Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
als plumpste ich von weit oben auf den Boden zurück. Plötzlich war ich wieder mit allen Sinnen voll da. Allerdings wenig erpicht darauf, noch mehr Schauermärchen zu hören. Ich hob schnell abwehrend eine Hand hoch und warf David einen zynischen Blick zu. „Ja, warte, ich errate es. Ich komme eigentlich vom Stern Utopia und wurde einem Menschenpärchen untergejubelt, damit sie mich unauffällig großziehen wie ihr eigenes Kind. Und nun nimmt mein Heimatplanet wieder Kontakt mit mir auf, weil ich eine heikle Mission zu erfüllen habe. Meine Landsleute interessieren sich für die aufsehenerregenden Entwürfe der Pariser Designer, weil auf meinem Heimatplaneten die Modebranche zum Erliegen gekommen ist und sie dringend neue Inspiration brauchen. Du bist von einem gegnerischen Stern und hast denselben Auftrag wie ich, weswegen wir zwei uns einem Kampf auf Leben und Tod stellen müssen.“ Ich warf David einen kampfeslustigen Blick zu, war mir aber selbst nicht sicher, was ich ihm damit signalisieren wollte. Dass ich den Kampf mit ihm aufnahm oder dass er aufhören sollte, solche Fantasy-Geschichten zu erzählen, weil ich ihm sonst an die Gurgel springen würde?
David lachte tatsächlich amüsiert auf. „Interessante Version. Nur warum sollten sie da ausgerechnet dich schicken, wo du mit Mode doch so offensichtlich nichts am Hut hast?“
Ich schenkte ihm, entgegen meinem eigentlichen Ansinnen auf seinen Humor einzugehen, einen abfälligen Blick. „Das dient dem Ablenkungsmanöver, du Amateur. Du bist auch darauf reingefallen.“
David hob indigniert eine Augenbraue, doch er grinste mich gleichzeitig anerkennend an. „Du hast Recht. Das ist brillant. Entspricht nur leider nicht der Geschichte, die ich dir erzählen möchte“, fügte er dann wieder ernst hinzu. „Oder sagen wir mal, fast nicht.“
Damit machte er mir Angst. Er musste es mir ansehen, denn er sah mich mitfühlend an. „Willst du vielleicht doch was zur Stärkung? Das mit dem Schnaps war ernst gemeint.“
„Ich glaube nicht, dass der dem Durcheinander in meinem Kopf dienlich wäre“, gab ich matt von mir. „Fahr fort, aber wundere dich nicht, wenn ich mich einfach in Luft auflöse. Mir fehlt nämlich gerade ein bissc hen die Bodenhaftung und deine Geschichte ist etwas abgehoben.“ Ich warf ihm einen sarkastisch gemeinten Blick zu, doch er musste eher ängstlich gewirkt haben, denn David schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln.
„Ich fasse mich möglichst kurz. Also, bereit?“ Er musterte mich forschend, als würde ich tatsächlich jede Sekunde die Kontenance verlieren, doch als ich ihm schwach zunickte, fuhr er mit seiner Geschichte fort.
„Es gibt da also die zwei Wesensarten, die neben der Menschheit auf Erden existieren, und da diese beiden Arten, wie bereits erwähnt, Gegensätze darstellen, sind sie nicht unbedingt gut aufeinander zu sprechen. Sie gehen sich weitestgehend aus dem Weg, zumal ihr Wirken auch zu unterschiedlichen Tageszeiten stattfindet und leben so eigentlich schon seit Anbeginn der Zeit mehr oder weniger friedlich zusammen. Doch ein Zwischenfall vor vielen hundert Jahren brachte diesen zarten Frieden ins Wanken, und seitdem herrscht ein großes Misstrauen zwischen ihnen und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Vertretern beider Spezies.“ David machte eine Pause, um mir Zeit zu geben, das alles aufzunehmen oder vielleicht auch, um mir die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen, doch ich wollte gar nichts fragen. Ich wollte nur schnell das Ende der Geschichte hören und erfahren, was das Ganze mit mir zu tun hatte, also forderte ich ihn mit einer Geste auf, fortzufahren. „Normalerweise leben wir unser Leben getrennt voneinander, jeder in seiner Sippe. Vor einigen Jahrhunderten kam es aber zu einem folgenschweren Zwischenfall. Es kam zu einer Vereinigung einer Frau aus meinem Volk mit einem Mann aus ihrem Volk. Keiner weiß, wie das genau von Statten ging, denn auf Grund unserer Gegensätzlichkeit ist es nicht vorgesehen und eigentlich auch unmöglich, dass hell und dunkel sich vereinigen, aber irgendwie ist es dennoch passiert und dummerweise hatte dieses Ereignis Konsequenzen in Form eines Nachkommens. Eines Nachkommens, der gar nicht existieren dürfte.“ Wieder machte David eine Pause, sah mich diesmal aber nicht an. Es schien, als müsste er selbst mal nach Luft schnappen, oder aber er musste sich ausdenken, wie er die Geschichte zu Ende erzählte. „Keiner der beiden Völker wusste
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