Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
»Ich denke, wir sollten erst einmal essen.«
Sie beobachtete, wie ihr Bruder verkrampft lächelte. »Unter allen Umständen«, sagte er, »ich würde eine Dame doch nie warten lassen.«
Xanthia zwang sich zu einem leichten Lachen. »Nicht einmal, wenn die Dame dich hat warten lassen?«, fragte sie. »Und dich durch ihre Abwesenheit den Ratschlägen und der Fürsorge Mr. Kembles ausgeliefert hat?«
»Oh, dafür wirst du bezahlen, Schwesterchen«, warnte er und bot ihr seinen Arm.
Xanthia warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. »War es sehr schlimm?«
»Ja, offensichtlich bin ich ein alternder Lüstling«, sagte Kieran und führte Xanthia ins Speisezimmer. »Ein Trunkenbold, der sein gutes Aussehen verloren hat und jetzt an türkischem Opium und der gekauften Zuneigung syphilisverseuchter Prostituierter zugrunde gehen wird.«
»Du liebe Güte! Ich bin sehr froh, dass ich die Unterhaltung verpasst habe.«
Sie aßen in einträglichem Schweigen. Xanthia fragte sich, was Mr. Kemble wirklich zu Kieran gesagt hatte, denn was immer es gewesen war, ihr Bruder schien darüber nachzugrübeln. Doch vielleicht quälten ihn auch nur wieder die blauen Teufel, die Nachwehen seiner Trinkerei. Sie seufzte innerlich und bedeutete dem Diener, ihr Wein nachzufüllen. Kieran würde heute Nacht allein mit seinen Dämonen fertig werden müssen. Xanthia hatte nicht die Kraft, ihm dabei zu helfen.
Der Tag in Wapping war eine lange, harte Plackerei gewesen. In der Hektik der üblichen Arbeit hatte sie nicht nur eine, sondern gleich zwei Nachrichten an Nash geschrieben – und sie natürlich sofort wieder zerrissen. Dann waren sie und Gareth einmal mehr wegen Terminplanungen aneinandergeraten, was damit geendet hatte, dass sie einige seiner Entscheidungen widerrufen hatte, etwas, was sie eigentlich zu vermeiden suchte. Aber die Anforderungen, die Gareth an die Schiffe und deren Kapitäne stellte, waren nicht mehr zu tolerieren. Es war wirklich unmenschlich, die Seeleute nach so kurzer Zeit an Land schon wieder auf Fahrt zu schicken und sich zu benehmen, als wären alle anderen ebensolche gefühllosen Maschinen wie die, zu der er selbst offensichtlich geworden war.
Oh, Xanthia mochte Gareth. Auf ihre Art liebte sie ihn sogar, doch diese Zuneigung hatte sie ihn auch so sehen lassen, wie er war: ein intelligenter, manchmal arroganter Mann, der übertrieben ehrlich war und besser aussah, als gut für ihn war. Kieran hielt sie für eine Närrin, weil sie Gareth nicht heiratete, doch Xanthia wusste, dass ihr etwas an ihm fehlte. Sie wollte von ganzem Herzen lieben – denn wenn sie das tat, würden die Opfer, die eine Ehe von ihr fordern würde, vielleicht kein zu hoher Preis sein.
Sie hatte oft erwogen, Gareths Antrag anzunehmen, aber ihr war klar geworden, dass das nicht möglich war, solange sie den Gedanken nicht loswurde, welche Auswirkung eine solche Ehe auf Neville Shipping hätte. Würde Gareth darauf bestehen, die Leitung zu übernehmen, wären sie erst verheiratet? Vermutlich. Gareth hatte einmal angedeutet, dass er glaubte, Xanthia wäre glücklicher, wenn sie ein Heim und Kinder hätte, um die sie sich kümmern müsste. Er könnte darauf beharren. Aber wenn sie weiterhin zusammenarbeiteten, jahrelang und Seite an Seite, würde das nicht vielleicht dahin führen, dass sie einander langweilig fanden?
Das Risiko war zu groß, das hatte Xanthia bald erkannt. Der anhaltende Erfolg des Unternehmens musste Priorität haben. Und wenn es ihr möglich war, das Geschäft als vorrangig zu betrachten – es als die Sache zu sehen, um die sich ihre Ehe drehen musste –, dann war Gareth nicht der richtige Mann für sie. Zudem verdiente er etwas Besseres als eine Ehefrau, die ihn nicht genügend liebte, um ihn zu ihrer obersten Priorität zu machen.
Lord Nash war mittlerweile zu einer schrecklichen Ablenkung in ihrem Arbeitsalltag geworden. Doch abgesehen davon bezweifelte Xanthia, dass er sich je selbst Probleme dadurch schaffen würde, indem er sich absichtlich in ihre Arbeit einmischte. Manchmal fühlte es sich an, als kreisten all ihre Gedanken bereits um ihn. Wenn er im selben Zimmer wie sie war, war sie bereits unfähig, klar zu denken – ein schlechtes Zeichen, so fürchtete sie. Als Nash sie geküsst hatte, war ihr zumute gewesen, als verlöre sie den Boden unter den Füßen. Sie hatte nur noch eins gewollt: von ihm berührt zu werden. Neville’s konnte ihr gestohlen bleiben, wenn sie in seinen Armen lag, und das war ein Risiko
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