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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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    Dann wusste sie Bescheid. »Sie wollen mir nur Honig ums Maul schmieren, damit ich losziehe, um diese geheimen Berichte zu suchen.« Sie hatte es nicht als Frage formuliert.
    »Sie haben eine hohe Auffassungsgabe«, stellte Jonathan lächelnd fest. »Das ist viel erfreulicher, als wenn man alles erklären müsste.«
    Und wieder eine spitze Bemerkung. Aber die gefiel ihr.
    Kyra brauchte eine Stunde, um die Telefonnummern ausfindig zu machen. Der NCS , der National Clandestine Service, weigerte sich, ein Telefonverzeichnis zu veröffentlichen, aus Angst, eine ausländische Macht könnte es ihnen stehlen. Nachdem Kyra zahlreiche Götter angefleht und zahlreiche Flüche ausgestoßen hatte, die ihre Gebete Lügen straften, und nachdem sie wiederholt in der Behördenzentrale angerufen hatte, erreichte sie endlich einen Mitarbeiter, der sich nicht auf seine Unwissenheit bezüglich China berief. Die Wörter shashoujian und geheime Berichte im selben Satz funktionierten wie ein Zauberspruch. Der Mitarbeiter entschuldigte sich und legte auf, der Rückruf erfolgte eine halbe Stunde später von einem NCS -Leiter, der einige Gehaltsstufen höher angesiedelt war und persönlich mit Kyra sprechen wollte, was ihr Misstrauen nur noch mehr schürte.
    Ihr erster Eindruck von George Kain war: Speichellecker. In ihrer Ausbildung hatte sie gelernt, einen Menschen auf Anhieb zu durchschauen, und Kains Stimme am Telefon hatte sie verwirrt. Entsetzt stellte sie fest, dass ihre Einschätzung mehr als korrekt war. Kain ließ genau eine Frage von Jonathan über Informationen zur shashoujian zu, bevor er von Speichellecken auf Verschleppen schaltete. Ohne Pause plapperte er drauflos, überging alle Versuche, ihn zu unterbrechen, bot nichts Sinnvolles und blickte aus dem Fenster auf den Neubau der CIA -Zentrale. Kyra war sich sicher, dass er ihr in der vergangenen Stunde kein einziges Mal in die Augen geschaut hatte.
    Kyra sah sich im Büro nach einer Uhr um, fand aber keine. Wie lange ?, formte sie tonlos mit ihren Lippen in Jonathans Richtung. Er bewegte weder den Kopf, noch sagte er etwas, sondern ballte seine Hand auf seinem Schoß zu einer Faust und streckte zwei Finger aus. Kain bemerkte es nicht. Der Kerl steckte in seiner eigenen Welt fest.
    Zwei? Sie wiederholte sein Zeichen mit ihren eigenen Fingern. Stunden?
    Jonathan nickte kaum merklich.
    Wir hätten die Sache schon längst zu Ende bringen müssen . Zum ersten Mal schämte sich Kyra, Führungsoffizierin gewesen zu sein.
    Sie deutete heimlich auf den Minikühlschrank. Jonathan bemerkte die Bewegung, lächelte unauffällig und nickte erneut.
    Kyra ging zum Kühlschrank, nahm eine Flasche Wasser heraus und ging zu ihrem Platz zurück. Dort reichte sie Kain die Flasche. »Sie müssen Durst haben.«
    Zum ersten Mal legte Kain eine Pause ein. »Danke.« Er schraubte den Deckel auf, nahm einen Schluck und erkannte erst in dem Moment seinen taktischen Fehler.
    »Sie haben alles versucht, um meine Frage nicht zu beantworten«, sagte Jonathan, sobald Kain die Flasche angesetzt hatte. »Hören Sie auf, unsere Zeit zu verschwenden. Wir sind keine Idioten.«
    Kain schluckte. »Wenn wir etwas haben, das es wert ist, veröffentlicht zu werden, müssen Sie warten, bis wir den Bericht endgültig abgefasst und auf den üblichen Informationskanälen veröffentlicht haben.«
    »Die Berichte, auf die wir es abgesehen haben, könnten älter als zehn Jahre sein. Sie befänden sich also bereits in den üblichen Informationskanälen, wenn Sie sie je veröffentlicht hätten«, erklärte Kyra.
    »Das ist nicht mein Problem«, erwiderte Kain. »Wenn irgendwo Berichte zurückgehalten werden, werde ich im Nachhinein die Entscheidung, sie nicht öffentlich zu machen, nicht hinterfragen.«
    »Diese Entscheidung trifft Direktor Cooke …«, sagte Jonathan.
    »Es wäre mir egal, wenn sie der Präsident treffen würde«, unterbrach Kain ihn und nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche. »Wenn es etwas gibt, von dem wir glauben, dass es der Präsident wissen muss, werden wir es ihm mitteilen. Dazu brauchen wir die Analyseabteilung nicht, ganz abgesehen davon, ob Ihre unbedeutenden Fantasien als Analyse taugen. Und mit Sicherheit sind wir dafür nicht auf zwei gescheiterte Mitarbeiter angewiesen, die sich als Möchtegernanalysten betätigen wollen.« Kain schnitt Jonathan eine Grimasse, runzelte in Kyras Richtung die Stirn, erhob sich, leerte die Flasche und warf sie gemächlich in den Abfalleimer. »Danke für

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