Entscheidung der Herzen (German Edition)
sterben, dachte sie. Denn im Tod wäre ich bei ihm, müsste ihn nie wieder verlassen.
Wenn ich Baldwin geheiratet habe, dann habe ich alles getan, was in meiner Macht und in meiner Kraft steht. Am Tag nach der Hochzeit werde ich diese Welt verlassen, um für immer bei Cassian zu sein.
Ich werde sterben, werde freiwillig in den Tod gehen, beschloss sie, und dieser Gedanke war es, der ihr ein wenig Trost spendete.
Teil 3
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Kapitel 19
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D as ganze Land sprach von der Botschaft, die König Karl IL in seinem Exil in Brüssel erreichte. Wenn er eine allgemeine Amnestie zusichern würde, Gewissensfreiheit garantieren und den konfiszierten Besitz in den Händen der gegenwärtigen Eigentümer belassen würde, stände seiner Rückkehr auf den Thron von England nichts mehr im Wege.
Karl II. verlegte seinen Wohnsitz nach Breda in Hollän disch Brabant und unterzeichnete dort ein Abkommen, in dem er die Bedingungen grundsätzlich annahm, deren genauere Ausarbeitung jedoch dem Parlament überlieβ. Nur auf der Bestrafung derer, die einen Anschlag auf Cromwell geplant hatten, bestand er weiterhin. Falls die Verantwortlichen bereits tot oder geflohen waren, sollten deren Kinder und Kindeskinder für das Vergehen ihrer Eltern und Groβeltern büβen. Damit sicherte er sich die Sympathien der Puritaner und der anderen Anhänger Cromwells, die Gunst des in den letzten Jahren reich gewordenen Mittelstandes, ohne dessen Geld er nicht auskommen würde.
Sir Baldwin Humbert, der selbstverständlich seine Augen und Ohren überall hatte und über die Ereignisse in London stets bestens informiert war, erfuhr davon, kaum dass das Schreiben König Karls IL in London eingetroffen war.
Er saβ am Schreibtisch im Arbeitszimmer des Schlosses, das einst den Ardens gehört hatte, und rieb sich die Hände. Sein Gesicht glänzte vor Zufriedenheit wie eine Speckschwarte und in einem Anfall von übermut hob er die Arme, sah sich im Raum um und sagte: »Das gehört alles mir. Allesmeins. Und niemand kann es mir jemals wieder nehmen. Hoch lebe der König!«
Dann lieβ er seinen Blick über die prächtigen Teppiche schweifen, die die Wände bedeckten, stand sogar auf und schmiegte seine Wange an den schönsten der Wandbehänge und streichelte mit der Hand ungemein zärtlich darüber.
»Alles gehört mir. Alles. Alles. Alles«, flüsterte er und war regelrecht ergriffen von seinem Geschick, sich fremden Besitz anzueignen. »Alles gehört mir. Und es wird noch mehr werden. Niemand wird mich jemals wieder zurück in die Gosse stoβen. Bald, sehr bald schon wird der König mich zum Lord machen. Doch dann wird mir der Jourdan Besitz schon gehören. Ihn brauche ich noch, um der gröβte Grundbesitzer Nottinghams zu sein. Die Abgaben, die ich dem König zahlen muss, sind so gewaltig, dass er mich zum Lord machen muss. Cathryns Abstammung wird mir dabei helfen, schlieβlich ist sie eine Lady und wird Wert darauf legen, dass ihre Kinder diesen Titel erben. Danach werde ich sie nicht mehr brauchen. Meine Geduld mit diesem widerspenstigen, eitlen und verzogenen Gör ist schon jetzt erschöpft.«
Er hörte Schritte im Gang, richtete sich abrupt auf und zog sein einfaches schwarzes Wams gerade, dann streckte er den Rücken, nahm die Schultern zurück und seine Miene verwandelte sich augenblicklich in die eines strengen Gutsbesitzers und Gottesfürchtigen.
»Herein!«, befahl er, als es klopfte.
Eine Magd, ein dürres Ding mit knochigem Gesicht und herabhängenden Mundwinkeln, trat ein.
»Was gibt es ?«
»Ich wollte fragen, was der Herr heute zu Mittag speisen möchte. Die Kammern sind leer. Nur ein einziger Sack Hirseist noch da. Ich brauchte den Schlüssel für die Räucherkammer und den Keller, in dem Eier, Butter, Speck und Fleisch lagern.« Die Worte der Magd klangen überaus trotzig.
»Eure Leute beginnen zu murren. Seit zehn Tagen haben sie schon kein Fleisch mehr gesehen. Wer gut arbeitet, soll auch gut essen. Ich habe sie einen Blick in die leere Speisekammer werfen lassen. Genauso, wie Ihr es befohlen habt. Aber sie glauben mir nicht, wissen längst von den anderen Kammern, die Ihr verschlossen haltet.«
»Hast du geklatscht, Weib? Konntest deine Zunge nicht im Zaum halten, wie?«, herrschte Sir Baldwin die dürre Frau an, die sich unter seinen Worten wie unter Schlägen duckte.
»Nichts habe ich gesagt. Die Leute machen sich ihre eigenen Gedanken. Sie haben Augen im Kopf, sehen doch, dass die Bauern Euch karrenweise die leckersten
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