Entflammte Nacht
Werbungsphase um die junge Dame gesprochen haben?«
»Doch nicht das schon wieder!«
»Nein nein, nicht ganz. In Anbetracht ihrer Flucht aus London und dem allgemeinen verleumderischen Klatsch, den das zur Folge hatte und der seitdem die Gesellschaftsspalten der Zeitungen füllt, ist nun öffentliches Katzbuckeln erforderlich.«
»Was? O nein, ich weigere mich ausdrücklich!«
»Ich glaube nicht, dass Sie da eine Wahl haben, Mylord. Am besten wäre ein Brief an die Morning Post, eine Art Widerruf. Darin sollten Sie erklären, dass alles ein schreckliches Missverständnis war. Preisen Sie das Kind als ein modernes Wunder. Behaupten Sie, dass Sie bei der Zeugung die Hilfe irgendeines Wissenschaftlers in Anspruch nahmen. Wie wäre es mit diesem MacDougall? Nach dem Vorfall mit dem Golem ist er uns schließlich noch einen Gefallen schuldig, nicht wahr? Und er ist Amerikaner. Er wird nichts gegen die daraus resultierende Aufmerksamkeit einzuwenden haben.«
»Sie haben ziemlich gut darüber nachgedacht, nicht wahr, Randolph?«
»Jemand musste das schließlich tun. Ganz offensichtlich stand Nachdenken in den letzten paar Wochen nicht gerade sehr weit oben auf Ihrer Prioritätenliste.«
»Genug jetzt! Ich stehe im Rang immer noch über Ihnen!«
Professor Lyall dachte kurz darüber nach, dass er mit seiner letzten Aussage gegenüber seinem Alpha möglicherweise ein bisschen zu weit gegangen war, aber er ließ sich nicht einschüchtern.
»Wo ist denn nun mein Mantel? Und wo steckt Rumpet?« Lord Maccon warf den Kopf in den Nacken. »Rumpet!«, brüllte er, während er die Treppe hochstürmte.
Der Butler kam ihm am oberen Treppenabsatz entgegen. »Sie haben gebrüllt, Sir?«
»Schicken Sie jemanden in die Stadt, um mir eine Passage für die nächstmögliche Überfahrt aufs Festland zu buchen. Vermutlich ist es gleich die erste morgen früh. Und von dort will ich von Frankreich aus mit dem Zug zur italienischen Grenze.« Er drehte sich zu Lyall um, der auf gesetztere Weise die Treppe aus dem Verlies heraufgekommen war. »Dort ist sie doch hin, nicht wahr?«
»Ja, aber woher wissen Sie …?«
»Weil ich an ihrer Stelle dorthin reisen würde.« Er wandte sich wieder an den Butler. »Dürfte nicht viel länger als einen Tag quer durch Frankreich brauchen, und morgen Nacht renne ich im Wolfspelz über die Grenze. Zum Teufel mit den Konsequenzen! Ach, und …«
Diesmal war es an Professor Lyall, ihm ins Wort zu fallen. »Verschieben Sie diesen Auftrag, Rumpet.«
Knurrend wandte sich Lord Maccon zu seinem Beta um. »Was denn nun schon wieder? Ich werde auf meinem Weg bei der Post vorbeisehen und sie dazu bringen, eine öffentliche Entschuldigung zu drucken. Sie ist höchstwahrscheinlich in Gefahr, Randolph, von schwanger ganz zu schweigen! Ich kann sie unmöglich zurückgewinnen, indem ich hier in London noch mehr Zeit vergeude.«
Professor Lyall holte tief Luft. Er hätte wissen müssen, dass Lord Maccon, wieder im vollen Besitz seiner Kräfte, überstürzt handeln würde. »Es geht um mehr als nur die normalen Zeitungen. Die Vampire haben Ihre Frau in der Presse in den Schmutz gezogen und sie aller Arten von Indiskretionen beschuldigt, und wenn ich mich nicht völlig irre, hat all das mit Alexias Schwangerschaft zu tun. Die Vampire sind nicht erfreut darüber, Mylord, ganz und gar nicht erfreut.«
»Widerliche kleine Blutsauger. Ich werde das schon in Ordnung bringen. Warum waren Lord Akeldama und seine Jungs nicht in der Lage, diesem Klatsch entgegenzuwirken? Und warum hat Lord Akeldama die Schwangerschaft meiner Frau nicht gleich entsprechend zu erklären versucht? Ich wette, er weiß, wie das möglich war. Er ist doch angeblich so allwissend. Könnte sogar Edikt-Bewahrer sein, wenn ich mit meiner Einschätzung nicht völlig danebenliege.«
»Das ist das andere Problem: Er ist verschwunden, zusammen mit all seinen Drohnen. Wie es aussieht, suchen sie etwas, das der Wesir ihm gestohlen hat. Ich habe versucht herauszufinden, was und warum und wo, aber in letzter Zeit war alles ein wenig hektisch. Sowohl BUR - als auch Rudelangelegenheiten kamen mir immer wieder dazwischen. Ganz zu schweigen davon, dass aus den Vampiren nicht wirklich etwas Interessantes herauszubekommen ist. Also, wären nicht Mrs. Tunstell und der Hutladen gewesen, wüsste ich womöglich nicht einmal das Wenige, das ich weiß.«
»Hutladen? Mrs. Tunstell?« Lord Maccon blinzelte verständnislos angesichts dieser Tirade seines sonst so ruhigen
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