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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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China-Analysten irgendwas übersehen haben.«
    »Haben sie«, widersprach Jonathan. »Das tun sie immer.«
    »Ich verstehe, warum Sie so beliebt sind.«
    »Es wäre ein Fehler, sich das zu Herzen zu nehmen«, erwiderte Jonathan.
    »Eine Lebensweisheit?«
    Er seufzte. »Cooke hatte recht, als sie sagte, die CIA habe im Durchschnitt alle sieben Jahre eine größere Schlappe erlebt. Die nachträglichen Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich immer um einen Fehler bei der Analyse, nicht bei der Datenerhebung handelte. Wir hatten die Informationen, um herauszufinden, was vor sich ging. Und in jedem einzelnen Fall litten die Analysten unter demselben geistigen Problem … Gruppendenken und so. Von Analysten zu verlangen, sich fortzubilden, schützt sie nicht davor. Verstärkte Koordination, Überprüfungen, redaktionelle Überarbeitungen und was weiß ich, um das zu verhindern, haben nichts genutzt. In einigen Fällen werden Fehler aufgrund solcher Maßnahmen sogar noch wahrscheinlicher. Dass die Analysten immer etwas übersehen, habe ich also wörtlich gemeint.«
    »Was funktioniert dann?«, wollte Kyra wissen.
    »In Anbetracht unserer nachweisbaren Leistungen? Offenbar nichts. Doch eine gute Rote Zelle hilft«, antwortete er. »Bei den Analysen der Roten Zelle geht es nicht um richtig und falsch oder um die Vorhersage der Zukunft. Es geht darum, über die unbeachteten Möglichkeiten nachzudenken. Die Evolution oder Gott, je nachdem, was Ihnen lieber ist, hat uns ein Gehirn gegeben, das sich, wenn wir vor einem Rätsel stehen, an die erste Erklärung klammert, die den Tatsachen, unserer Denkweise und unseren Vorurteilen zu entsprechen scheint. Selbst schlaue Analysten bewegen sich auf bequemen, ausgetretenen Pfaden. Um sie davon wegzuholen und unbequeme Wege gehen zu lassen, um sie neue Ideen denken zu lassen, auch wenn sie ihnen nicht gefallen. Und das heißt, Sie müssen …«
    »… unbeliebt sein?«, fragte Kyra.
    »Ich wollte ›aggressiv‹ sagen, aber die beiden Begriffe bedeuten oft dasselbe.« Er sah zum Fernseher hinauf. Liang stand heftig gestikulierend auf dem Podium. Jonathan griff zur Fernbedienung und schaltete den Ton ein, als der Präsident Taiwans im Rhythmus seiner Worte mit der Faust auf das Podium schlug. » Zhonghua minguo she yige zhuquan duli de guojia! « Die Übersetzung folgte eine halbe Sekunde später nicht synchronisiert mit Liangs aufgeregter Stimme. »Taiwan ist ein souveräner Staat!«
    »Wie subtil«, bemerkte Kyra, die eine Flasche Cola öffnete und einen kleinen Schluck nahm. Im Moment hielt sie sich mit Koffein am Leben.
    »Es wird einiger diplomatischer Winkelzüge bedürfen, um das wieder geradezubiegen«, stimmte Jonathan zu.
    Liang hielt weniger eine Rede als vielmehr eine Schimpftirade. Kyra starrte auf den Bildschirm, ohne zuzuhören. »In meinem Masterstudiengang an der University of Virginia gab es jemanden, der aus Peking stammte … der Sohn eines Profikochs und selbst ein staatlich geprüfter, kulinarischer Künstler«, begann sie. »Zu unserem Abschluss kochte er für einige seiner Studienkollegen ein Vier-Gänge-Menü, das mir auf Jahre hin die Lust auf das chinesische Essen in Amerika verleidet hat. Einmal hat er mich gefragt, ob ich Taiwan für einen souveränen Staat oder eine chinesische Provinz halte.«
    Interessant , dachte er. Sie teilte ihre persönlichen Erinnerungen mit jemandem, den sie kaum kannte. »Das ist eine Suggestivfrage. Was haben Sie geantwortet?«
    »Ich habe ihn gefragt, ob Peking Steuern aus Taipeh eintreibe«, antwortete Kyra.
    »Alter Rhetoriktrick«, merkte Jonathan anerkennend an. »Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten.«
    »Ja, ich hasse so was. Aber er ging gut damit um«, erinnerte sie sich weiter. »Er war freundlich. Er war Kommunist und Atheist. Zu seinem Abschluss haben wir ihm ein T-Shirt mit dem Aufdruck ›Dem Himmel sei Dank für den Kapitalismus‹ geschenkt. Er hat darüber gelacht. Nachdem ich zur CIA kam, habe ich überlegt, ob dieser blöde Witz ihm zu Hause Schwierigkeiten bereitet hatte … ob er unter einer grellen Lampe von MSS -Agenten verhört wurde, die herausfinden wollten, wie sehr er von uns verdorben worden war.«
    »Die knöpfen sich viele Studenten vor, die nach Hause kommen«, erklärte Jonathan. »Teilweise, um sie nach Infos anzuzapfen, hauptsächlich aber, um sie einzuschüchtern.«
    »Es funktioniert, weil nicht viele Chinesen zu uns kommen.« Kyra sah aus dem Fenster in die Dunkelheit. »Ich habe nie

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