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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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den Menschen wohl gesinnt war: Lian. Und genau sie wird von dir als Verräterin betitelt, nicht wahr?«
    »Das ist – wie alles im Leben – Auslegungssache, Drachentochter.«
    Sie lockerte das schwarze Kopftuch und schüttelte befreiend ihren weißen Haarschopf.
    Nirvan war hellhörig geworden. »Was sind das für Geschenke?« Kurz verzog er sein Gesicht, als die verletzte Haut auf seiner Brust durch eine Bewegung schmerzte. Mina hatte seinen Angriff tatsächlich ganz gut gekontert, er würde noch einige Tage schmerzhaft daran erinnert werden.
    Der Drache brummte und schwenkte seinen riesigen Schädel in Nirvans Richtung. »Du warst schon immer ein Mensch, der sich keine Gelegenheit entgehen ließ, Nirvan – wir wissen das.«
    Mina konnte es sich nun nicht mehr verkneifen. »Wieso sprichst du immer von `wir´?«
    Der Drache reckte seinen Hals, schaute zur Höhlendecke, als ob er durch sie hindurchsehen könnte. »Wir erinnern uns«, begann er, »wie wir einst eins waren, dann geteilt wurden und am Ende wieder zusammenwuchsen. Richtig sind wir aber nie wieder zusammengekommen, deshalb sind wir heute zwei.«
    Mina zeigte daraufhin zu Nirvan. »Und woher kennt ihr euch?«
    »Ist das wichtig? Mich würden die Geschenke mehr interessieren«, versuchte Nirvan das Gespräch wieder in die alte Bahn zu lenken.
    Der Drache schwieg eine Zeit lang, dann fuhr er fort, ohne auf Nirvans Einwand zu reagieren: »Wir erinnern uns auch noch sehr gut an den Tag, an dem wir das erste Mal den jungen Nirvan trafen. Er war ein halbes Kind im Alter von fünfzehn Wintern, nur ein Wimpernschlag in unserer Existenz. Dennoch wussten wir gleich, dass der Menschenjunge etwas Besonderes war. Es war an einem sehr kalten Wintertag, in dem wir auf der Suche nach einem saftigen Reh durch den Wald streiften. Ein Reh fanden wir nicht, aber inmitten einer kargen Lichtung lag ein altes Bärenfell, das ungewöhnlich schlecht roch. Wir traten näher heran und erkannten den Geruch der Menschen.« Angewidert verzog er seine riesige Nase. Seine Schuppen raschelten, als er sich leicht schüttelte.
    »Gut, ich habe damals schlecht gerochen«, konterte Nirvan. »Wie hätte ich auch nach Blumen riechen können? Sennus Nachtschatten gab mir kaum genügend Wasser, um davon zu leben, geschweige denn, dass ich noch was zum Waschen gehabt hätte. Es gab damals nichts, in dem ich frei gewesen wäre, alles in meinem Leben wurde von dem obersten Hofmagier kontrolliert. Selbst die Kleidung, die ich damals am Leib trug, musste ich von einem zum Tode Verurteilten stehlen. Er brauchte sie ja nicht mehr, und aus meinen war ich herausgewachsen.«
    »Aber wenn er dich so überwachte, wie kamst du dann in den Wald?« Mina setzte sich ans Feuer.
    »Er brauchte ein paar seltene Kräuter, die ihm in seinem Laboratorium ausgegangen waren. Er zeigte mir seinen letzten Vorrat, beschrieb mir, in welchem Teil des Waldes sie wuchsen, und jagte mich hinaus. Ohne die Pflanze hätte ich nicht zurückkommen können. Wäre ich aber nicht zurückgekommen, hätten mich seine Handlanger früher oder später gefunden und getötet. Ich hatte das bereits bei anderen Unglücklichen beobachten dürfen.«
    »Aber wachsen Kräuter denn im Winter?«, fragte Mina.
    »Nein!«
    Ihr Herz wurde schwer, als sie im Geiste den Jungen sah, der jeden Tag um sein Überleben kämpfen musste und ohne die Hand einer liebenden Mutter groß geworden war. Wenn sie Nirvan so betrachtete, wurden ihr manche seiner Verhaltensweisen verständlicher. Anscheinend hatte er ihre Blicke gespürt. Ein leichter Anflug von Zorn schimmerte in seiner Mimik. Er wollte kein Mitleid, und erst recht nicht von ihr!
    Ob Sommu Seth den kleinen wortlosen Disput bemerkt hatte, konnte Mina nicht sagen, aber es schien zumindest nicht so. Der Drache fuhr unbekümmert mit seiner Geschichte fort. »Tja, so war es damals«, nickte er nachsichtig, »dennoch war da noch mehr an dem kleinen Menschlein, das uns sofort auffiel. Unter dem alten Fell und der dicken Schicht von Dreck steckte ein Junge, der uns mit heißen, wütenden Augen anfunkelte. Offensichtlich hatte er sich in dem Teil des Waldes nicht ausgekannt und war vor Erschöpfung an der Stelle zusammengebrochen. Ob er zuvor schon einen Drachen gesehen hatte, wussten wir nicht, aber wir erkannten, dass er keine Angst vor uns hatte. Im Gegenteil. Als wir nur noch wenige Schritte von ihm entfernt waren, beschimpfte er uns lautstark!«
    »Wie bitte?«, fragte Mina ungläubig.
    Nirvan zuckte nur

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