Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
großziehen können.
Ich darf sie nicht verlieren, nicht noch einmal.
Katrina tauchte einen weiteren Verband in die Wanne. »Und die Kämpfe in der Stadt?«, fragte sie, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. »Wie sind sie gelaufen?«
»Wir mussten um jeden Fußbreit Boden kämpfen. Selbst Eragon hatte Schwierigkeiten.«
»Die Verwundeten haben von Wurfmaschinen auf Rädern gesprochen.«
»Ja.« Roran nahm einen Schluck Bier, bevor er rasch erzählte, wie die Varden in Belatona vorgerückt waren und welche Rückschläge sie dabei hatten hinnehmen müssen. »Wir haben heute zu viele Männer verloren, aber es hätte schlimmer kommen können. Viel schlimmer. Jörmundur und Hauptmann Martland haben den Angriff gut geplant.«
»Aber ohne dich und Eragon hätte ihr Plan nicht funktioniert. Du hast dich wirklich wacker geschlagen.«
Roran lachte kurz auf. »Ha! Und weißt du, wie das kommt? Ich werde es dir verraten. Kaum einer von zehn Männern ist tatsächlich bereit, den Feind anzugreifen. Eragon bekommt das nicht mit. Er ist immer an vorderster Front und reißt die Soldaten mit. Aber ich sehe es. Die meisten Männer halten sich zurück und kämpfen nur dann, wenn sie in die Enge getrieben werden. Oder sie fuchteln mit den Armen und machen eine Menge Lärm, tun aber nicht wirklich etwas.«
Katrina starrte ihn entsetzt an. »Wie kann das sein? Sind sie solche Feiglinge?«
»Ich weiß es nicht. Ich denke … Ich denke, dass sie es vielleicht einfach nicht über sich bringen, einem Mann in die Augen zu sehen und ihn zu töten. Andererseits scheint es ihnen keine Schwierigkeiten zu bereiten, Soldaten niederzumetzeln, die ihnen den Rücken zukehren. Also warten sie darauf, dass andere tun, wozu sie nicht in der Lage sind. Sie warten auf Leute wie mich.«
»Meinst du, Galbatorix’ Männer sind genauso zögerlich?«
Roran zuckte die Achseln. »Vielleicht. Andererseits haben sie keine andere Wahl, als Galbatorix zu gehorchen. Wenn er ihnen befiehlt zu kämpfen, dann kämpfen sie.«
»Nasuada könnte das Gleiche tun. Sie könnte ihre Magier Zauber wirken lassen, die sicherstellen, dass niemand seine Pflicht vernachlässigt.«
»Was würde sie dann noch von Galbatorix unterscheiden? Das würden die Varden auf keinen Fall zulassen.«
Katrina ließ ihre Wäsche stehen, trat zu ihm und küsste ihn auf die Stirn. »Ich bin froh, dass du tust, was du tun musst«, flüsterte sie. Sie kehrte zu der Wanne zurück und begann, einen weiteren Streifen verschmutztes Leinen über das Waschbrett zu ziehen. »Ich habe vor ein paar Stunden etwas gespürt, durch den Ring … ich dachte schon, dir sei vielleicht etwas zugestoßen.«
»Ich war mitten im Kampfgetümmel. Es würde mich nicht überraschen, wenn du alle paar Minuten etwas gespürt hättest.«
Die Arme im Wasser, hielt sie inne. »Bis heute habe ich noch nie etwas gespürt.«
Er griff noch einmal zu seinem Bierkrug und leerte ihn – ein schwacher Versuch, das Unvermeidliche hinauszuzögern. Er hatte gehofft, ihr die Einzelheiten seines Missgeschicks in der Burg ersparen zu können, aber sie würde keine Ruhe geben, bis sie die Wahrheit erfuhr. Der Versuch, es zu verschweigen, würde nur dazu führen, dass sie sich noch etwas viel Schlimmeres vorstellte als das, was tatsächlich geschehen war. Außerdem war es ohnehin zwecklos, es für sich behalten zu wollen, da die Schilderungen der Ereignisse schon bald bei den Varden die Runde machen würden.
Also erzählte er es ihr. Er gab ihr eine kurze Zusammenfassung und versuchte den Einsturz der Mauer eher wie einen kleinen Unfall darzustellen und nicht wie etwas, was ihn beinahe umgebracht hatte. Trotzdem fiel es ihm schwer, darüber zu reden, und er sprach stockend, immer wieder auf der Suche nach den richtigen Worten. Als er zum Ende kam, verfiel er in Schweigen, da die Erinnerung ihn doch noch ziemlich aufwühlte.
»Wenigstens bist du nicht verletzt worden«, meinte Katrina.
Er fuhr an einem Sprung am Rand des Krugs entlang. »Stimmt.«
Das Schwappen des Wassers verstummte und er spürte, wie ihr Blick schwer auf ihm lastete. »Du hast früher schon viel größeren Gefahren ins Auge gesehen.«
»Ja … vermutlich.«
Ihre Stimme wurde sanfter. »Was ist es dann?« Als er nicht antwortete, fügte sie hinzu: »Nichts ist so schrecklich, dass du es mir nicht erzählen kannst, Roran. Das weißt du.«
Sein rechter Daumennagel riss ein, als er wieder an dem Krug herumspielte. »Ich dachte, ich würde sterben, als die Mauer
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