Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
zuzuhalten, auf die Glaedr sie aufmerksam gemacht hatte. Er gähnte und rieb sich die Augen, während sie sich wieder ausrichtete. Dann drehte er sich um und angelte sich einen Apfel und einige Streifen getrocknetes Rindfleisch aus den hinter ihm befestigten Taschen. Es war ein karges Frühstück, aber er hatte auch keinen großen Hunger. Außerdem wurde ihm oft übel, wenn er eine große Mahlzeit zu sich nahm, während er auf Saphira ritt.
Beim Essen beobachtete er abwechselnd die Wolken und das funkelnde Meer. Er fand es beunruhigend, dass unter ihnen nichts war als Wasser und das Festland seiner Schätzung nach schon mehr als fünfzig Meilen entfernt war. Schaudernd malte er sich aus, wie es wäre, immer tiefer in die kalten, gierigen Tiefen des Meeres zu sinken. Er fragte sich, was auf dem Grund lag, und ihm kam der Gedanke, dass er mit Magie dorthinreisen und es herausfinden könnte, aber die Vorstellung hatte keinen Reiz für ihn. Die nasse Tiefe war zu dunkel und zu gefährlich für seinen Geschmack. Diesen Ort wollte er lieber den fremdartigen Geschöpfen überlassen, die dort lebten.
Im Laufe des Vormittags zeigte sich, dass die Wolken weiter entfernt waren, als es zuerst den Anschein gehabt hatte, und dass der Sturm, wie Glaedr gesagt hatte, sich viel weiter erstreckte, als Eragon oder Saphira erwartet hätten.
Ein leichter Gegenwind kam auf und Saphiras Flug wurde ein wenig mühsamer, aber sie kam weiterhin gut voran.
Als sie noch einige Meilen von der Front des Unwetters entfernt waren, überraschte Saphira Eragon und Glaedr, indem sie in einen sanften Sinkflug überging und zur Wasseroberfläche hinunterflog.
Während sie nach unten gingen, fragte Glaedr: Saphira, was hast du vor?
Ich bin neugierig, erwiderte sie. Und ich würde meine Flügel gerne ausruhen, bevor ich in die Wolken hineinfliege.
Sie glitt über die Wellen dahin und ihr Spiegelbild unter ihr und ihr Schatten vor ihr gaben jede ihrer Bewegungen wieder, wie zwei geisterhafte Gefährten, einer dunkel und einer hell. Dann stellte sie ihre Flügel steil auf, bremste mit drei kräftigen Flügelschlägen ab und ließ sich aufs Wasser sinken. Gischt schoss zu beiden Seiten ihres Halses hoch, als sie durch die Wellen pflügte, und bespritzte Eragon mit Hunderten kleiner Tropfen.
Das Wasser war kalt, aber nach so langer Zeit in großer Höhe fühlte sich die Luft angenehm warm an – tatsächlich fühlte sie sich so warm an, dass Eragon seinen Umhang abstreifte und die Handschuhe auszog.
Saphira legte die Flügel an, ließ sich friedlich auf dem Wasser treiben und schaukelte mit den Wellen auf und ab. Eragon entdeckte zu ihrer Rechten mehrere braune Tangbüschel. Die Pflanzen hingen zusammen wie Gestrüpp und trugen beerengroße Blasen an den Gelenken entlang der Stängel.
Weit über ihnen, ungefähr in der Höhe, die Saphira zuvor gehabt hatte, entdeckte Eragon zwei Albatrosse mit schwarzen Flügelspitzen, die von der gewaltigen Wolkenwand wegflogen. Der Anblick der sich entfernenden Meeresvögel ließ ihn noch unruhiger werden. Sie erinnerten ihn daran, dass er einmal im Buckel ein Rudel Wölfe friedlich neben einer Herde Hirsche hatte herlaufen sehen, die beide vor einem Waldbrand geflohen waren.
Wenn wir ein Fünkchen Verstand hätten, bemerkte er zu Saphira, würden wir umkehren.
Wenn wir ein Fünkchen Verstand hätten, würden wir Alagaësia verlassen und nie mehr zurückkehren, erwiderte sie. Dann bog sie den Hals, tauchte die Schnauze in das Meerwasser, schüttelte den Kopf und strich sich mehrmals mit ihrer dunkelroten Zunge übers Maul, als habe sie etwas Unangenehmes gekostet.
Da nahm Eragon bei Glaedr plötzlich Panik wahr und der alte Drache brüllte in seinem Geist: Heb ab! Schnell! Heb ab!
Saphira verschwendete keine Zeit mit Fragen. Krachend wie ein Donner öffnete sie die Flügel und begann mit ihnen zu schlagen, während sie sich aufbäumte und mit den Beinen Wassser trat.
Eragon lehnte sich vor und hielt sich am Rand des Sattels fest, um nicht nach hinten abgeworfen zu werden. Da Saphiras Flügelschläge eine Wand aus Nebel und Gischt in die Luft schleuderten, die ihn halb blind machte, benutzte er seinen Geist, um nach dem zu suchen, was Glaedr so erschreckt hatte.
Aus der Tiefe unter ihnen schoss schneller, als Eragon es für möglich gehalten hätte, etwas Kaltes und Riesiges auf sie zu … und es war erfüllt von einem unbändigen, unstillbaren Hunger. Er versuchte es zu erschrecken, versuchte es abzuhalten,
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