ePub: Drachenhaut (German Edition)
schicklich?«, sagte sie verblüfft. »Aber meine Cousinen und die Tanten gehen doch auch immer zum Basar.«
Er runzelte die Stirn und kniff die Lippen noch schmaler zusammen. »Das ist etwas anderes«, entgegnete er knapp. »Deine Cousinen und die Tanten sind auch nicht ... nun, einerlei. Ich kann dir keinen Wunsch abschlagen, das weißt du. Aber ich möchte, dass du dich vorsiehst.« Er erläuterte nicht, was er damit meinte, und als Lilya ansetzte, ihn zu fragen, ließ er sie nicht aussprechen. »Ich bin wirklich sehr müde, mein Kind. Ich werde deiner Dienerin Geld geben, damit du alles kaufen kannst, wonach es dich gelüstet. Nicht nur ein Geschenk für Gulzar, die wahrhaftig schon alles besitzt, was eine Frau sich wünschen kann.« Er runzelte ein wenig die Stirn, dann lächelte er und kniff Lilya zärtlich in die Wange. »Kauf dir etwas Hübsches für dich. Du bist immer so ernst, vielleicht bringt ein wenig Putz und Flitter dich ja auch zum Strahlen.«
Lilya verzog das Gesicht. »Du weißt, dass mir nichts daran gelegen ist.«
Er lachte auf und zwinkerte. »Das wird nicht mehr lange so sein, mein Kind, das wette ich.« Er erhob sich und dankte Lilya für die stützende Hand. Sie geleitete ihn zur Tür, die zu seinen privaten Räumen führte, und wog ihre folgenden Worte sorgfältig ab. »Großvater?«, sagte sie, als seine Hand schon auf der Türklinke ruhte, »darf ich um etwas bitten?«
Er verharrte und sah sie erstaunt an. »Ich habe doch schon Ja gesagt.«
»Nicht das«, erwiderte sie verlegen. »Ich habe einen richtigen Wunsch. Baba, bin ich alt genug, um einen Leibsklaven zu bekommen?«
Sein verblüffter Gesichtsausdruck hätte sie unter anderen Umständen wahrscheinlich zum Lachen gereizt, aber jetzt ballte sie die Fäuste und kniff die Daumen beschwörend ein.
»Einen Leibsklaven?«, wiederholte er. »Ich habe mich nicht verhört, oder?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Kind, warum ... was willst du mit einem Leibsklaven?« Jetzt schüttelte auch er den Kopf. »Du hast da sicher etwas falsch verstanden. Du hast doch Ajja. Ist sie nicht aufmerksam genug? Muss ich sie bestrafen?«
Lilya riss entsetzt die Arme hoch und rief: »Nein! Nein, Großvater, Ajja ist die Allerbeste! Sie liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Aber sie ist eben kein ... ich kann mit ihr nicht ... Sie ist schon so alt, Großvater.«
Er nahm sie bei den Schultern und sah sie prüfend an. »Du wünschst dir jemanden, der in deinem Alter ist? Darüber habe ich nie nachgedacht, vergib mir. Du bist in vielem so erwachsen, aber natürlich ist es kein Vergnügen für ein junges Mädchen,immer nur mit alten Leuten zusammen zu sein.« Er seufzte. »Setzen wir uns noch einmal hin. Ich will genau wissen, was du willst.«
Lilya ließ sich beklommen auf der Kante des Diwans nieder, der neben der Tür stand. Ihr Großvater zog einen harten Stuhl heran und setzte sich ihr gegenüber, sodass er ihr Gesicht sehen konnte. Sein Blick war starr und scharf.
Lilya hatte das Gefühl, ihn mit ihrer Bitte gekränkt zu haben. Sie griff nach seiner Hand und versicherte: »Du bist der beste, wunderbarste Mensch, und es gibt niemanden auf der Welt, mit dem ich mich lieber unterhalte. Aber du hast doch nur so selten Zeit für mich, Baba.«
Er erwiderte den Druck ihrer Finger. »Deine Cousinen«, sagte er und sah sie fragend an.
Lilya senkte den Blick. »Ja, sicher«, erwiderte sie. »Sie sind nicht viel älter als ich. Aber sie mögen mich nicht. Und ich kann sie auch nicht leiden«, setzte sie heftig hinzu.
Genau genommen konnte sie niemanden in diesem Haus leiden, der mit ihr verwandt war ‒ mit Ausnahme von Tante Gulzar und ihrem Großvater. Aber das wollte sie ihm nicht sagen, denn es hätte ihn sicher verletzt.
Er lächelte mitfühlend. »Du bist klug und hübsch«, sagte er. »Sie sind neidisch.«
Lilya lachte ungläubig. »Sie finden mich zu dunkel gefärbt und überhaupt hässlich und missgestaltet, widerborstig, eingebildet, unfreundlich, starrsinnig und von zweifelhafter Herkunft«, zählte sie auf. Wie oft hatte sie unfreiwillig getuschelte Gespräche mitanhören müssen, die ihre Tanten und Cousinen miteinander führten. Sie hatte gute Ohren, oh ja.
Die Miene ihres Großvaters erstarrte. Sie sah, dass sein Kiefer zu mahlen begann. Jetzt hatte sie ihn wirklich verärgert, das hatte sie nicht gewollt!
»Was sagst du da?«, fragte er leise. In seinem Blick loderte ein kaltes Feuer, das ihr Angst machte.
Sie schluckte und wiederholte
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