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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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gleichzeitig hatte das Regenwasser es glänzend und füllig gemacht, so dass es ihr Gesicht eindrucksvoll umrahmte. Sie trat vom Spiegel zurück. Nicht schlecht. Es tat ihr gut, dass sie noch immer großartig aussehen konnte, auch wenn sie sich beschissen fühlte.
    Sie nahm einen Schirm und verließ das Haus. Um die Innenstadt auf der anderen Seite des Flusses zu erreichen, musste sie die eiserne Fußgängerbrücke überqueren.
    Der Barmann stellte einen weiteren Wodka Tonic vor sie hin und zwinkerte ihr zu.
    Madeleine runzelte die Stirn. »Ich kann mich gar nicht erinnern, den bestellt zu haben«, sagte sie mehr zu sich als zu ihm. »Ich werde wohl langsam betrunken.«
    »Sie haben ihn tatsächlich nicht bestellt«, entgegnete der Barmann. »Er ist von dem Mann dahinten, dem im dunklen Anzug«, er wies mit dem Kopf zum anderen Ende der Bar.
    »Ach ja?« Madeleine sah den langen, von vielen Leuten umstandenen Tresen hinunter.
    Die meisten Gäste waren zwischen zwanzig und dreißig; große, vitale junge Männer und attraktive Frauen mit einem Minimum an Kleidung und hochgepushten Brüsten. Sie versuchte, im rötlichen Dämmerlicht das Gewirr gebräunter Arme und voluminöser Frisuren zu durchdringen, das durch die schiere Lautstärke der Musik, der Stimmen und des Gelächters noch mehr vor ihren Augen verschwamm.
    Wer zum Teufel spendierte ihr einen Drink, wenn so viel nacktes Fleisch im Angebot war?
    Ein groß gewachsener Mann in einer Wolke von Aftershave drängte sich neben sie und hielt dem Barmann sein Bierglas hin. Der war jedoch anderweitig beschäftigt. Der Mann warf Madeleine einen Blick zu und zuckte dann mit den Schultern. Sie lächelten einander an.
    »Der Barmann ist unglaublich langsam«, begann er.
    »Mein Glas füllt er, ob ich es will oder nicht«, ging sie auf ihn ein, erleichtert, mit jemandem sprechen zu können.
    »Sie sind eine Frau, deshalb.«
    Eine Minute verstrich. Der Mann musterte sie verstohlen.
    »Nun«, sagte er, »wenn ich schon einmal bei Ihnen stehe: Hallo, wer sind Sie?«
    »Alt genug, um Ihre Mutter zu sein«, antwortete sie mit einem leichten Nuscheln.
    Er lächelte und enthüllte dabei ein Meisterwerk der zahnärztlichen Kunst. »Keine Chance.«
    »Ich habe gehofft, hier meiner Tochter zu begegnen«, fuhr sie fort, weil ihr die Bedeutung ihrer zufälligen Bemerkung aufgegangen war.
    »Mein Gott. Sie haben sich mehr als gut gehalten. Wie machen Sie das?«
    »An den Genen liegt es nicht«, meinte sie schlicht. »Und auch nicht an der Abstinenz. – Und Sie, welches Geheimrezept haben Sie?«, fragte sie, ihn nun ihrerseits musternd. »Wenn man Ihren Zahnarzt einmal ausklammert?«
    Er lehnte sich mit dem Ellbogen an die Bar. »Ich bin Profisportler.«
    Sie sah ihn schweigend an.
    »Sie glauben mir nicht?«
    »Aber sicher doch. Fit wie ein Turnschuh, so sehen Sie aus.«
    Er neigte sich zu ihr. »Warten Sie wirklich auf Ihre Tochter?«
    »Einen schönen guten Abend, Miss Freud«, ertönte es in diesem Augenblick hinter ihr.
    Sie zuckte zusammen, fasste sich aber schnell. Als sie sich umsah, blickte sie geradewegs in Gordons Gesicht. Im Dämmerlicht der Bar sah er richtig gut aus. Sein struppiges graues Haar war sehr kurz geschnitten, und er trug einen Dreitagebart (ungünstig, erinnerte sie sich, für die zarte Haut weiblicher Genitalien). Er hatte sich eine rechteckige schwarze Brille zugelegt, die zugleich sexy und streng wirkte. Wie stets war er sehr geschmackvoll gekleidet. Dunkelgrüner Leinenanzug mit schwarzem Hemd.
    »Du?«, fragte sie mit einem Stirnrunzeln. »Hast etwa du mir eben diesen Drink spendiert?«
    »Tut mir leid. Störe ich gerade?«
    »Eigentlich …« Madeleine wollte etwas zu dem jungen Mann sagen, aber der hatte seinen Konkurrenten bereits taxiert und das Feld geräumt. Sogleich quetschte sich ein anderer junger Gast in die Lücke, in der Hand mehrere leere Gläser.
    »Ich kann gar nicht glauben, Madeleine, dass du hier ganz allein sitzt«, begann Gordon.
    »Ich sitze hier nicht allein. Ich komme zufällig ganz gut zurecht.«
    Er grinste sie blöde an, dann deutete er auf das Ende der Bar. »Vielleicht hast du ja Lust, dich zu uns zu gesellen?«
    »Was?« Sie sah in die Richtung, in die er wies. »Zu dir und deinen Freundinnen?«
    Er lachte gelassen. »Nein, wir sind nur ein paar Kollegen. Es ist verdammt langweilig – lauter vertrocknete Kerle, die über ihren Job sprechen. Wir brauchen eine Frau, um wieder Bodenkontakt zu bekommen.« Er berührte sie leicht am

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