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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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»Ja«, erwiderte sie und zeigte mit scherzender Drohgebärde auf die Brust des Mädchens, »ich weiß, wo ich dich finden kann. Wie heißt du?«
    »Charlene.«
    Als Rachel ihren Weg fortsetzte, bereute sie ihre spontane Reaktion. Jetzt würde es wirklich schwierig sein, sie zu ignorieren. Außerdem, was für eine verdammte Stelle?
    Sie musste noch zwanzig Minuten totschlagen und schlenderte deshalb durch die Altstadt von Bath. Trotz des Kälteeinbruchs drängten sich die Touristen auf dem Abbey Yard. Selbst die Straßencafés waren voll. Die roten Doppeldeckerbusse machten ständig Rundfahrten durch die Stadt, und Rachel erkannte sogar schon die Stimmen der verschiedenen Fremdenführer.
    Dottie, ihre Mum, hatte Spaß an den vielen Sprachen der Leute gehabt, und sie war stolz wie eine Schneekönigin gewesen, als die Stadt zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Soweit sich Rachel zurückerinnern konnte, hatte Mum sie jeden Sonntag bei der Hand genommen und war mit ihr den Hügel hinuntergegangen, um sich auf den Buskers’ Square direkt bei der Abteikirche zu setzen, mit ihr ein Eis zu essen und den Straßenmusikanten zuzuhören, wie sie Gitarre spielten und Lieder von Bob Dylan vortrugen. Als Kind hatten sie die steinernen Engel fasziniert, die an der Abteikirche emporkletterten. Mittlerweile verwittert und verstümmelt, klammerten sie sich seit Jahrhunderten an ihre Leitern, und aus den Augenwinkeln hatte Rachel sie zuweilen erwischt, wie sie eine oder zwei Sprossen weiter flitzten.
    Mit dem Gefühl, für den Preis eines Hörnchens mit Devon-Vanilleeis einen richtigen Sonntagsausflug mit Konzert und allem Drum und Dran erlebt zu haben, stiegen Mum und sie später wieder den steilen Hügel hoch. Manchmal kam ihr Dad mit, dann kehrten sie in The Volunteer Rifleman’s Arms ein, wo sie etwas tranken und Steak and Kidney Pie aßen. In dem Gewirr enger Gassen um die Abtei gab es den Pub noch. Ebenso die Straßenmusikanten. Aber die waren nicht besser geworden. Sie kamen ihr älter vor, und ihr Zauber war verschwunden.
    Sie überquerte den Platz und einen kleinen Hof, der von einer riesigen Platane beherrscht wurde. Dort winkte ihr einladend die Crystal Tavern zu, sich schnell mit einem Bier und einem Glimmstängel zu stärken, aber in den Kneipen durfte man inzwischen nicht mehr rauchen. Und das hieß dann Zivilisation! Sie kehrte dem Pub den Rücken und betrat die von historischen Gebäuden gesäumte North Parade Passage. Kleine, elegante Cafés drängten sich in den Erdgeschossen, aber sie hatte nicht den Mut (noch war sie entsprechend gekleidet), eines von ihnen aufzusuchen.
    Madeleines Praxis befand sich über einem dieser Cafés. Man musste eine wackelige Treppe hinaufsteigen, um sie zu erreichen. Genau besehen, war sie nur eine schäbige Wohnung, der durch Pflanzenkübel und gedämpftes Licht eine elegante Note verliehen worden war. Es war aber nicht zu leugnen, dass sie im hippsten Viertel der Stadt lag.
    Ein Raum von bescheidenen Proportionen mit vier Sesseln diente als Rezeption, wo die übergeschnappte, breithüftige Sprechstundenhilfe Sylvia hinter einem kleinen Schreibtisch saß. Sie bot Rachel zum Aufwärmen eine Tasse Tee an. Rachel nahm die nette Geste dankbar an, war aber auf der Hut. Auf Sylvias Stirn war Hilfe zur Selbsthilfe tätowiert, denn sie gehörte zu den Menschen, die sich unbedingt um jeden kümmern müssen und deren Mundwerk keine Minute stillstand.
    Rachel setzte sich und legte ihre kalten Hände um den wärmenden Becher. Sie bemühte sich, einen Augenkontakt mit Sylvia zu vermeiden. Außer ihr befand sich niemand in der Rezeption, und sie wollte sich nicht unterhalten. Ihre Gedanken wanderten zur bevorstehenden Sitzung, der dritten in ebenso vielen Wochen. Sie verliefen anders als geplant. Sie verlor die Kontrolle, und es machte ihr viel zu wenig aus, dass Madeleine sie mit ihren kleinen Tricks zum Reden verlockte. Nur, brachte sie das wirklich weiter? War es wirklich das, was sie wollte?
    Wie erwartet, hielt es die Sprechstundenhilfe nicht länger als eine halbe Minute lang aus. »Mein Gott«, rief sie. »Ihre Hände sind ja ganz blau.«
    »Durchblutungsstörung«, murmelte Rachel.
    »Sie sollten es mal mit Ginkgo biloba versuchen. Das wirkt unglaublich.«
    »Hä?«
    »Ein lateinamerikanisches Kraut. Das reinste Dynamit.«
    »Nee … da zieh ich einen Glimmstängel vor.« Rachel stellte ihren Becher auf die Magazine, die auf dem Tisch lagen. »Also ich spring jetzt mal kurz raus und rauch

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