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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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hast ja keine Ahnung, wie sehr ich es versucht habe.« Seine Stimme brach, und für einen Augenblick schloss er die Augen.
    Sie zeichnete mit dem Zeigefinger die Linie seiner linken Augenbraue nach. Das hatte sie früher oft getan, hatte die Braue mit der winzigen, weißen Narbe erkundet, die zwischen den weißblonden Haaren fast unsichtbar war. Mit der anderen Hand umschloss sie seinen Hinterkopf. Die kurzen Stoppeln kitzelten ihre Handfläche, als sie sein Gesicht zu sich heranzog. Sein Mund legte sich hungrig auf ihren. Es war ein Kuss, der ihnen keine Zukunft versprach. Dennoch konnte sie nicht von ihm lassen.
    Als sein Mund sich von ihrem löste, hielt er sie weiter fest. Aber seine Worte schickten einen Kälteschauer durch ihren Körper. »Sarah, wem schickst du das Geld?«
    »Meiner Familie. Damit sie irgendwann die Farm zurückkaufen kann.«
    »Nein, das tust du nicht.«
    »Ihnen ist nichts geblieben.«
    »Nein. Dir ist nichts geblieben«, sagte er. »Deine Familie ist tot, Sarah. Sie haben es nicht überlebt, als ihre Farm übernommen wurde. Du bist die Einzige, die überlebt hat. Und auch nur, weil du weggelaufen bist.«
    »Hör auf damit, Clutch. Halt den Mund. Du weißt nicht, wovon du sprichst.« Sie kämpfte gegen seine Umarmung, aber dieses Mal ließ er sie nicht gehen.
    »Ich habe mich erkundigt … Ich wollte helfen. Sie sind tot.«
    »Nein!«
    »Sie starben an dem Tag, als ihnen ihr Land weggenommen wurde. Ich verstehe die Lügen, die du dir selbst erzählst, ich verstehe, dass du nur so überleben kannst. Aber sie sind tot. Lass sie los.«
    Lass sie los …
    »Ich hab’s versucht … habe versucht, meine Mutter und meine Schwester mitzunehmen, aber sie hörten nicht auf mich. Sie dachten, sie könnten mit ihnen reden …« Sarah verstummte. Ihre Stimme brach, und es fühlte sich an, als bewege sich der Boden unter ihren Füßen.
    »Du wusstest es besser.«
    »Der Mob wollte nicht reden.«
    »Es ist nicht dein Fehler, dass du weggelaufen bist. Dass du überlebt hast.« Seine Stimme klang grimmig. Wenn sie doch nur glauben könnte, was er sagte. Wenn sie ihm bloß glauben könnte.
    »Was hast du mit dem Geld gemacht?«, fragte er erneut.
    Das Geld … so viel Geld. »Ich habe es auf ein Konto eingezahlt, auf das auch meine Eltern Zugriff hatten. Ich habe immer gehofft, dass es eines Tages genug sein würde.«
    Er löste sich von ihr und zwang sie, ihm in die Augen zu blicken. Sie sah nichts als Mitgefühl darin, Verständnis. Keine Spur von Mitleid oder Wut. Vielleicht sah sie sogar Liebe.
    »Jetzt ist dieser Tag gekommen, Sarah. Und es ist genug. Es war schon immer genug.«
    Sarah stand so lange in Clutchs Armen, bis die Sonne über sie hinweggewandert war und wieder lange Schatten warf. Sie ließ sich von seiner Stärke umhüllen, bis sich ihre Verwirrung legte.
    Nach fünf Jahren war ihr Geheimnis endlich gelüftet worden. Das erdrückende Gewicht ihrer Verantwortung wurde leichter, und ihr wurde fast ein wenig schwindelig, als es nicht mehr auf ihre Schultern drückte.
    »Warum hast du dich nach ihnen erkundigt?«, fragte sie und hob ihren Kopf von seiner Brust, um in seine Augen zu blicken.
    »Ich habe gedacht, wenn sich jemand um sie kümmert, würdest du dich von der Vorstellung verabschieden, wie ich zu werden.«
    »Du musst glauben, dass ich verrückt bin.«
    »Nein. Du bist nicht verrückter als ich«, sagte er, zog sie wieder an sich und murmelte an ihrer Wange: »Sarah, bitte. Du kommst wieder in Ordnung. Du musst einfach.«
    »Warum ist das so wichtig für dich?«
    Er legte zärtlich seinen Mund auf ihren. Gerade lange genug, dass die Hitze in ihrem Unterleib entflammte. »Du bist wichtig für mich. Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich es.«
    »Ich bin in dein Haus eingebrochen«, erinnerte sie ihn. Mit der Hand strich sie durch sein kurzes Haar. »Ich wollte ein Bild von dem berühmten amerikanischen Söldner machen.«
    Keine Fotos … Niemals , hatte er ihr in jener Nacht erklärt. Für einen Mann, der sich gern unauffällig verhielt, war das eine merkwürdige Bemerkung gewesen.
    »Lustig, das ist nicht die Geschichte, an die ich mich erinnere. Im einen Moment haben wir noch gerungen – und dann waren wir nackt.«
    »Du hast ja nicht mal deine Hose ausgezogen.«
    »Nur weil du so ungeduldig warst. Wollen wir doch mal sehen, was der amerikanische Soldat so anstellen kann. « Er lächelte. In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie ihn nie lächeln gesehen. »Habe

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