Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
zählen?“
Ich senkte den Blick. „Nichts.“ Ich wollte mich wegdrehen, doch David hielt mich fest. Seine rechte Hand ergriff meinen Oberarm und zwang mich, mich wieder zu ihm umzudrehen.
„Aua, lass mich sofort los.“
Doch er ließ nicht locker. Er griff sogar noch fester zu und fixierte mich mit seinen unheimlichen Augen . Obwohl ich intuitiv wusste, dass ich wegschauen sollte, so konnte ich doch meinen Blick nicht von diesen unergründlichen Augen wenden. Es war wie ein Sog, mit dem er meine Aufmerksamkeit fesselte. In diesem Moment strahlte David etwas unheimlich Bedrohliches aus, das all meinen Befürchtungen ihm gegenüber Recht zu geben schien. Es schien, als wollte er mich allein durch seinen intensiven Blick in seine Gewalt bringen. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter und ich bekam es mit der Angst zu tun.
Und dann spürte ich den inzwischen nur allzu charakteristischen Druck gegen meinen Kopf. Wie wenn etwas in mich eindringen wollte. Genau wie bei dem alten Mann wenige Stunden zuvor. Und gemeinsam mit Davids stierem Blick, der zu versuchen schien, mir in die Seele zu blicken, wurde mir schlagartig klar, was mich schon die ganze Zeit so an ihm irritiert hatte und am Rande meines Bewusstseins gelauert hatte, was ich jedoch bis jetzt nicht hatte wahrhaben wollen, mir nun aber glasklar erschien.
Ich erstarrte und blickte völlig entgeistert in seine eisblauen Augen. „Du versuchst meine Gedanken zu lesen“, entfuhr es mir flüsternd und dann erlebte ich zum zweiten Mal innerhalb von fünf Tagen einen Ohnmachtsanfall. Ich wusste nur noch, dass mein letzter Gedanke war: „Das kann alles nicht wahr sein.“ Und dann wurde es dunkel um mich.
Allerdings dauerte es diesmal nicht so lange, bis ich wieder zu mir kam und ich konnte mich zu meinem Leidwesen auch sofort wieder an alles erinnern, auch wenn ich zu verwirrt war, um die Bedeutu ng dessen wirklich zu erfassen.
Ich fand mich auf Davids Armen wieder. Er hielt mich fest an sich gepresst und lief irgendwo mit mir hin. Ich hielt die Augen noch zugepresst, weil ich Angst davor hatte, sie aufzumachen. Weil dann alles wirklich wurde und ich würde lieber wieder ohnmächtig sein, als dieser Wirklichkeit ins Auge zu blicken. Mein Kopf lag an Davids breiter Schulter und ich konnte seinen Herzschlag hören. Es war irgendwie tröstlich seinen Herzschlag zu vernehmen. So menschlich. So normal. Auch wenn ich mir im Moment nicht sicher war, ob David ein normaler Mensch war. Aber was war schon normal? Ich war schließlich auch alles andere al s normal. Bei dem Gedanken durchfuhr mich ein Zittern, was Davids Aufmerksamkeit auf mich lenkte.
„Bist du wieder wach?“, fragte er mich erstaunlich sanft, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Ich stöhnte anstelle einer Antwort und versteifte mich in seinen Armen. Ich sollte mich nicht so hilfsbedürftig von ihm durch die Gegen d tragen lassen. Und schon gar nicht mich dabei an seine muskulöse Brust schmiegen und auf seinen Herzschlag hören.
„Ich lasse dich gleich runter. Ich suche uns nur ein ruhiges Plätzchen.“ Seine Stimme klang, als würde er lächeln und mir war, als hätte ich eben etwas versäumt, doch ich war zu d urcheinander, um es zu erfassen.
Ich öffnete die Augen und war mehr als erleichtert, als er mich in einem kleinen Park auf einer Parkbank absetzte. Ich wich sofort vor ihm zurück und wäre eigentlich sofort wieder aufgestanden, hätten sich meine Beine nicht wie Wackelpudding angefühlt und mein schwindeliger Kopf mir nicht signalisiert, dass ich lieber noch eine n Moment sitzen bleiben sollte.
David trat ein paar Schritte von mir zurück und signalisierte mir so, dass er verstand, dass ich Abstand zu ihm brauchte. „ Soviel zum Thema, es passiert kein zweites Mal“, gab er mit leicht süffisanter Stimme von sich.
Ich warf ihm einen dunklen Blick zu, der aber wahrscheinlich nicht sonderlich ausdrucksstark rüber kam, weil ich gerade versuchte zu erfassen, was eben passiert war. Da in meinem Kopf nur ein heilloses Durcheinander herrschte, gab ich schließlich auf, ließ meinen Kopf hängen und schlug stöhnend die Hände vors Gesicht. „Mein Leben ist eine einzige große Katastrophe.“
Ich spürte plötzlich so etwas wie Wärme auf meinen Handrücken und der Klang von Davids sanfter Stimme wehte wie durch einen Schleier an mein Ohr. „Nein, das ist es ganz bestimmt nicht. Es scheint nur, als hätte ich Recht gehabt, und du bist in der Tat eine ganz außergewöhnliche junge
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