Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
in anderer Form ans Tageslicht kommen: in seinem Manuskript. Nach der Lektüre der letzten Folge, die ihm Maris gegeben hatte, war Daniel überzeugt, dass der Autor an einer Chronik seiner unsteten Freundschaft mit Noah Reed schrieb. Je nachdem, wie lange er brauchte, um diese Geschichte zu Papier zu bringen, stand sie vielleicht schon auf den Blättern mit seinem persönlichen Bericht, ehe sich Sutherland durch die offizielle Version gekämpft hatte.
    Während dieser Wartezeit galt Daniels Sorge in erster Linie Maris. Die Sache mit Parker Evans hatte er bereits vor ihrer Rückkehr nach St. Anne gewusst. Er hätte sie aufhalten können, was er aber nicht tat. Erstens war ihm klar, dass sie unbedingt gehen wollte. Außerdem tröstete ihn die Tatsache, dass Parker Evans bei den Leuten, die auf St. Anne lebten, einen guten Ruf genoss. Und das, obwohl sie normalerweise jeden Eindringling von außen ablehnten. Dies hatte Sutherland herausgefunden, der einen Mann für Nachfragen hinuntergeschickt hatte.
    Daniel hatte darauf spekuliert, Maris und ihr Herz seien bei diesem Schriftsteller in Sicherheit. Wenn seine Freundschaft mit Noah an einer Ehrensache gescheitert war, dann stand zu vermuten, dass Parker Evans ein ehrenwerter Mann war.
    Was für Noah Reed zweifelsohne nicht galt. Noahs Verbindung mit den Matherlys ging ihrem Ende entgegen, egal, was sonst noch herauskam. Er dachte, er hätte sich lächelnd bei Daniel eingeschmeichelt und mit diesem Hokuspokus von einem kameradschaftlichen Männerwochenende bei ihm lieb Kind gemacht. Daniel hatte aus persönlicher Neugierde und zu seinem eigenen Amüsement mitgespielt, doch das Ausmaß von Noahs Täuschungsmanöver widerte ihn innerlich an.
    Ohne dass es der arrogante und unerträglich selbstgefällige Mr. Reed ahnte, lag sein Kopf längst auf dem Henkersblock. Jeden Augenblick konnte das Fallbeil heruntersausen.
    Mit einer symbolischen Geste wischte sich Daniel Brotkrümel von den Händen und stellte seinen Teller und das leere Cognacglas ins Spülbecken. Entgegen seiner eigenen Wettervorhersage war der Sturm stärker geworden. Die Blitze kamen näher, der Donner wurde lauter. Ein mächtiger Knall erschütterte das Haus und ließ Rosemarys chinesische Teller in ihren Schränken klirren.
    Liebe Rosemary. Zwanzig Jahre war sie nun schon tot, und noch immer vermisste er sie. In diesem Haus hatte er besonders viel Heimweh nach ihr. Hier hatten sie so glückliche Zeiten verbracht.
    Er knipste das Küchenlicht aus und suchte sich einen Weg durchs dunkle Haus. Beim Treppensteigen unterstützte er seine rheumatischen Gelenke, indem er sich schwer auf die Balustrade lehnte. Verdammt! Er hasste es, alt zu werden.
    Kaum war ihm dieser Gedanke wie ein Blitz durch den Kopf geschossen, ertönte vom dunklen Treppenende eine Stimme. »Du hast deinen Stock vergessen.«
    »Himmel!« Daniels Herz machte einen Satz. Er legte die Hand darauf. Im kurz aufflackernden, bläulichweißen Blitzlicht sah er Noah am Treppenabsatz stehen. »Hast du mich erschreckt.«
    »Wie nachlässig von dir, Daniel, deinen Stock nicht zu benutzen.«
    »Ich komme schon klar.« Er ging weiter die Treppe hinauf, wobei er erst beide Füße auf jede Stufe stellen musste, bevor er die nächste in Angriff nehmen konnte.
    »Hat dich der Sturm aufgeweckt?«
    »Ich habe mich gar nicht erst hingelegt.«
    Obwohl Noahs unnahbarer Ton Daniel stutzig machte, lächelte er betont liebenswürdig zu seinem Schwiegersohn hinauf. »Ich hatte selbst Probleme mit dem Schlafen, deshalb habe ich die Abwesenheit von Feldwebel Maxine für einen kurzen Snack genutzt.«
    Inzwischen war er nur noch zwei Stufen vom Treppenabsatz entfernt, aber Noah schien dort Wurzeln geschlagen zu haben, denn er machte keine Anstalten, Daniel zu helfen oder zur Seite zu treten. Stattdessen schien er ihm den Weg zu blockieren.
    Obwohl es ihm nicht gefiel, dass Noah drohend über ihm stand, versuchte er den Lässigen zu mimen, während er auf die Blätter deutete, die Noah in der Hand hielt.
    »Überprüfst du noch mal das Dokument, das ich vorher unterzeichnet habe?«
    Soll er doch, dachte Daniel. Soll er es ruhig auswendig lernen, wird ihm sowieso nichts nützen. Außer in Noahs krummen desillusionierten Gehirnwindungen war das Dokument keinen Schuss Pulver wert.
    »Nein«, erwiderte Noah ruhig, »das ist der Bericht über mich von deinem Privatdetektiv, Mr. William Sutherland.«
    Daniel war weniger schockiert oder alarmiert als wütend über die Verletzung

Weitere Kostenlose Bücher