Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
Vom Netzwerk:
Detective Inspector Brennan.« Phil streckte ihm die Hand hin. Der Mann löste seine Rechte vom Becher und schüttelte geistesabwesend Phils Hand. »Was passiert ist, tut mir aufrichtig leid.«
    Graeme Eades nickte.
    »Ich fürchte, ich muss Ihnen trotzdem ein paar Fragen stellen.«
    Ein weiteres mechanisches Nicken.
    Phil begann. Er wusste, dies war der schlechteste Augenblick, um Fragen zu stellen, aber er konnte nicht warten. Manchmal hatte er sogar Glück: Ein unter Schock stehender Zeuge erinnerte sich mitunter mit erstaunlicher Klarheit an gewisse Details, und genau wie man einen Pullover auftrennen konnte, wenn man an einem losen Faden zog, waren es oft solche Kleinigkeiten, die Phil auf eine Spur brachten.
    Graeme Eades stand eindeutig unter Schock. Es bereitete ihm Mühe, zusammenhängende Antworten zu geben, und je länger Phil ihn befragte, desto mehr verlor er die Hoffnung, von ihm irgendetwas Aufschlussreiches zu erfahren. Dennoch ließ er nicht locker. Und er hatte Annis Vermutung im Hinterkopf, als er wieder und wieder dieselben Fragen stellte: Wo waren Sie heute Nachmittag, wann sind Sie nach Hause gekommen, haben Sie während des Tages mit Ihrer Frau gesprochen, falls ja, um wie viel Uhr ... Jedes Mal erhielt er dieselben vagen Antworten. Er wollte gerade aufgeben und die Befragung auf später verschieben, da sah Graeme Eades hoch und packte ihn am Arm.
    Phil, den diese Geste überraschte, blickte auf Eades' Hand. Sein Griff war fest, aber nicht, weil Graeme Eades' Kräfte zurückgekehrt waren, sondern weil der Schock ihn in eine Art Wahnsinnszustand versetzt hatte.
    »Es tut mir so leid«, sagte er.
    »Es tut Ihnen leid?«, fragte Phil, während sein Herz einen Schlag aussetzte. Ein Geständnis wäre mehr, als er zu hoffen gewagt hätte. »Was tut Ihnen leid?«
    »Es ist meine Schuld. Es tut mir so leid ...«
    Phil setzte sich neben ihn. »Was tut Ihnen leid?«, fragte er noch einmal.
    »Ich war ... ich war ... mit Erin zusammen. Ich hätte daheim sein sollen, aber ich war bei Erin ...« Und dann begannen die Tränen zu fließen.
    Den Rest konnte sich Phil zusammenreimen. Graeme Eades hatte gelogen, aber er war ganz sicher kein Mörder. Nur ein Ehebrecher. Einer, der sein Tun bitter bereute.
    Phil erhob sich. Mehr würde Eades ihnen nicht zu sagen haben, jedenfalls nicht in seinem gegenwärtigen Zustand. Er wandte sich ab und wechselte ein paar Worte mit einem Uniformierten, der neben dem Krankenwagen wartete und sich mit einem Sanitäter unterhielt.
    »Vielleicht können Sie seine Aussage aufnehmen, sobald er sich ein wenig beruhigt hat«, wies er ihn an, dann ging er zum Haus zurück. Er konnte es nicht länger aufschieben.
    Marina wartete bei seinem Wagen. Sie trug bereits einen weißen Overall, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, Überschuhe aus Papier an den Füßen. Sie atmete tief ein und aus. Wieder fiel Phil auf, dass sie einen Arm über den Bauch gelegt hatte, wie so oft in den letzten Tagen. Mit dem anderen stützte sie sich auf der Motorhaube ab.
    »Bist du sicher, dass du das tun willst?«, fragte er, während er seinen eigenen Overall aus dem Kofferraum holte.
    Sie nickte, ohne ihn anzusehen, den Blick starr auf die Haustür gerichtet.
    »Du musst nicht«, meinte er, während er in den Anzug stieg. »Niemand erwartet es von dir. Niemand hätte etwas dagegen, wenn du draußen wartest, bis die Leiche fort ist.«
    »Nein.« Noch immer sah sie ihn nicht an, sondern hielt den Blick auf etwas geheftet, was er nicht sehen konnte - etwas, von dem er nicht wusste, ob es überhaupt existierte. »Ich will es.«
    »Ich muss dich warnen. Sobald du die Schwelle übertrittst, bist du in der Hölle. Du kannst wieder rausgehen, aber die Bilder werden dich nie mehr loslassen.«
    »Ich weiß.«
    »Na dann. Wenn du dir sicher bist. Ich will nur nicht, dass es dich aus der Bahn wirft. Dass du nicht mehr richtig funktionierst, wenn wir dich brauchen.«
    Sie sah ihm direkt in die Augen. »Ich schaffe das schon.«
    Er hielt ihren Blick länger, als nötig gewesen wäre. Seine Stimme klang weicher. »Das weiß ich doch.«
    Er sah den Schatten eines Lächelns über ihr Gesicht huschen. Beide wandten zur selben Zeit den Blick ab.
    Anni, ebenfalls im weißen Overall, kam zu ihnen.
    »Also dann«, sagte Phil, setzte die Kapuze auf und zog sich die Überschuhe an. Er war bereit. »Gehen wir rein.«
     

54
     
    Phil hat recht gehabt,
dachte Marina.
Ich bin in der Hölle.
    Sie hatte gehofft, dass Claire Fieldings

Weitere Kostenlose Bücher