentleman, Miss«, wisperte Trammel ihr zu. »Und er hat eine Hutschachtel dabei. Seine Lordschaft ist ausgegangen, aber dieser aufdringliche Mensch hat ohnehin nach Euch gefragt. Ich habe ihn mit einem Glas vom besten Brandy seiner Lordschaft in den Gelben Salon geführt, aber er wollte ihn nicht trinken. Hat daran gerochen und das Glas wieder weggestellt. Habt Ihr so etwas schon einmal erlebt, Miss?«
Die Miss hatte nicht. Vielleicht sollte sie ja in den Gelben Salon gehen und an seiner statt den Brandy trinken. Gott wusste, dass sie etwas brauchte, das sie wieder aufbaute. Gereizt ging sie die Treppe hinauf und zum Salon.
»Guten Tag, Mr. Kemble«, sagte sie, während sie so munter in den Raum rauschte, wie sie nur konnte. »Was für eine entzückende Überraschung.«
»Meine liebe Miss Neville.« Der elegante Gentleman machte eine tiefe Verbeugung. »Ich sehe, Ihr seid meinem Rat gefolgt – oder beinahe jedenfalls.«
Sie sah ihn einen Moment lang verständnislos an, bis sie bemerkte, dass er auf ihr Kleid schaute. »Oh, das«, sagte sie und berührte leicht den Stoff. »Es ist von einfachem Blau und Grau.«
»Nichtsdestotrotz wirkt die Farbe sehr schmeichelnd«, entgegnete Mr. Kemble. Seine Worte klangen eher kühl, fast so, als unterhielten sie sich über eine geschäftliche Angelegenheit, und vielleicht taten sie das ja auch. Genau genommen täte Xanthia vermutlich gut daran, sich genau diese Sichtweise zu bewahren. Es war eine geschäftliche Angelegenheit.
»Ich habe Euch ein Geschenk gebracht«, sagte Mr. Kemble und zog eine kleine Hutschachtel hervor.
»Ein Geschenk?« Xanthia nahm sie entgegen und setzte sich. »Das hättet Ihr wirklich nicht tun müssen.«
Mr. Kemble nahm ebenfalls Platz. »Ihr müsst die Schachtel öffnen, meine Liebe. Wir müssen sehen, ob es passt.«
Xanthia spürte, wie ihre Augen sich vor Überraschung weiteten, aber sie tat, worum er sie gebeten hatte. Es war höchst ungehörig für einen Gentleman, einer unverheirateten Lady ein Geschenk zu machen, und sie ahnte bereits, dass dieses in irgendeiner Art und Weise anders sein würde.
Ihre Augen wurden noch größer, als sie den Deckel anhob. Tatsächlich. Ganz entschieden war dieses Geschenk anders. Xanthia schaute auf einen schmalen Ledergurt mit einer Tasche daran, der in eine Lage von Holzspänen gebettet war – in der Tasche steckte eine kleine silberne Pistole. Vorsichtig nahm Xanthia sie heraus.
»Habt Ihr eine Ahnung, wie man sie benutzt?«, fragte Mr. Kemble hoffnungsvoll.
Xanthia legte die Waffe auf ihre Knie. »Eigentlich schon, doch ich bin außer Übung.«
»Sie hat keine große Reichweite«, sagte Mr. Kemble mit einer lässigen Handbewegung. »Ich werde mich jetzt umdrehen, Miss Neville, und wünsche, dass Ihr Eure Röcke lüftet und den Gurt anlegt.«
Sie sah ihn
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