ePub: Der letzte Zauberlehrling
murmelte ein paar Worte vor sich hin. Sofort löste sich die Ballonhülle von den Ästen und schwebte langsam neben den Korb herab, wo sie aufgerichtet stehen blieb.
Moriarty blickte Prometheus an. »Eine meiner kleinen Taschenspielereien , alter Knabe. In diesem Fall von einem gewissen Nutzen, wie mich dünkt.«
Es schien mir, als ob ich in den Augen des Alten so etwas wie Anerkennung aufblitzen sah, aber er ging nicht näher darauf ein. Moriarty zog eine weitere Kugel aus der Tasche, langte in die Höhe und berührte die Hülle damit. Ein blauer Schimmer breitete sich von der Stelle aus über den Stoff aus, bis er ganz darin eingeschlossen war.
»Das sollte den Riss schließen«, verkündete er. »Jetzt müssen wir nur noch die Streben richten.«
»Das mache ich schon.« Prometheus trat neben den Magier und drängte ihn leicht zur Seite. Es gefiel ihm offenbar gar nicht, auf einmal nur die zweite Geige zu spielen.
»Warum haben Sie das nicht beim Bau des Ballons gemacht?«, flüsterte ich Moriarty zu, während der Alte sich mit der Reparatur befasste.
»Ich halte nichts davon, meine Energien zu vergeuden, alter Junge«, sagte er. »Ihr seid auch ohne meine Hilfe ganz gut zurechtgekommen, oder nicht?«
Das stimmte. Trotzdem fragte ich mich, was seine Absicht war. Er schien über erstaunliche Kräfte zu verfügen, wenn man die Leichtigkeit sah, mit der er seine Magie ausübte. Eigentlich mochte ich Moriarty, aber es gab mir zu denken, dass er uns seine wahren Fähigkeiten verheimlichte.
Ein Ruf des Alten riss mich aus meinen Gedanken. »Wir können wieder starten!«
Wir kletterten alle in den Korb. Prometheus und ich begannen wieder mit unseren Beschwörungen. Langsam erhitzten wir die Luft in der Hülle, aber der Ballon hob sich keinen Zentimeter vom Boden.
»Darf ich mal, alter Knabe?«, fragte Moriarty. Knurrend willigte der Alte ein. Der Magier stellte sich direkt unter die Öffnung der Hülle, schloss die Augen und verharrte so eine Weile. Dann breitete er die Arme aus und rief »Aerem imprado finiscam effratum« oder etwas Ähnliches. Der Ballon machte einen kleinen Satz in die Höhe, sackte aber gleich wieder auf die Erde zurück.
Moriarty spreizte hilflos die Finger. »Tut mir leid, wir sind zu schwer.«
»Aber vorhin sind wir doch auch nach oben gekommen«, wandte ich ein.
»Da hat uns auch dein pelziger Freund geholfen. Seine Kräfte müssen doch recht beachtlich sein. Oder vielmehr: eure Kräfte.« Er blickte mich vielsagend an.
»Vielleicht klappt es ohne mich«, meldete sich Papillon zu Wort. »Ich kann auch zu Fuß in die Stadt kommen. Schließlich werde ich nicht steckbrieflich gesucht. Und wer weiß, möglicherweise stolpere ich ja unterwegs sogar über diesen kleinen Verräter und kann ihm den Hals umdrehen.«
»Nein, Pap, geh nicht!«, flehte ihn Agnetha an. »Nachher verläufst du dich oder es stößt dir etwas zu.«
»Keine Sorge«, grinste Papillon. »Schlimmer als in der Unterwelt von Paris kann es auch nicht sein.«
»Dann begleite ich dich.«
»Auf gar keinen Fall. Ihr werdet alle gebraucht, um herauszufinden, wo Pompignac seine Aktion durchführen will. Ich komme so schnell wie möglich nach.« Mit diesen Worten schwang er sich über die Korbwand und verschwand ohne ein weiteres Wort in der Nacht.
Agnetha blickte ihm stumm hinterher. Einen Moment lang fürchtete ich, sie würde ihm trotz seiner Worte folgen, aber dann zog sie sich in die Ecke von Samira zurück, die ihr tröstend die Hand auf den Arm legte.
Prometheus und ich nahmen unsere Beschwörungen wieder auf, und diesmal gelang es uns, den Ballon in die Lüfte steigen zu lassen. Üblicherweise steuert man einen Heißluftballon nur durch gezieltes Auf- und Absinken, um so die unterschiedlichen Windströmungen in verschiedenen Höhen auszunützen. Dazu wird die Luft in der Ballonhülle mal mehr, mal weniger erhitzt. Natürlich machten wir uns diesen Effekt zunutze, aber zudem verliehen wir der Luft durch unsere Zaubersprüche eine Richtung , um diesen Prozess zu beschleunigen. Lothar musste noch einen viel fortgeschritteneren Spruch gekannt haben, denn er hatte den Ballon ohne Auf- und Abstieg in eine bestimmte Richtung geschickt. Wenn Papillon nicht so geistesgegenwärtig gewesen wäre, dann würden wir jetzt wahrscheinlich bereits weit entfernt von Biarritz durch die Lüfte treiben.
Langsam bewegten wir uns auf die Stadt zu. Unter uns zogendie Lichter der Zufahrtsstraßen und der Scheinwerfer auf den Feldern rund
Weitere Kostenlose Bücher